Luckenwalder Jugend kämpft für Raum - Der große Traum von der Kleinstadt-Disco

So 07.04.19 | 18:48 Uhr | Von Johanna Siegemund
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Tanzpalast Luckenwalde (Quelle: Johanna Siegemund)
Audio: Antenne Brandenburg | 25.03.2019 | Johanna Siegemund | Bild: Johanna Siegemund

Ihr Treffpunkt ist der Supermarkt oder Park – etwas anderes ist für Jugendliche in Luckenwalde abends oft nicht drin. Anstatt die Perspektivlosigkeit zu ertragen, werden sie nun aktiv: Eine Disco soll her – aber wie soll das in einer Kleinstadt funktionieren? Von Johanna Siegemund

Der jugendliche Kleinstadtalltag endet in Luckenwalde (Landkreis Teltow-Fläming) meist im Parkhaus: Hier trifft man sich zum Feiern, Trinken und Musik hören. Etwas anderes, außer vielleicht den Nuthepark im Sommer, haben die Jugendlichen nicht. Die letzte Diskothek hat vor acht Jahren zugemacht, als die meisten von ihnen noch in den Kindergarten oder die Grundschule gegangen sind.

Ödnis am Abend - auch in den Jugendzentren und im Kulturzentrum Alhambra sei zu wenig Platz, kritisieren viele junge Leute. Bislang warten sie also auf die großen Feste im Sommer oder fahren – wenn es Eltern und das Taschengeld zulassen – in das 30 Kilometer entfernte Trebbin. Der 16-Jährige Maximilian Reschke will das ändern. Eine Diskothek soll her für Luckenwalde – und das sollte eigentlich auch im Interesse der Stadt sein, glaubt er. 

Eine Statue in Luckenwalde (Quelle: Johanna Siegemund)
| Bild: Johanna Siegemund

Abende im Parkhaus meist vorzeitig beendet

Seit Anfang des Jahres wirbt er dafür auf Facebook. Er und seine Initiative "Disco in Luckenwalde" wollen eine Disco, wie man sie sich eben als Jugendlicher vorstellt: mit lauter Musik, Elektro zum Beispiel, und mit Bier und Wein. Die Disco ist für Reschke ein Ort, an dem man problemlos Freunde treffen und gemeinsam feiern kann.  

Problemlos sind die Abende derzeit nicht. Im Parkhaus des Supermarktes werden sie meistens vorzeitig beendet. "Die Anwohner rufen oft die Polizei und beschweren sich, dass wir zu laut sind und Alkohol trinken", erzählt Maximilian Reschke.

Weil es auch öfter zu kleineren Diebstählen komme und manche Bewohner dort schon gar nicht mehr einkaufen, weil sich keiner an den Jugendlichen vorbeidrängeln will, sprach der ehemalige Supermarktleiter vor der Stadtverordnetenversammlung in Luckenwalde vor. Es sind andere Beweggründe, aber auch er fordert einen Raum für die Jugendlichen.

Mehrheit der Stadtverordneten stimmte gegen Disco

Reschke war bei der Bürgerfragestunde des städtischen Bildungsausschusses im März. Zusammen mit 20 anderen, teilweise auch älteren, Mitstreitern forderte er einen geeigneten Ort.

Bislang stieß das aber auf wenig Anklang. Erst im September 2018 stimmte die Mehrheit der Stadtverordneten gegen eine Disco.

Mehrere Menschen in einem Park in Lückenwalde(Quelle: Johanna Siegemund)
In einem Park in Luckenwalde | Bild: Johanna Siegemund

Kleinstadt-Disco: zu nah, zu laut?

Fragt man die Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide zur Disco, fällt sehr oft das Wort "Kleinstadt". Für eine Stadt mit 21.000 Einwohnern, meint sie, gäbe es eine Menge an Angeboten. Dass eine Disco trotzdem fehlt, könne sie nachvollziehen.

Seit 20 Jahren suche die Stadt schon nach einem geeigneten Ort. Aber die meisten bisherigen Veranstaltungsorte seien zu nah an den Bewohnern dran, der "Tanzpalast" beispielsweise musste vor gut zehn Jahren schließen – auch, weil sich der Besitzer nicht an die vereinbarten Öffnungszeiten gehalten hatte.

Die Bürgermeisterin fordert also einen Betreiber mit einem "guten Händchen", sowohl für den Umsatz des Ladens als auch für die Rechte der Anwohner, bezüglich des Lärms.

"Ich kann die Jugend nicht in ein Vakuum packen."

In Luckenwalde gibt es wenig Fläche, wo der Discolärm nicht stören würde. Für Nadine Walbrach von der CDU-FDP-Fraktion ist das aber kein Argument: "Ich kann die Jugend nicht in ein Vakuum packen. Natürlich wird es Probleme geben, aber genau deswegen müssen wir mit den Jugendlichen zusammenarbeiten."

Jugendliche würden mit Jugendclubs abgespeist, könnten sich aber nicht wirklich frei bewegen. In Walbrachs Jugendzeit war das anders: "Wir konnten an fünf von sieben Tagen in Luckenwalde weggehen, auch die Kollegen aus der Stadtverordnetenversammlung hatten das Vergnügen." Das scheine jetzt, wenn man in der Versammlung darüber redet, vergessen.

Der längere Atem gewinnt

Maximilian Reschke und knapp 15 Mitstreiter wollen aber nicht vergessen werden. Regelmäßig wollen sie sich in Zukunft treffen, um ein Konzept von einer geeigneten Disco in Luckenwalde zu erstellen.

Zur nächsten Stadtverordnetenversammlung wollen sie der Bürgermeisterin einen Brief überreichen. Sie daran erinnern, dass es in der 21.000-Einwohner-Kleinstadt eine Gruppe aus knapp 3.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen gibt, die einen Ort für sich brauchen.

Tanzpalast Luckenwalde (Quelle: Johanna Siegemund)
Ist der ehemalige Tanzpalast das künftige zu Hause für die Disco? | Bild: Johanna Siegemund

Zwei Investoren zeigen Interesse an den alten Tanzstätten in Luckenwalde. So könnte eben doch der alte Tanzpalast nach zehn Jahren wieder zur Disco werden. Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Jugendlichen wollen sich deswegen in den nächsten Wochen mit den möglichen Käufern treffen, um ihre Vorstellungen und Ideen einzubringen.

Die Jugendlichen glauben, dass es klappen kann – so wie in der nur etwa 5.000 Einwohner zählenden Stadt Baruth. Dort darf man, wenn auch nicht jedes Wochenende, in denkmalgeschützten Gebäuden feiern.

Die Kleinstadt-Disco scheint also möglich – wenn der Atem nur lang genug ist.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.03.2019, 16:20 Uhr

Beitrag von Johanna Siegemund

1 Kommentar

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  1. 1.

    Nun müssen sich also knapp 3.000 Jugendliche und junge Erwachsene vehement zu Wort melden, damit die verantwortlichen politischen Entscheidungsträger bzw. Volksvertreter*innen aus ihrer Lethargie erwachen!

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