Suche nach gefährlichen Gegenständen - S-Bahn-Kontrollen: Polizei ignoriert Gerichtsurteil

So 20.01.19 | 18:10 Uhr
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Archivbild: Aktion der Bundespolizei gegen Waffen und Gewalt in Bahnhöfen , Berlin Alexanderplatz. (Quelle: imago/
Bild: Archivbild/imago

Trotz einer Gerichtsentscheidung gegen das allgemeine Verbot gefährlicher Gegenstände auf bestimmten Berliner S-Bahnstrecken hat die Bundespolizei ihre Kontrollen wie angekündigt fortgesetzt.

Polizei stellt Messer sicher und leitet Strafverfahren ein

In der Nacht zu Samstag und zu Sonntag stellten die Polizisten drei Messer sicher, die gegen das Verbot verstießen, teilte ein Sprecher der Bundespolizei am Sonntag mit. Kontrolliert wurde demnach auf den Strecken zwischen den Bahnhöfen Ostkreuz und
Zoologischer Garten sowie auf dem östlichen Teil der Ringbahn zwischen den Stationen Gesundbrunnen und Südkreuz.

Zudem leiteten die Polizisten den Angaben zufolge 51 Strafverfahren ein – die meisten wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Waffengesetz. Jeweils zwei
Schlagringe, Butterflymesser und Faustmesser wurden beschlagnahmt. Außerdem wurde ein Haftbefehl vollstreckt und ein als vermisst gemeldeter Jugendlicher gefunden. 23 weitere Personenfahndungen wurden aufgeklärt.

"Wir haben gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt. Aus unserer Sicht ist es daher kein abschließend geklärter Rechtsstreit", hatte ein Sprecher am Donnerstag gesagt. Zudem habe das Gericht nur erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verbots gefährlicher Gegenstände formuliert und es nicht als unzulässig bezeichnet. Außerdem gelte diese Entscheidung nur für den einzelnen S-Bahnnutzer, der das Gericht angerufen habe.

Verbot von Verwaltungsgericht kassiert

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am 17. Januar 2019 eine Allgemeinverfügung der Bundespolizei "vorerst" aufgehoben, mit der das Mitführen potenziell gefährlicher Gegenstände in den Wochenendnächten in S-Bahnen und auf den Bahnhöfen untersagt werden sollte. Es sei nicht klar feststellbar, welche Gegenstände von dem Verbot erfasst sein sollten, hieß es.

Die Bundespolizei hatte im Oktober 2018 das pauschale Verbot für eine dreimonatige
Testphase in allen Zügen und auf den Bahnhöfen zwischen Zoo und Lichtenberg verhängt.
Beschlagnahmt wurden daraufhin Messer, Reizgas, Schlagringe, Schlagstöcke, aber auch Schraubenzieher.

Sendung: Inforadio, 20.01.2019, 17.00 Uhr 

18 Kommentare

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  1. 18.

    @Berliner0815 Verbotene Messer sind sowieso verboten, da braucht es keine Allgemeinverfügung. Die Allgemeinverfügung braucht man, um legale Alltagsgegenstnde und Werkzeuge kriminalisieren zu können. Es geht hier in der Tat um Taschenmesser (z.B. Schweizer Messer) und der S-Bahnnutzer, der das Gericht angerufen hat, hatte ein Multitool dabei, also quasi ein erweitertes Taschenmesser mit Zange und Schraubendreher, wie ich und viele andere technisch affine Leute sie seit Jahren und Jahrzehnten in der Tasche oder am Gürtel haben.

  2. 17.

    Es gibt, um es mal pauschal und provokativ zu sagen, zwei Sorten Mensch. Die einen freuen sich oder finden es mindestens gut, wenn ein Polizist oder mehrere Polizisten die Bahn betreten und die anderen sind gleich in Abwehrhaltung oder mindestens genervt, wenn dies geschieht. Ein jeder versuche sich mal einzuordnen.... Ich gehöre zur ersten Sorte.

  3. 16.

    Ich begrüße die Aktion der Polizei uneingeschränkt! Sie kontrolliert vor allem die Personen, um die ich nachts einen Bogen machen würde oder wegen denen ich die öffentlichen Verkehrsmittel mittlerweile gänzlich meide oder zumindest hier und da eher den Waggon wechsle. Was genau diese Personen dann mit sich führen, haben wohl die vergangenen Aktionen ausreichend gezeigt. Und damit war nie der Schraubendreher des Handwerkers oder das Tierabwehrspray von "Lisa Müller" gemeint. Vielleicht täte es dem einen oder anderen ganz gut, sich zunächst etwas genauer mit dieser Allgemeinverfügung der Bundespolizei, dem damit verbundenen Zweck und auch dem jetzigen Urteil des Verwaltungsgerichts überhaupt erst einmal zu befassen und nicht einfach nur der Polemik derer zu folgen, die mit reißerischen Überschriften und provokativen Äußerungen auf Stimmen- oder Leserfang gehen. Funktioniert ja bei der breiten Masse leider sehr gut. Eine Meinung war schon immer schnell gebildet.

  4. 15.

    Die Polizei handelt richtig.

    Jeder Gegenstand, der waffenrechtlich verboten ist, darf nicht om öffentlichen Bereich geführt werden. Ob dazu ein Schraubendreher, Stielkamm oder Bratpfanne zusätzlich einem Verbot unterliegt, entscheidet sich anhand der Auffindesituation. Wer fährt schon mit einem Beil nachts zum Holzhacken?

  5. 14.

    1. Es geht um die Bundespolizei.
    2. Der Beschluss es VG ist noch nicht rechtskräftig, Beschwerde wurde erhoben.
    3. Es wird aus dem Bericht nicht klar, ob der Beschluss einschlägig oder nur für den Einzelfall gilt.

  6. 13.

    Also soweit ich die Polizeiberichte bisher verstanden habe, wurden keine Brot- oder Gemüsemesser und auch keine Werkzeugkisten sichergestellt. Die "erbeuteten" Gegenstände waren Kampf- und Springmesser, Pfeffersprays und dergleichen. Und zudem wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Gegenstände "ohne erkennbare Notwendigkeit" mitgeführt werden müssen. Den Handwerker, der erst spät abends von der Arbeit nach Hause kommt und Werkzeug mitführt, wird also wohl kaum ein Strafverfahren erwarten...

  7. 12.

    Verena, ein Taschenmesser aus der Schweiz dürfte nicht das große Problem sein. Das muss man ja erst mal ganz in Ruhe aufklappen. Handwerker-Werkzeug incl. Kochmesser wird in der Regel auch in entsprechenden Hüllen, Taschen oder Koffern verpackt, so dass es auch nicht innerhalb einer Sekunde einsetzbar ist. Das eigentliche Problem sind Messer, die von einer Sekunde zur anderen gezückt und stichbereit sind. Und da habe ich keine Einwände, wenn die Polizei sowas unterbindet. Und ich habe auch nichts gegen "ethnische Profilierung". Polizeiliche Maßnahmen müssen effizient sein. Wenn ein erfahrener Polizist weiß, dass bestimmte Messer vor allem von männlichen Personen bestimmter ethnischer Herkunft mitgeführt werden, dann spricht nichts dagegen, wenn er zuerst diese Personen kontrolliert und an der Frau mit Kinderwagen vorbeigeht.

  8. 11.

    Es macht mir Angst um unsere Demokratie, wenn sich die Exekutive über die Judikative hinwegsetzt. Siehe auch Sterbehilfeurteil und Gesundheitsministerium.

  9. 10.

    Ich finde die Präsenz gut, aber die Aktion schlecht. Es schafft nicht mehr Vertrauen in die Polizei, wenn einem Pfefferspray oder Schraubenzieher abgenommen werden, nur weil man keinen Grund nennt, wieso man sie mitführt. Zudem scheint die Polizei in Berlin einem eigenen Rechtsverständnis zu folgen: ”Außerdem gelte diese Entscheidung nur für den einzelnen S-Bahnnutzer, der das Gericht angerufen habe."

    Wie kommt man auf diesen Unsinn? Das Gericht hat das Verbot vorerst aufgehoben, d.h. dass die Entscheidung des Gerichts für jeden gilt! Es gäbe keine Rechtssicherheit, wenn Gerichtsurteile nicht den Weg weisen würden. Dass die Berliner Polizei das Urteil ignoriert, da es für sie "kein abschließend geklärter Rechtsstreit" sei, setzt dem Mist die Krone auf. Wozu auf ein Gericht hören, bzw abwarten, dass das Vorgehen nicht korrekt ist, wenn man einfach weitermachen kann, als gäbe es gar kein Gericht. Und dann erwartet die Polizei von den Bürgern Rechtstreue bei solch schlechtem Vorbild?

  10. 9.

    @G.M. Zwei Fragen: 1. „Simple Sicherheitsmaßnahmen wurden alternativlos für nicht möglich erklärt“?? Was genau meinen Sie damit? 2. Was wünschen Sie sich konkret? Was soll damit konkret erreicht werden? Danke.

  11. 8.

    Noch nie Mc Gyver gesehen? So ein Schweizer Taschenmesser ist immer nützlich. Haben sie zB mal versucht, unterwegs eine dieser verschweißten Hartplastikverpackungen ohne Messer aufzubekommen? Dafür braucht man sowas. Oder sind sie nie weit von zu Haus weg?

  12. 7.

    Ich fahre zu meinen Eltern, um etwas für sie zu kochen, und nehme ein Messer mit, welches mir dafür geeigneter erscheint als jene (kleinen, billigen), die sie besitzen. Ich fahre zu einem Freund, um ihm bei einer handwerklichen Tätigkeit zu helfen und weiß, wie schlecht er mit Werkzeug (Schraubenzieher, Hämmer) ausgestattet ist. Spätabends fahre ich zurück.

    Aber herzlichen Glückwunsch zu Ihrem einerseits womöglich sehr monotonen, andererseits sehr wohlhabenden Leben, in welchem sie öfter essen gehen können. Und Glückwunsch natürlich zu Ihrer Geisteshaltung - Leute wie Sie braucht jeder Staat, insbesondere jeder autoritäre (und Sie würden bestimmt auch nicht laut herumzetern, wenn Sie von der Polizei so behandelt würden, wie es gerade der Laune oder sonstigen Willkür eines Staatsdieners entspricht).

  13. 6.

    Macht sie doch. Lesen und verstehen tun nicht weh. Und Bro, die Polizei macht genau das richtige: Leute zu schützen. Dafür danke ich den Herrschaften und Damen, die tagtäglich ihren Kopf für die hinhalten, die sich auch an Recht und Gesetz halten.

  14. 5.

    Gerne die Kontrollen mit der Berliner Polizei auch regelmäßig auf die U-Bahnhöfe Hermannplatz, Kottbusser Tor, Heinrich Heine Straße, ... ausweiten. Dort wird immer öfter aus Säufergruppen heraus mit Bierflaschen geworfen, dann fliegen einem die Scherben um die Ohren.

  15. 4.

    Der Fisch stinkt vom Kopf her. Gesetze sollen die Bürger schützen und müssen natürlich an die Sicherheitslage angepasst werden. Es kann nicht sein, dass simple Sicherheitsmaßnahmen für "alternativlos" nicht möglich erklärt werden, während der Staat keine zeitgemäß angepassten bereitstellt. Wir schreiben bereits das Jahr 2019 nach 2015, man hatte jahrelang Zeit bezüglich der Zunahme von Messerstraftaten. Die beiden letzten Justizminister haben sich ja bei der öffentlichen Sicherheit für den Bürger auch regelrecht mit "Ruhm" bekleckert, was für ein tolles passives Engagement.

  16. 3.

    Ich habe ohnehin genau null Verständnis dafür, warum man überhaupt irgendwelche Messer mitführen muss. Wenn ich beispielsweise in ein Restaurant was essen gehe, dann bekomme ich in der Regel vom Kellner das Besteck. Von mir aus kann das ganze Material den Leuten gerne abgenommen werden. Das Risiko, dass es missbräuchlich eingesetzt wird, ist einfach zu hoch.

  17. 2.

    Die polizei hat ein Gerichturteil zu respektieren und nicht zu unterlaufen. Ein sehr politischer Vorgang wenn die exekutive eine eigene Rechtsauslegung vornimmt. Das ist nicht ihre Aufgabe.

  18. 1.

    Eig braucht die Polizei auch nur den Begriff „gefährliches Werkzeug“ definieren. Das war der Kritikpunkt des Gerichts. Ich denke mal, niemand hat etwas gegen diese Kontrollen. Der Streit geht erst los, wenn Werkzeug beschlagnahmt wird. Allerdings sollte auch hier möglich sein, zu erkennen, warum derjenige es mit sich führt...

    Erschreckend finde ich immer wieder, was da so alles gefunden wird.... Butterflymesser usw...

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