Hehlerei in Berlin - "Das ist ja mein Fahrrad!"

So 11.03.18 | 16:10 Uhr
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Saara von Alten mit Fahrrad (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Monatskarten, Fahrräder, Kinderwagen, Fotoapparate – alles begehrtes Diebesgut, das gern auf Flohmärkten oder im Internet weiterverkauft wird. Die Berlinerin Saara von Alten entdeckte ihr gestohlenes Rad bei "ebay-Kleinanzeigen".

Die Zahl der Diebstähle steigt in Berlin seit zehn Jahren. 2016 hat die Polizei Berlin 270.880 Fälle erfasst, ein neuer Höchststand. Besonders beliebt bei Dieben sind Taschen und Fahrräder. Auch Saara von Altens Rad wurde gestohlen: "Ich bin nach der Arbeit raus gegangen, habe gesehen, dass mein Fahrrad nicht mehr da war. Mit allem, alles war weg. Er hat sogar den Kindersitz mitgenommen – das hat mich besonders geärgert", sagt die Berlinerin.

Das Fahrrad erkannt

Sie will Anzeige erstatten, über das Internetportal der Berliner Polizei. Dafür googelt sie nochmal ihre Fahrradmarke, um ihr Modell besser beschreiben zu können. Dabei ploppt eine ebay-Kleinanzeige auf. Saara von Alten schaut genauer hin: "Dann habe ich gesehen: Das ist ja tatsächlich mein Fahrrad. Ich habe die Leuchte erkannt, die Reifen, eine extra Klingel, die ich erst vor ein paar Monaten gekauft hatte."

Für Oliver von Dobrowolski, Fahrraddiebstahl-Spezialist bei der Berliner Polizei, ist das keine Seltenheit. Er rät dazu, auch selbst nach gestohlenen Fahrrädern zu suchen: "Entweder in der analogen Welt, auf dem Flohmarkt oder auch in anderen Verkaufsgeschäften. Aber auch im Internet, wo relativ viele Fahrräder als Ganzes oder auch in Teilen angeboten werden."

Vor allem auf Kleinanzeigen-Portalen würden fast zu hundert Prozent gebrauchte Fahrräder angeboten. Dort zu suchen sei durchaus sinnvoll: "Die Leute wollen verkaufen, stellen auch Fotos ein und da kann man oftmals schon erkennen: Oh, sieht ja aus wie mein Rad, könnte mein Rad sein", sagt der Polizist.

"Geh ich mir das jetzt einfach holen"

Saara von Alten erkennt nicht nur ihr Fahrrad. Derselbe Verkäufer bietet auch noch ein anderes Rad an – mit ihrem Kindersitz samt der blauen Schutzfolie. Aber was macht man mit dieser Information? "Natürlich denkt man erst mal: Geh ich mir das jetzt einfach holen," sagt Saara von Alten.

Oliver von Dobrowolski rät davon ab: Auch wenn Diebe nicht grundsätzlich gewalttätig seien, könne so ein Versuch durchaus gefährlich sein. Außerdem bestehe die Gefahr, dass der Verkäufer einem die "die Tür vor der Nase" zu schlage. "Oder, dass er das Rad in aller Ruhe auch noch zerlegt, wegwirft, verschrottet."

Was Opfern Mut macht: 2016 hat die Polizei Berlin 1.337 Fälle von Hehlerei erfasst, fast 500 Fälle weniger als 2015 – und die Aufklärungsquote ist hoch, sie liegt bei mehr als 90 Prozent.

Im Keller des Händlers

Saara von Alten fasst einen Plan: Sie ruft erst die Polizei an und dann den ebay-Verkäufer, vereinbart einen Besichtigungstermin. "Ich bin dann am nächsten Tag mit einer Polizistin in Zivil - die war nicht als Polizistin erkennbar - zu dem Händler gegangen."

Saara von Alten sieht ihr Fahrrad samt Kindersitz und Schutzfolie im Keller des Händlers wieder. Die beiden Frauen bitten ihn um Bedenkzeit und verabschieden sich. Danach informiert die Zivilpolizistin sofort ihre Kollegen. Die klingeln bei dem Mann - wenige Minuten später haben sie das Rad und den Kindersitz. "Der Händler hat offensichtlich sofort gestanden, dass das Fahrrad nicht wirklich ihm gehört hat", sagt Saara von Alten.

Der Mann bekommt eine hohe Geldstrafe. Er ist bereits mehrfach vorbestraft wegen Diebstahl und Hehlerei. Eigentlich könnte der Fall jetzt abgeschlossen sein, aber man findet ihn immer noch bei "ebay-Kleinanzeigen". Und immer noch bietet er dort Fahrräder an.

4 Kommentare

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  1. 4.

    Nein, in Bananenrepubliken bestraft man kleine Verbrecher, wie diesen hier, gewöhnlich recht hart und lässt die großen in Ruhe. Bei uns lässt man beide gehen. Das hat eine ganz neue Qualität.

  2. 3.

    Unser Rechtsstaat: Eine Lachnummer. Mehrfach vorbestrafter Täter erhält Geldstrafe und macht weiter. Typisch. Bewährungsstrafen sind ja schon lächerlich, wenn sie ein Täter mehrfach bekommt und als Konsequenzlosigkeit seines Handelns begreift. Aber eine Geldstrafe ist für einen Gewohnheitsverbrecher ja noch weniger abschreckend. Da hängt ja nicht einmal eine Bewährungszeit dran. Einfach zahlen und gleich weitermachen, kein Problem. Wenn man mit Diebstahl und Hehlerei mehr Geld verdient, als man an Geldstrafen hin und wieder zahlen muss, schreckt das kaum am. Der Rechtsstaat macht sich lächerlich.

    Ich war 5 Jahre lang Schöffe in Tiergarten. Ich glaube nicht mehr die Floskeln, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Was man da erlebt, gleicht einer Bananenrepublik.

  3. 2.

    ...und eBay Kleinanzeigen interessiert das ebenso wie die "Mutter" nicht die Bohne.

    Selbst bei ganz eindeutigen Hinweisen. Privater Verkäufer bietet massenhaft fast neue Teile an, nur der Rahmen mit der Rahmennummer fehlt immer.

    Ein Tipp an alle Geschädigten: Nehmen sie Abstand davon "Suchanzeigen" bei eBay Kleinanzeigen usw. aufzugeben. Sie warnen damit die Verkäufer/Hehler und das Rad wird "geschlachtet".

  4. 1.

    Und was sagt uns nun der ganze Bericht? Die Frau hat zwar erfolgreich Ihr Zweirad wieder. Der Täter wird zu einer Geldstrafe bestraft und dann geht’s gleich fröhlich weiter mit der nächsten Hehlerware auf eBay Kleinanzeigen. Ich fasse es nicht.

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