Weggang der Infektiologie-Abteilung - Kritik an Massenkündigung am Auguste-Viktoria-Klinikum
Paukenschlag in der Berliner Krankenhauslandschaft: Fast die gesamte Infektiologie-Abteilung des Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikums meutert gegen den Vivantes-Konzern. Die Linke kritisiert die Aktion - und bezweifelt, dass sie den Medizinern nützt.
Der überraschende Weggang einer ganzen Abteilung vom Auguste-Viktoria-Klinikum zum St. Joseph-Krankenhaus sorgt in der Berliner Politik für Unverständnis und Kritik. "Es ist offensichtlich das Ergebnis einer langen und wohl nicht glücklich verlaufenen Diskussion gewesen", sagte Linken-Politiker Wolfgang Albers, der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, dem rbb.
Zwar sei der Wechsel von 11 Ärzten und 27 Pflegekräften kein Skandal, gesundheitspolitisch aber auch keine kluge Lösung. "Durch solche Aktionen schafft man nicht mehr Personal, und auch nicht weniger Patienten, insofern ist das nicht wirklich eine Lösung", sagt Albers. Individuell könnte der Weggang vom Vivantes-Konzern eine gute Lösung sein, aber für die Patientenversorgung sei das kein Ausweg, so Albers.
St. Joseph Krankenhaus freut sich über neue Fachkräfte
Am Montag hatte der rbb exklusiv darüber berichtet, dass ein Großteil der Belegschaft auf der Station für Infektiologie im Auguste-Viktoria-Klinikum den Arbeitgeber wechseln wird - aus Protest gegen die Arbeitsbedingungen.
Es stelle sich nun die Frage, warum das nicht verhindert wurde, sagte Albers dem rbb-Inforadio. Denn die Unzufriedenheit sei bekannt gewesen. Diskussionen habe es auch gegeben, "weil mit dem Ausscheiden des Chefarztes auch Umstrukturierungen geplant waren, die nicht einvernehmlich gelöst wurden", so Albers. Dass es am Ende so ausginge wie jetzt, sei keine glückliche Entscheidung.
Die Mediziner und Pfleger sollen ab 1. April am St. Joseph-Krankenhaus eine neue Abteilung für Infektiologie aufbauen. "Infektiologische Krankheiten nehmen wieder zu, wir sehen es gerade durch die Entwicklung in China, wie wichtig das Thema ist", sagte Tobias Dreißigacker, Geschäftsführer des St. Joseph Krankenhauses, der rbb-Abendschau. Daher freue er sich darauf, sein Krankenhaus mit dem Schwerpunkt Infektiologie positionieren zu können.
Albers übt Kritik an kirchlichen Krankenhäusern
Gesundheitspolitiker Albers hingegen kritisierte, dass "die eine Klinik der anderen Klinik aus Wettbewerbsgründen Personal abwirbt". Dass den Betroffenen die Arbeitsbedingungen in einem kirchlichen Krankenhaus attraktiver erschienen, als in einem landeseigenen Klinikum, überrasche ihn. "Bisher sind die konfessionellen Träger – auch das St. Joseph-Krankenhaus – nicht gerade dadurch aufgefallen, dass sie nun besonders günstige Tarifbedingungen anbieten oder deutlich bessere Arbeitsbedingungen anböten", sagt Albers. Gerade der Umgang mit den Personalvertretungen lasse oft eher zu wünschen übrig. Ob sich Mediziner und Pfleger damit auf längerer Sicht einen guten Dienst erwiesen haben, werde sich zeigen.
Sendung:Inforadio, 18.02.2020, 10.20 Uhr