Mit 2,5 Promille an Halt Wittenberg vorbeigerauscht -
Ein ICE auf dem Weg von Hamburg über Berlin nach Leipzig ist in Sachsen-Anhalt gestoppt worden, weil der Lokführer betrunken war. Ein erster Test ergab einen Atemalkoholwert von knapp 2,5 Promille, wie Bundespolizei-Sprecherin Chris Kurpiers am Donnerstag sagte. Die Bahn bestätigte den Vorfall und erklärte, der Mitarbeiter werde "bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt". Alkoholkonsum sei bei der Bahn "ganz selbstverständlich überall im Unternehmen tabu", sagte eine Sprecherin. In den Führerständen der Züge gelte eine Null-Promille-Grenze. Bei Verstößen wird den Betroffenen der Bahn zufolge der Triebfahrzeugführerschein abgenommen und dem Eisenbahnbundesamt übergeben. Um ihn zurückzubekommen, müssen die Betroffenen mehrere Gesundheitsuntersuchungen bestehen.
Ruckelige Fahrweise aufgefallen
Um 22:11 Uhr hätte der Zug am Dienstag in Wittenberg in Sachsen-Anhalt halten sollen. Doch der Lokführer rauschte einfach durch den Bahnhof durch. Der Zugbegleiter, dem bereits zuvor eine ungewöhnlich ruckelige Fahrweise des Zugs aufgefallen war, wandte sich an zwei Bundespolizisten, die in dem ICE auf der Heimfahrt von Berlin waren. Sie alarmierten Kollegen der Landespolizei, die den betrunkenen Lokführer beim nächsten Halt wenig später in Bitterfeld aus dem Zug holten. So schilderte Bundespolizei-Sprecherin Kurpiers den Vorfall.
Reisende, die in Wittenberg aussteigen wollten, mussten mit dem nächsten Zug zurückfahren. Ein neuer Lokführer übernahm den ICE 993, mit etwa 65 Minuten Verspätung erreichte er sein Ziel Leipzig. Einen ähnlichen Fall mit so stark betrunkenem Lokführer habe sie noch nicht erlebt, sagte Kurpiers. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" über den Vorfall berichtet.
Der Mann werde bis auf Weiteres nicht mehr eingesetzt, sagte ein Bahnsprecher in Leipzig. "Der Vorfall wird Konsequenzen haben." Über strafrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen könne aber erst nach Abschluss der Ermittlungen durch die Bundespolizei entschieden werden. "Jeder Lokführer weiß seit seiner Einstellung, dass Alkohol im Dienst gar nicht geht", sagte der Sprecher.
Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte harte Konsequenzen für den Betroffenen. "Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen", sagte der Sprecher und Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
Lokführer haben schon öfter Halte ausgelassen
Dass Lokführer versehentlich an einem Bahnhof vorbeifahren, kommt immer mal wieder vor. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren war schon einmal ein ICE an Wittenberg vorbeigefahren, ohne zu halten - am 4. Januar 2017. Der Lokführer bemerkte sein Missgeschick jedoch, stoppte den Zug und konnte in den Bahnhof zurückfahren. Einen ähnlichen Fall hatte es damals kurz zuvor in Bitterfeld gegeben. Mehrfach sind Züge schon an Wolfsburg vorbeigerauscht, auch Göttingen und Uelzen (Niedersachsen) waren schon betroffen.