Sanitäter mit Böllern beworfen - Fassungslosigkeit nach erneutem Angriff auf Sanitäter

Sa 06.01.18 | 15:35 Uhr
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Rettungswagen der Berliner Feuerwehr rückt von der Feuerwache Kreuzberg zu einem Einsatz aus (Quelle: imago/Seeliger)
Bild: imago/Seeliger

Wieder sind in Berlin Rettungskräfte angegriffen worden: In Kreuzberg bewarf ein Betrunkener Sanitäter mit Böllern und versuchte, auf einen Defibrillator zu urinieren. Innensenator Geisel spricht von einem unfassbaren Vorgang und fordert harte Strafen.

Mit Empörung und Fassungslosigkeit haben Politik sowie Vertreter von Polizei- und Rettungskräften auf einen neuen Angriff auf Sanitäter in Berlin reagiert. Ein Betrunkener hatte die Männer in der Nacht zum Samstag bei einem Rettungseinsatz mit Böllern beworfen. Er konnte überwältigt und der Polizei übergeben werden.

Innensenator Andreas Geisel verurteilte die Tat aufs Schärfste. "Es ist unfassbar, dass Menschen angegriffen werden, die uns zur Hilfe kommen", teilte Geisel mit. Die Justiz müsse die existierenden Gesetze jetzt voll ausschöpfen, sagte Geisel und verwies auf die im vergangenen Jahr beschlossene Anhebung des Strafmaßes für Angriffe auf Sanitäter und Polizisten. Demnach wird ein tätlicher Angriff auf Polizisten und Rettungskräfte mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Monaten und bis zu fünf Jahren bestraft.

"Unfassbar", "nicht nachvollziehbar", "totale Verrohung"

Von einem "unfassbaren Zustand" sprach auch die Gewerkschaft der Polizei. "Es gibt immer mehr Leute in dieser Stadt, die denken, sie können Einsatzkräfte folgenlos angreifen", erklärte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Die Entwicklung müsse jedem demokratisch lebenden Menschen zu denken geben, sei aber auch die Folge von jahrelangen Nachlässigkeiten bei der Bewertung derartiger Angriffe.

Auch die Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) äußerte sich empört. Die Attacken auf die Rettungskräfte seien nicht nachvollziehbar, teilte der Sprecher der Gewerkschaft, Micha Quäker, mit. "Unsere Kräfte müssen geschützt werden", forderte er. Die Regierung müsse die Justiz entsprechend ausstatten, dass sie die im vergangenen Jahr verschärften Gesetze zu Angriffen auf Rettungskräfte auch durchsetzen könne.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, beklagte in einem Interview eine zunehmende Gewalt gegen Ärzte und Helfer. "Wir erleben derzeit eine totale Verrohung bei einigen Patienten und ihren Angehörigen gegenüber medizinischem Personal", sagte Montgomery der "Rheinischen Post": "Das kriegen wir als Ärzteschaft alleine nicht in den Griff." Auch in Notaufnahmestellen passiere es immer wieder, dass Leute wegen der Wartezeiten sehr aggressiv würden. In einigen Krankenhäusern gebe es bereits Sicherheitsdienste, um das Personal dort zu schützen.

Sanitäter mit Böllern beworfen und bespuckt

Die 28 und 29 Jahre alten Sanitäter waren wegen eines medizinischen Notfalls in die Kreuzberger Waldemarstraße gerufen worden. Als sie aus dem Rettungswagen stiegen, warf der 37-jährige Mann zunächst die Böller.

Anschließend soll er versucht haben, auf einen abgestellten Defibrillator zu urinieren, was die Sanitäter verhindern konnten. Einem der Männer spuckte der 37-Jährige daraufhin ins Gesicht. Die Sanitäter fixierten den Angreifer und übergaben ihn herbeigerufenen Polizisten, die ihn in eine Gefangenensammelstelle brachten. Der betrunkene Mann stimmte dort einer Wohnungsdurchsuchung zu. Dabei fanden Beamte mehrere illegale Böller. Er muss sich nun wegen einfacher und gefährlicher Körperverletzung, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten.

Bereits in der Silvesternacht hatte es Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten gegeben. In der Rosmarinstraße im Bezirk Mitte waren Rettungskräfte, die wegen einer Verletzung gerufen wurden, sogar mit Schusswaffen bedroht worden. Die Feuerwehrleute hätten die Polizei alarmiert, diese habe zwei scharfe Schusswaffen sichergestellt, so die Feuerwehr. In Lichtenrade wurde einem Sanitäter mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Sendung: Inforadio, 06.01.2018, 10.30 Uhr

39 Kommentare

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  1. 38.

    Sehr viel, wie ich das empfinde.

    Denn die Böller-Werfenden sind ja nicht von Natur aus "böse", wie sich das vielleicht einschlägig veranlagte US-Amerikaner vorstellen oder einschlägig katholisch geprägte Menschen das bezeichnen, auch sind sie nicht Bestandteil einer formbaren "Masse, die den Staatsorganen zugeführt" werden muss, das alles entspringt einer bestimmten Gemengelage.

    Die ist nach meiner Einschätzung sehr präzise beschrieben worden.

  2. 36.

    Genau das ist das Grundproblem. Es hat nicht grundsätzlich mit Immigration zu tun. Man muß sich nur mal im Berufsverkehr an eine Straße mit Stau und Busspur stellen. Da kann mir niemand erzählen, daß in den ganzen PKWs, die über die Busspur fahren und danach direkt noch die Sonderampel der Busspur nutzen (ein Rotlichtverstoß!) Flüchtlinge sitzen. Der überwiegende Teil der Fahrzeuge hat merkwürdigerweise Kennzeichen aus Brandenburg - natürlich auch Berliner und andere.
    Ich beobachte täglich Fahrzeuge, die Ampeln missachten und Verkehrsregeln frei interpretieren, die am Steuer Kurznachrichten lesen und schreiben und die daneben stehende Polizei ignoriert es komplett.
    Gesetze gelten für ALLE und müssen von der Polizei und der Justiz konsequent durchgesetzt werden. Ansonsten ist es aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder durch eigenes (vorbildliches) Verhalten beitragen kann und muß.

  3. 35.

    DANKE!

    Wenn wir Deutschen und insbesondere scheinbar auch die Berliner in einem Punkt wirklich Weltmeister sind, dann darin die Stadt und das Land kaputt zu reden. Waren diese Leute noch nie vor ihrem kleinen Jägerzaun?

    Die Gewalt gegen Rettungskräfte, Polizisten, BVG Mitarbeiter, Verwaltungsangestellte, Lehrkräfte,... ist inakzeptabel und ein Zeichen mangelnder Erziehung. Hierfür ist kein Senator zuständig, sondern die Eltern und die Gesellschaft. Letztere schaut aber leider oft einfach weg, anstatt sofort die Stimme zu erheben.

    Die Verschärfung der Gesetze ist leider auch nur bedingt hilfreich, wenn die Justiz diese durch Kuschelurteile aushebelt. In anderen Ländern (z.B. England, USA,...) gibt es in überall deutliche Hinweise, daß schon verbale Angriffe gegen öffentliche Mitarbeiter kompromisslos verfolgt werden und es wird auch durchgesetzt. In den USA kostet das nicht berechtigte Parken auf einem Behindertenparkplatz 250$. Hier wird das Verbot ignoriert.

  4. 33.

    Bitte vorab Beitrag 19 lesen.Mein Einwand bezieht sich auf die dort gemachten Vorschläge.:-)Aber den Spaß beiseite geschoben, wird es wohl keine schnelle Lösung geben. Das was hier passiert, hat ihren Ursprung in der Sparpolitik im öffentlichen Dienst der letzten 25 Jahre, dem mangelnden Rückhalt der Einsatzkräfte durch die Politik, und leider auch den eigenen Führungskräften. Auch die veränderte soziale Struktur im Wohnumfeld, heißt die Durchmischung von finanz/bidungsstarken und schwachen Bevölkerungsgruppen aus westberliner Zeiten sind nicht mehr vorhanden. Ich denke auf lange Sicht kann nur eine Null Toleranz Linie, aber die in sämtlichen Bereichen des öffentlichen Lebens eine Veränderung herbei führen. Und damit meine ich auch das Parken in zweiter Spur, weil man mal schnell zum Bäcker will. Nur setzt dies die nötige Mann/ Frau Stärke voraus, und die muß erst wieder geschaffen werden, das dauert. Und auch die Justiz muss auf Linie.

  5. 32.

    Selten so einen Dummfug gelesen!

    Wenn sie ihre kuschlige DDR Diktatur mit entsprechenden Gesetzen und Gesetzlosigkeit wiederhaben wollen dann basteln sie sich doch eine Zeitmaschine.

    Und nehmen sie hier so einige DDR Nostalgiker mit Hang zu faschistischen Denkstrukturen gleich mit.

  6. 31.

    Bitte vorab Beitrag 19 lesen.Mein Einwand bezieht sich auf die dort gemachten Vorschläge.:-)

  7. 30.

    Kein Wunder bei unserer Weichspüler-Justiz!

  8. 29.

    Was ist nur mit Deutschland los? Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten, in Gefängnissen herrscht "Tag der offenen Tür", Morde, Verbrechen und Straftaten, welcher Art auch immer! Es wird endlich mal Zeit, dass Gesetze grundlegend geändert und vor allem verschärft werden. Verminderte Schuldfähigkeit, aufgrund von Alkohol und Drogen ist nicht akzeptabel. Jeder, der Alkohol trinkt und Drogen nimmt tut dieses VORSETZLICH!!! Und wenn er Rettungskräfte oder Polizei attackiert, oder sogar jemanden tötet, auch mit dem Auto, ist das für mich genauso vorsätzlich und gehört knallhart bestraft, egal, wie alt jemand ist. Denn dieses Strafmaß nach Alter (Jugendstrafgesetz) ist auch mehr als überflüssig, da die Hemmschwelle der Jugendlichen streckenweise schlimmer ist, als die der Erwachsenen. Anwälten, die diese Klientel vertreten und dann alles noch verharmlosen um dann vielleicht sogar noch einen Freispruch zu erwirken, wegen Fahrlässigkeit gleich mit abstrafen!
    Aber unsere Damen und Herren, die diese Anarchie regieren wollen, oder sollen, kriegen es seit 3½ Monaten nicht auf die Reihe regierungsfähig zu werden. Dazu noch der unfähige Haufen, der sich Senat von Berlin nennt, gewählt von Leuten, die jeglichen Bezug zur Realität verloren haben. Kein Wunder, dass da wichtige Dinge, die den restlichen Teil der Bevölkerung unter den Nägeln brennt, auf der Strecke bleiben. Aber Zitat Merkel: Wir schaffen das! Das ich nicht lache.
    Übrigens, wenn noch mal jemand auf einen Defillibrator "pinkeln will, Gerät einschalten!!!

  9. 28.

    Das die hier beschriebene Gewalt absolut bescheuert ist, gar keine Frage.

    Aber gibt es eigentlich verlässliche Zahlen bzw. Statistiken zu Gewalt gegen Rettungskräfte und / oder andere Angestellte des öffentlichen Dienstes?

    Wenn nicht, sollten wir alle einen Gang zurück schalten. Weil wir sonst Gefahr laufen aufgrund weniger Ereignisse oder Berichte auf einen Allgemeinzustand oder eine Entwicklung zu schließen. Und um so etwas festzustellen reicht kein „habe ich schon oft gelesen oder gehört"!

  10. 27.

    und was wollen Sie nun sagen ? wenn in bestimmten Bezirken überproportional Angriffe auf Hilfskräfte erfolgen, was schließen Sie daraus ? doch sicher, dass dort die Gefährdung höher ist als in anderen Bezirken , und nun ? , was ist Ihr Vorschlag ? Natürlich soll u. kann man einen ganzen Bezirk nicht büssen lassen für die Taten von Einzelnen, aber machen Sie doch einen Vorschlag zur Verbesserung der Lage . die Strafsteuern sind dazu sicherlich nicht geeignet.

  11. 25.

    Alkoholkonsum dürfte keine Ausrede mehr sein. OK, Alkohol enthemmt. Aber, und das kenne ich von meinen Sauftouren, ich wusste immer was ich tat und ich denke das solche Typen das auch wissen. Und, wenn ich im Suff solch ein Tat begangen hätte, würde ich es auch OK finden wenn mann mich wegsperren würde bis ich wieder normal und ohne Alkohol leben könnte. Keine Milde und keine Bewährung!

  12. 24.

    So, so. Da will also der standesbewuste Zehlendorfer das lumpenproletariat durch Entzug der Hilfsleistungen im Notfall auf Linie bringen. Mal abgesehen davon, dass wir hier über einzelne Sraftäter reden, die ganz klar mit aller Härte verfolgt und bestraft werden müssen, ist die Idee, ganze Stadtteile mitbüssen zu lassen, schon stark. Sowas nannte mal Sippenhaft. Das abschneiden von der Wasser o Lebensmittelversorgung wird auch immer gerne genommen. Gegenvorschlag- Da in ihrem Umfeld aufgrund der Finanzkraft der Bewohner davon auszugehen ist das einige Steuern honterziehen, stellen wir den Bezirk unter Generalverdacht, und belegen alle Haushalte mit Strafsteuern. Mit dem Geld erhöhen wir dann den Haushalt des Sen Inn, und die Sicherheitsmaßnahmen der Rettungskräfte. Deal? Aber ich hoffe mal, sie meinten ihren Vorschlag nicht ernst. Ansonsten- Ich kann gar nicht so viel Fressen, wie ich Kotzen möchte. O-Ton Max Liebermann, ehem. wohnhaft Bln Wannsee

  13. 23.

    andersherum ! es ist immer wieder merkwürdig, wenn ein verantwortlicher politiker fordert. nein nicht er, sondern wir bürger fordern von ihm, dass er diese probleme in den griff bekommt.

  14. 22.

    der Empörung und Fassungslosigkeit der Politik sollten nun auch entsprechende Maßnahmen der Politik folgen

  15. 21.

    "Fordern harte Strafen"..
    Immer der gleiche Tenor. Ändern tut sich gar nichts.

  16. 20.

    Hat Berlin keinen "Regierenden" Bürgermeister und Deutschland keine "Regierungs"chefin? Unter verantwortungsvoller Regierung verstehe ich das Vermeiden sowie Beseitigen von Missständen, den Schutz verfassungsrechtlicher Güter und das ernsthafte Streben nach Gerechtigkeit in der ganzen Gesellschaft. Im Grunde genommen ist jeder mit verantwortlich, dass auch von den höchsten Entscheidungsträgern in Deutschland qualitativ hochwertige Amtsausübung gefordert wird.

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