Corona-Pilotprojekt der Berliner Philharmoniker - "Die Sehnsucht nach Kultur und Musik ist riesengroß"

Sa 20.03.21 | 08:09 Uhr | Von Maria Ossowski
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Archivbild: Kirill Petrenko, Dirigent der Berliner Philharmoniker bei einer Probe. (Quelle: imago images/M. Evans)
Bild: imago images/M. Evans

Es ist ein Pilotprojekt, das ein Modell für sie gesamte Konzert-Szene werden könnte: Die Berliner Philharmoniker spielen am Samstagabend vor frisch auf das Coronavirus getestetem Publikum. Besetzt ist im Saal nur jeder zweite Platz. Von Maria Ossowski

Tschaikowskis "Romeo und Julia" und Rachmaninoffs zweite Sinfonie - 1.000 Besucher und Besucherinnen werden frisch auf Corona getestet dabei sein, wenn Kirill Petrenko am Samstag in der Berliner Philharmonie den Taktstock hebt.

Die Intendantin der Philharmoniker, Andrea Zietzschmann, hatte sich zuvor gefragt, wer die Tests, die personalisierten Ticketbestellungen und die Wartezeiten überhaupt in Kauf nehmen würde. "Am Tag vorher habe ich mich wirklich noch gefragt, wie wird es sein, wenn der Vorverkauf losgeht um 9 Uhr. Um 9:03 Uhr bekam ich die fantastische Nachricht, dass wir ausverkauft sind. Hunderte von Leuten hingen noch in den Warteschleifen und wollten gerne Karten", sagt Zietzschmann. Daran sehe man, dass die Sehnsucht nach Kultur und Musik riesengroß sei.

Viele Probleme im Vorfeld gelöst

Andrea Zietzschmann und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben logistisch kleine Wunder vollbracht. Das Ticketing musste neu programmiert, das Vertriebssystem geändert, EDV-Probleme gelöst werden.

Am Ende habe, wer sich eine Karte gekauft habe, einen Gutscheincode bekommen. "Damit konnte man sich einen Time-Slot buchen in der fünf dezentralen Testzentren oder hier bei uns im Haus", schildert Zietzschmann. Man habe bei diesem Pilotprojekt auch ausprobieren wollen, wie es mit einem eigenen Testzentrum zwischen 17 Uhr und 18:30 Uhr laufe. "Da möchten wir 480 Leute testen. Wir hoffen, dass das Ganze gut funktioniert". Wer sich nicht vor Ort testen lasse, habe in einem der weiteren Testzentren in verschiedenen Stadtteilen einen Testtermin gebucht.

Das Ganze funktioniert auch, weil sehr viele Gewerke ohne Entlohnung geholfen haben. "Der Senat hat die Tests zur Verfügung gestellt, für den Rest kommen wir jetzt auf. Das ist beim Pilotprojekt überschaubar, weil alle pro bono daran mitgearbeitet haben", sagt die Intendantin. Begleitet werde das Ganze auch von einem Team der Charité. "Das war mir wichtig", sagt Zietzschmann. Die Charité-Mitarbeiter seien vor Ort, schauten sich das an "und verifizieren, ob das gut gemacht ist."

Auch Anwälte und Leute aus dem EDV-Bereich hätten das Haus unterstützt. "Da haben alle an einem Strang gezogen. Es ist so toll, dass in unterschiedlichen Disziplinen das Interesse so groß ist, zu helfen, dass man wieder Veranstaltungen möglich macht", sagt Andrea Zietzschmann.

Perspektivisch will man noch mehr Publikum zulassen

Für den Musikgenuss brauchen die Klassik-Fans neben dem personalisierten Ticket also einen negativen Covid-Test, ihren Personalausweis, das Smartphone wegen des Testergebnisses und eine medizinische Maske, die in der Philharmonie nicht abgenommen werden darf. Es gibt keine Pause, keine Garderoben, aber jeder zweite Platz ist frei - dort können die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Mäntel ablegen.

Man werde nach dem Konzert schauen, was gut geklappt hat und was nicht, sagt Zietzschmann. "Wir werden nach dem Konzert auch analysieren, wie hoch der Aufwand wirklich ist und ob man das in den Regelbetrieb umsetzen kann".

Man wolle perspektivisch mehr Publikum zulassen, so die Intendantin weiter. Dazu würden die Hygienekonzepte vom Herbst jetzt wiederbelebt, also Abstandsregeln und Maske. "Wir wollen in pandemisch angespannten Zeiten das Haus nicht öffnen und dann wieder schließen müssen", sagt Zietschmann.

Präludium von der Karajan-Akademie

Zwischen dem Test vor Ort oder in einem Testzentrum und dem Konzert können zwei Stunden liegen. Was passiert, wenn es in der Zeit hagelt? "Sollte es stürmen, schneien oder regnen, kann man keine Runde im Tiergarten drehen", räumt Zietzschmann ein.

Doch das sei kein Problem, sagt sie. Denn ab 17:30 Uhr würden Stipendiaten der Karajan-Akademie ein Vorprogramm präsentieren. "Ein philharmonisches Präludium. Kammermusik auf der großen Bühne, um die Wartezeit ein bisschen überbrücken zu können".

Sendung: rbbKultur, 20.03.2021, 20:05 Uhr

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Beitrag von Maria Ossowski

32 Kommentare

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  1. 32.

    mir egal, was ich will gibts da nicht, war noch nie da, zahle über die Subventionen aber immer mit, damit andere günstige Eintrittskarten haben. Das müsste mal abgestellt werden.

  2. 31.

    Es gab einige Besucher*innen, die kein Smartphone hatten. Sie konnten an extra Desks sich ihre Tests bestätigen lassen

  3. 30.

    Als langjähriger Abonennt ihrer Konzerte finde ich es unglaublich, in welcher Weise sie das gestrige "Corona-Konzert'
    publiziert bzw. nicht publiziert haben. Wo war ihre online -Benachrichtigung??

  4. 29.

    Ein Smartphone ist nicht nötig gewesen. Lediglich eine E-Mail-Adresse und Internetzugang. Wir haben die nötigen Dokumente ausgedruckt und gut war. Im Zuge der Digitalisierung leben wir halt anders. Wir holen ja auch kein Geld mehr am Schalter oder lösen Schecks ein. Es war ein tolles Konzert......und wir waren einfach nur glücklich, Karten bekommen zu haben. Ein wunderbares Glücksgefühl.

  5. 28.

    Wenn es nur um das Vorzeigen einer Email als Bestellbestätigung ginge, würde ich das Smartphone nutzen. Aber ich bezahle nix über ein Ding, mit dem ich telefoniere, weil ich auch nicht mit der EC Karte fotografiere. Und schon gar nicht gebe ich jedem meine Testdaten durch - 21dx ist "offen" - nur, weil ich Musik liebe. Das kann man entkoppeln, das schaffen die auch noch, denke ich. Ist ja erst der Anfang. Unser Meckern hier soll ja auch sensibilisieren - und ich hoffe, jemand vom Organisationsteam liest hier mit und ändert etwas.

    Am Ende des letzten Corona-Sommers durfte man auch ohne Handy-Pay ins Freibad, irgendwann wurde das Meckern erhört.

  6. 26.

    Also was den ganzen elektronikschnickschnsck angeht bin ich voll bei Ihnen. Facebook, onlinebestellung usw kommt für mich nicht in Frage. Ich nutze mein Smartphone nur für Dinge, die mir wichtig sind. Es ist leider so, dass man im Moment ganz ohne nicht auskommt. Ich bedaure das auch, aber manches kann man nicht aufhalten. Trotzdem begrüße ich aber die Angebote. Sie können mich gerne naiv nennen, aber ich glaube ganz fest daran, dass auch wieder andere Zeiten kommen. Warten wir gemeinsam drauf.

  7. 25.

    Ganz herzlichen Dank!
    Ich wollte auch an die PolitikerInnen schreiben.
    Ich bin Künstlerin, habe kein Smartphone. Das will ich nicht besitzen.
    Aber wenn es so weiter geht, kann ich nicht kulturelle Veranstaltung besuchen
    UND kann ich nicht auftreten!
    Bitte eine bessere Lösung ohne Smartphone finden.



  8. 24.

    Sollten Sie mal hingehen und sich von einer anderen Realität überzeugen.

  9. 23.

    Was mich an der Sache stört, das unsere Politiker als erste wieder dabei sind . Da spielt das Virus keine Rolle mehr. Montag kann er ja wieder den leidenden spielen und alles schließen. Aber sowas das immer schon die Obrigkeit nimmt sich das was sie brauch .

  10. 22.

    Wer sich Kultur leisten möchte kann das gerne machen. Wieso aber für 20 Euro inkl. Coronatest? Herr Müller in der ersten Reihe also ausgesuchte Publikum. Wenn jeder 50 Euro bezahlt wäre das auch okay und man könnte diesen Betrag an Künstler verteilen die nicht dieses Privileg haben.

  11. 21.

    Ich würde mir Kultur auch gerne leisten, aber nicht, indem ich 21dx meine Testdaten zukommen lasse - womöglich noch plus 25 eur fürs Testen, und auch nicht, indem ich mich paypal anschließe! Never ever! Ich bin nicht bei facebook, ich versteigere keinen Schnippschnorres. Fertig. Wenn Kultur nur noch mit Handy, paypal und Gedöns geht, ist das Niveau deutlich gesunken. Von 21dx ganz zu schweigen. Sorry, wachsam bleiben - Kultur geht nicht um JEDEN Preis. Man muss nicht JEDEN Schaiss mitmachen. So leid es mir tut und so gern ich beim Konzert mit meinem Kind dabei wäre - aber nicht so.

    Wir warten halt noch. Fertig.

  12. 20.

    Na Sie sind ja spaßig. Gott sei Dank ist das Interesse an Kunst, Kultur und Klassik generationenübergreifend. Also ich finde es toll, dass hier was ausprobiert wird. Von den Erfahrungen können alle profitieren.

  13. 19.

    Theater- und Konzerthäuser leisten gute Öffentlichkeitsarbeit. Ich persönlich denke, dass Theater und klassische Musik etwas für eine kleine Gruppe älterer Leute interessant ist.

  14. 18.

    Danke sehe ich auch so. Kann doch jeder für sich entscheiden was einem wichtig ist. Ich leiste mir Kunst und Kultur. Dafür verzichte ich auf andere Dinge. Immer nur meckern ist natürlich einfacher.

  15. 17.

    Union Berlin probiert Fußball mit getesteten Zuschauenden, Konzertsäle testen Konzerte mit getesteten Zuhörenden: zumindest ein Anfang nach einem Jahr der Abstinenz. Da sollten reflexhaft ausbrechende Betroffenheitsschreie mal unterbleiben. Es wird immer Leute geben, die an solchen Errungenschaften nicht partizipieren können. Außergewöhnliche Zeiten - außergewöhnliche Maßnahmen. Ich jedenfalls danke allen, die sich, und das sogar pro bono, für solche Versuche engagieren.

  16. 15.

    Hach ja, das übliche Bild hier mal wieder, mecker, mecker, mecker

  17. 12.

    Solche Projekte sind gefragt, Wege aus der Krise zu finden! Davon mehr!

    Wie auch schon letztes Jahr, zerbrechen sich die Betroffenen die Köpfe und entwickeln Konzepte. So etwas muss durch die Politik unterstützt werden, stattdessen werden die Leute noch bestraft und ihre Häuser geschlossen, ohne verlässliche Zahlen

    Die Fallzahlen drücken ist keine Dauerlösung. Das sollte man nach einem Jahr gemerkt haben. Zumal die Substanz bei der Bevölkerung bröckelt (die Akzeptanz der Maßnahmen, wie auch die psychische Stabilität).

  18. 11.

    Ich möchte ergänzen: wenn Bezahlung wieder nur per ebay-Paypal oder dem neu verschärften Kreditkarten-Verfahren möglich ist - zusätzlich zur 21dx Testorganisation - werden wir wohl nie mehr an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen können. Ebenso, wie wir nicht mehr ins Freibad können, nur an ungesicherte Seen. Wenn das so gewollt ist....

  19. 10.

    Und auch hier gilt: Kultur nur für Smartphone-Besitzer! (Zur Finanzierung des Programms darf man als Steuerzahler aber auch beitragen, wenn man kein Smartphone hat.)

  20. 9.

    Die Bespaßung der Besserverdienenden muss weitergehen!

  21. 8.

    Kinder sind unsere Zukunft und sollten daher vordergründig im Blickpunkt stehen !

  22. 7.

    Sie haben vollkommen Recht. Und das zieht der Berliner Senat entgegen einem Gerichtsbeschluss durch. Und niemand regt sich darüber auf.
    Zum anderen muss ich sagen: So kann ich weiter auf Konzerte verzichten. Einen Konzertgenuss mit solchen Vorkehrungen spare ich mir lieber. Was glauben eigentlich die Organisatoren, wielange und auch wovon so etwas finanziert werden kann?

  23. 6.

    Supi, ich hörs mir im Radio an :-) ganz ohne Gedöns. Sitze direkt neben meiner Kleenen und freu mich.

    Aber schön, dass vor allem junges Publikum angesprochen wird (Tests wieder nur mit Smartphone-Firlefanz).

    Ich glaube schon, dass sowas gut funktionieren kann. Hört sich jedenfalls gut organisiert an.

    "Familien-/Haushaltsplätze" wären schön. Und eine Abwicklung ohne 21dx digitaler Datensammlung per Smartphone beim Testen! Das geht, das weiß ich. Jeder hat schließlich sein persönliches Ticket dabei.

    Wenn das eingespielt läuft gehen wir bestimmt mal hin. Wenn wir Karten kriegen ;-) ist ja heftiger als bei einem BTS Konzert...

  24. 5.

    Nachdem ich bereits an den Regierenden Bürgermeister, die Gesundheitssenatorin und die Sozialsenatorin geschrieben habe (bislang ohne Antworten), möchte ich gern nochmals darauf hinweisen, dass es Hunderttausende Menschen gibt, die kein Smartphone besitzen und somit von der Möglichkeit, eine kulturelle Veranstaltung im Rahmen der gegenwärtigen Teststrategie des Kultursenats besuchen zu können, von vornherein ausgeschlossen werden, da ein Papiernachweis (wie z.B. im letzten Jahr als Zugangsberechtigung zu den Freibädern) über einen negativen Test anscheinend nicht ausreicht. Es handelt sich nicht nur um eine Stigmatisierung, sondern auch um einen Rechtsbruch, soweit es sich um staatliche bzw. städtische Betriebe handelt. Denn es gibt einen Kontrahierungszwang für öffentliche Unternehmen, gegen den der Kultursenat eindeutig verstößt.
    Notfalls muss gegen die gegenwärtige Praxis geklagt werden!

  25. 4.

    Derartige kulturelle Veranstaltungen mit überhöhten Preise konnte sich Otto-Normalbürger auch vor der Pandemie nicht leisten.

  26. 3.

    Wenn man die Einnahmen halbiert aber die Kosten vervielfacht hege ich Zweifel daran ob dies etwas für die Konzertszene sein wird.
    Glaube auch nicht wirklich daran das die Toten Hosen es toll finden wenn das Publikum brav mit Abstand vor ihnen sitzt ... mit Maske natürlich auch.

  27. 2.

    Vorweg.....ich vermisse Kultur und Musik, Essen gehen und auch Reisen.

    ABER

    Wurde nicht immer gesagt...Kinder zuerst?
    Mein Kind war seit 16.12. Nicht mehr in der Schule.
    Die 7-9 ist in Berli weiterhin ausgeblendet.

    Ich bin mittlerweile sehr WÜTEND auf unsere Politiker

  28. 1.

    Wer Sehnsucht nach Kultur hat, soll eine Schallplatte auflegen.

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