Landgericht Berlin - "Dreiste" Goldmünzen-Diebe zu Jugendstrafen verurteilt

Weil sie im April 2017 die 100-Kilo-Goldmünze "Big Maple Leaf" aus dem Bode-Museum stahlen, sind drei junge Männer zu Jugendstrafen verurteilt worden. Nach Ansicht des Langerichts sind sie dreist und mit großer Risikobereitschaft vorgegangen. Von Ulf Morling
Unter großem Presse- und Zuschaueransturm verkündete das Landgericht Berlin nach über einjähriger Verhandlungsdauer das Urteil. Allein zwölf Kamerateams berichteten, die Zuschauerbänke waren bis auf den letzten Platz besetzt. "Mit Dreistigkeit und sehr hoher Risikobereitschaft" hätten die drei nunmehr verurteilten Angeklagten den Diebstahl der Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum begangen, sagte die vorsitzende Richterin Dorothee Prüfer in der Urteilsbegründung.
Die zwei Mitglieder einer in Berlin polizeibekannten arbabischstämmigen Großfamilie (21 und 23 Jahre alt) wurden zu je viereinhalb Jahren Jugendstrafe wegen schweren gemeinschaftlichen Diebstahls verurteilt. Weiterhin haben sie den Materialwert der Goldmünze von 3,3 Millionen Euro zu ersetzen. Der mitangeklagte Wachmann des Bode-Museums (21) muss drei Jahre und vier Monate ins Jugendgefängnis. Ein vierter Angeklagter (25) wurde freigesprochen, weil die Beweislage laut Gericht nicht ausreichend gewesen sei.
Vermummter dritter Täter bleibt unbekannt
Während der verurteilte Wachmann des Museums nicht direkt beim Diebstahl der Goldmünze vor Ort war, reichten die Indizien der Jugendkammer aus, die beiden Cousins einer arabischstämmigen Großfamilie zu verurteilen. Auf dem Überwachungsvideo der S-Bahn war allerdings ein dritter schwarz vermummter Täter zu sehen, der aus Sicht der Staatsanwaltschaft der freigesprochene Bruder eines der Angeklagten war. Im Urteil hieß es jetzt: "Den dritten Täter, der damals vor Ort war, kennen wir nicht!".
Täter mit absolutem Vertrauen zueinander
Die Jugendkammer habe versucht, den Diebstahl der Goldmünze so weit wie möglich aufzuklären, hatte die Vorsitzende Richterin die Urteilsbegründung begonnen. Bindeglied der Tat sei die Freundschaft zwischen Ahmed R. und dem Mitangeklagten Denis W. gewesen. Seit Kindertagen hätten sich beide gekannt und sich wie Brüder verhalten. Nur so war es laut Gericht möglich, dass W. kurz vor der spektakulären Tat als Wachmann begonnen habe und vertrauensvoll seine dann erworbenen Insiderkenntnisse an R. weitergegeben habe. Ohne absolutes Vertrauen sei die Tat niemals möglich gewesen.
Unter anderem hatten die Täter ausgenutzt, dass das von der S-Bahntrasse zugängliche Fenster zum Umkleideraum des Bode-Museums seit geraumer Zeit nicht alarmgesichert war und Wachmann W. dieses Fenster, so die Überzeugung des Gerichts, präparieren konnte. Bei einer "Generalprobe des Einbruchs", sechs Tage vor der eigentlichen Tat, sei schließlich die äußere Sicherheitsscheibe des Fensters teilweise zerstört worden, was nicht als möglicher Einbruchsversuch von den Mitarbeitern des Museums erkannt worden sei, hieß es im Urteil.

Indizien führten zur Verurteilung
Während die Verteidiger im Prozess davon sprachen, dass ihre Mandanten vorverurteilt wären, weil sie aus der stadtbekannten arabischstämmigen Großfamilie R. stammten, zählte das Gericht im Urteil die Indizien auf, die zu der zweifelsfreien Verurteiling dreier der Angeklagten führten:
DNA eines der Angeklagten an dem Seil, mit dem sich die Täter von der S-Bahntrasse zur Flucht hinunterließen, Glassplitter der Vitrine, in der die Goldmünze ausgestellt war und in Arbeitshandschuhen eines Angeklagten, weitere DNA-Spuren, aber auch Goldspäne, unter anderem in der Wohnung der Familie R., außerdem an einer Jacke und an der Sohle von Sportschuhen. "In mehreren Autos der Famile R. wurden darüberhinaus Goldspäne gefunden", zählte Richterin Prüfer auf. Die Späne seien Indiz dafür, dass die Goldmünze zerteilt und wahrscheinlich eingeschmolzen wurde. Dazu sei sie vermutlich in den Autos der Familie R. mehrfach hin- und hergefahren worden.
3,3 Millionen Euro Schulden
Bei allen dreien erkannte die Jugendkammer die "Schwere der Schuld" ihrer Tat, bei den beiden vorbelasteten und verurteilten Ahmed und Wissam R. wurden zusätzlich "schädliche Neigungen" festgestellt. Neben der Verurteilung wurden alle drei Angeklagten zum Wertersatz der Goldmünze verpflichtet. Während die beiden R. jeweils für den Ersatz der vollen Summe in Höhe von 3,3, Millionen Euro verurteilt wurden, muss Wachmann W. für 100.000 Euro haften, nämlich die Summe, die er mindestens als Beuteanteil kassiert haben soll. Gegen das Urteil können sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft in Revison gehen, was bereits angekündigt wurde.
Am Freitag geht die juristische Auseinandersetzung um den Diebstahl der Golmünze gleich weiter: Der Eigentümer und Leihgeber der Goldmünze an das Bode-Museum, ein Düsseldorfer Kunstsammler aus der Immobilienbrache, klagt vor einer zivilen Kammer des Landgerichts gegen die Versicherung, die ihm bisher nur einen Bruchteil des Wertes der Goldmünze ersetzt haben soll.
Sendung: Radioeins, 20.02.2020, 15 Uhr