Mit 2,5 Promille an Halt Wittenberg vorbeigerauscht - ICE-Lokführer fährt betrunken durch Berlin und Brandenburg

Do 10.01.19 | 14:06 Uhr
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Ein ICE der Deutschen Bahn
Bild: imago stock&people

Ein ICE auf dem Weg von Hamburg über Berlin nach Leipzig ist in Sachsen-Anhalt gestoppt worden, weil der Lokführer betrunken war. Ein erster Test ergab einen Atemalkoholwert von knapp 2,5 Promille, wie Bundespolizei-Sprecherin Chris Kurpiers am Donnerstag sagte. Die Bahn bestätigte den Vorfall und erklärte, der Mitarbeiter werde "bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt". Alkoholkonsum sei bei der Bahn "ganz selbstverständlich überall im Unternehmen tabu", sagte eine Sprecherin. In den Führerständen der Züge gelte eine Null-Promille-Grenze. Bei Verstößen wird den Betroffenen der Bahn zufolge der Triebfahrzeugführerschein abgenommen und dem Eisenbahnbundesamt übergeben. Um ihn zurückzubekommen, müssen die Betroffenen mehrere Gesundheitsuntersuchungen bestehen.

Ruckelige Fahrweise aufgefallen

Um 22:11 Uhr hätte der Zug am Dienstag in Wittenberg in Sachsen-Anhalt halten sollen. Doch der Lokführer rauschte einfach durch den Bahnhof durch. Der Zugbegleiter, dem bereits zuvor eine ungewöhnlich ruckelige Fahrweise des Zugs aufgefallen war, wandte sich an zwei Bundespolizisten, die in dem ICE auf der Heimfahrt von Berlin waren. Sie alarmierten Kollegen der Landespolizei, die den betrunkenen Lokführer beim nächsten Halt wenig später in Bitterfeld aus dem Zug holten. So schilderte Bundespolizei-Sprecherin Kurpiers den Vorfall.

Reisende, die in Wittenberg aussteigen wollten, mussten mit dem nächsten Zug zurückfahren. Ein neuer Lokführer übernahm den ICE 993, mit etwa 65 Minuten Verspätung erreichte er sein Ziel Leipzig. Einen ähnlichen Fall mit so stark betrunkenem Lokführer habe sie noch nicht erlebt, sagte Kurpiers. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" über den Vorfall berichtet.

Der Mann werde bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt, sagte ein Bahnsprecher in Leipzig. "Der Vorfall wird Konsequenzen haben." Über strafrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen könne aber erst nach Abschluss der Ermittlungen durch die Bundespolizei entschieden werden. "Jeder Lokführer weiß seit seiner Einstellung, dass Alkohol im Dienst gar nicht geht", sagte der Sprecher.

Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte harte Konsequenzen für den Betroffenen. "Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen", sagte der Sprecher und Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Lokführer haben schon öfter Halte ausgelassen

Dass Lokführer versehentlich an einem Bahnhof vorbeifahren, kommt immer mal wieder vor. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren war schon einmal ein ICE an Wittenberg vorbeigefahren, ohne zu halten - am 4. Januar 2017. Der Lokführer bemerkte sein Missgeschick jedoch, stoppte den Zug und konnte in den Bahnhof zurückfahren. Einen ähnlichen Fall hatte es damals kurz zuvor in Bitterfeld gegeben. Mehrfach sind Züge schon an Wolfsburg vorbeigerauscht, auch Göttingen und Uelzen (Niedersachsen) waren schon betroffen.

10 Kommentare

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  1. 9.

    Prost!

    Als Mann hat man es schwer in der immer mehr überregulierten Welt.

    Früher hätte man gelacht, heute ist es gleich ein schlimmes Vergehen.

    Gute Nacht.

  2. 8.

    Der hat wohl den Tarifabschluss gefeiert. Gibt es einem Kommentar der Gewerkschaften ?

  3. 7.

    Natürlich können 2,5 Promille im Dienst als Lokführer nicht sein und harte strafrechtliche Konsequenzen müssen folgen. Aber es stellt sich natürlich trotzdem die Frage, nach dem WARUM?
    Leistungsdruck, zu hohe Anforderungen im Dienst und damit ungenügende Eignung für eine solche Tätigkeit könnten eine Rolle gespielt haben. Wie oft wird das Personal eigentlich gesundheitlich auf Herz und Nieren geprüft?

  4. 6.

    Oder aber einfach mal deutlicher für alle schreiben wäre ja schon mal ein Ansatz;-) Nicht böse gemeint.

  5. 5.

    Das "vglw. selten" bezog sich jetzt nicht auf die Taktung, die auf Wittenberg hin existiert, sondern in Bezug auf die Gesamtzahl der Züge dieser Relation. Im Bewusstsein gibt es da schon wichtigere und unwichtigere Bahnhöfe und die Lutherstadt Wittenberg zählt in diesem Kontext nicht zu den herausragendsten, die jeder abseits weiterer Informationen mal so aus dem Ärmel schüttelt.

    Bei Sinnestrübung setzen sich dann die "großen Sachen" durch.

  6. 4.

    "War der Zugführer nüchtern, als man ihn in Bitterfeld aus dem Zug geholt hat?"
    Nein.

    "Betrunken ist er ja nur durch Berlin und Brandenburg gefahren, wenn man ihrer Headline glauben möchte."
    Er ist sicherlich betrunken durch Berlin und Brandenburg gefahren, aber nicht nur dort.

  7. 3.

    Wieso ein Station, die vglw. selten angefahren wird? Der 993 fährt täglich, und bis auf bedauerliche Einzelfälle wird er wohl immer in Wittenberg halten.

    @rbb24 War der Zugführer nüchtern, als man ihn in Bitterfeld aus dem Zug geholt hat? Betrunken ist er ja nur durch Berlin und Brandenburg gefahren, wenn man ihrer Headline glauben möchte.

  8. 2.

    Alles andere als eine Kündigung (und ein Strafverfahren wegen gefährlichem Eingriff in den Bahnverkehr - zumindest fahrlässig?). ist nicht zu erwarten. Da sitzen Hunderte Menschen im Zug, die gefährdet wurden. Weiche hier missachtet, Signal da nicht gesehen...was da alles hätte passieren können. Dass hier nichts passiert ist, gleicht fast schon einem Wunder. Bei 2,5 Promille. Da ist man doch schon halb tot?! Unfassbar.

  9. 1.

    Das scheint mir die endlichste Konsequenz eines gravierenden Missverständnisses zu sein: Dass es nämlich die Hauptaufgabe sei, ein Fahrzeug zum Fahren zu bringen. Und wenn dies eben erfolgt ist - zu 90 % ggf. auch ohne Zutun eines Menschen - dass es dann eben nicht mehr so sehr darauf ankäme. Die einen nehmen Alkohol, die anderen ballern sich die Ohren zu mit lauter Musik, die Dritten spielen ein Computerspiel, das alle Aufmerksamkeit auf sich bindet, aber nicht eben darauf, worauf es wirklich ankommt.

    Nicht auf´s Fahren, sondern auf die Umstände des Fahrens. Dass etwas in die Quere kommen kann, dass ein Zug unplanmäßig auf einem Gleis steht, jemand ohne Beleuchtung am Fahrbahnrand ist. Hier eben: eine Station, die vglw. selten angefahren wird.

    1. Alkohol hat beim Fahren nichts zu suchen.
    2. Auch laute Musik und ablenkende Computerspiele haben beim Fahren nichts zu suchen.
    Es gibt kein Grundrecht, schweres Gerät zu fahren.

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