Interview | 40 Jahre ARD Text - "Wir bleiben bewusst bei der Textform"

Mo 01.06.20 | 13:13 Uhr
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Eine digitale Torte mit Kerzen und der Zahl 40. (Quelle: ARD Text/ RBB)
Bild: ARD Text/ RBB

Am 1. Juni 1980 begann in der Bundesrepublik das Teletextzeitalter. Lange vor Twitter konnte das Publikum Kurznachrichten lesen - und zwar auf dem Fernseher. Und heute? Frauke Langguth, Leiterin des ARD-Texts, glaubt an die Zukunft der pixeligen Angebots.

 

rbb: Frauke Langguth, Sie sind seit zwölf Jahren Leiterin des ARD Textes. War das nicht damals schon irgendwie ein anachronistisches Medium?

Frauke Langguth: Ich habe vorher vor allem Radio und Internet gemacht. Am Anfang habe ich Bilder und Töne vermisst, aber dann habe ich den Text lieben gelernt. Und ich bin seitdem von diesem Medium begeistert. Das Tolle am Teletext ist, dass wir so viel machen können, obwohl wir eigentlich nichts zur Verfügung haben im Vergleich zu anderen Medien: Wir haben nur wenige Farben, und wir können auf jeder Seite nur eine begrenzte Zeichen- und Zeilenzahl schreiben.

Frauke Langguth (rechts) und Johannes Kristmann (Mitte) sprechen am 08.05.2017 auf der re:publica im rbb Talk Lab mit dem Moderator Marcus Richter (links) (Quelle: rbb/Rike Runge)
Frauke Langguth (rechts), Leiterin des ARD-Teletexts, bei der re:publica 2017Bild: rbb/Rike Runge

Was gehört aktuell zum Dienstleistungspaket des ARD Textes?

Wir sind mehr als der Teletext. ARD Text ist eine Gemeinschaftseinrichtung wie die Tagesschau auch, und diese Gemeinschaftseinrichtung ist beim rbb angesiedelt. Wir machen nicht nur den Teletext für das Erste, sondern auch für die Programme One, für Tagesschau24 und für ARD alpha. Wir liefern Inhalte an andere Teletexte. Wir arbeiten auch mit anderen Einrichtungen der ARD zusammen. Die Tagesschau liefert uns Nachrichten zu, die Sportschau-Ticker, und wir kriegen auch Börseninformationen aus Frankfurt.

Ein weiteres Thema ist die Barrierefreiheit. Wir haben sehr viele Kolleginnen, die live untertiteln, nämlich Sendungen für Das Erste und für andere Programme über die Seite 150 oder auch digital. Barrierefreiheit ist ein wichtiges Stichwort für uns. Wir haben etwa auch ein Angebot "Nachrichten leicht" zusammen mit dem Deutschlandfunk, das ist ein wöchentlicher Nachrichten-Rückblick in einfacher Sprache.

Bei der Untertitelung wird das Fernsehsignal nachgesprochen und transkribiert, und zwar in Echtzeit – das ist wirklich sehr beeindruckend. Beim Videotext hat sich dagegen technisch aus Nutzerperspektive in den letzten Jahren nichts getan. Auf den zweiten Blick aber schon: Was können Sie heute besser?

Wir sind so zwischen zwei Welten: Auf der einen Seite der alte Standard, der kann sich nicht weiterentwickeln. Wenn neue Buchstaben oder Zeichen kommen, können wir die nicht darstellen, schon mit dem Euro-Zeichen ist das schwierig.

Aber wir beschäftigen uns seit einigen Jahren mit einer Alternative: HbbTV, Internet-Fernsehen. Und da sieht der ARD Text anders aus. Er ist eigentlich eine Website mit modernen Schriften, modernen Farben. Wir haben damals überlegt: Wollen wir jetzt Fotos und Bilder einbauen? Und haben dann gesagt: Nein, wir bleiben bewusst bei der Textform. Insofern haben wir zwar einige Änderungen – so sehen etwa die Wetterkarten jetzt besser aus, und der Deutschlandtrend auch - aber wir bleiben ein Textmedium.

Und wir machen zum Beispiel auch Dinge wie Teletwitter. Am Sonntagabend wählen wir Tweets zum Programm aus, etwa zum "Tatort". Die blenden wir dann im Fernsehen ein. Manchmal sehen dann die Eltern, was ihre Kinder twittern. Das ist dann ziemlich witzig.

Den Videotext kann man auch im Bus lesen, denn es gibt eine App. Man könnte meinen, egal ob lineares Fernsehen verschwindet oder nicht: der ARD Text überlebt. Wie ist da Ihre Prognose?

Ich hoffe es natürlich. Ich finde, das Format Teletext hat viele Vorteile. Was wir senden, ist immer neu. Man kann also nicht aus Versehen auf eine alte Seite stoßen. Es gibt kein Archiv, das online ist. Wir haben eine feste Struktur, und wir sind fest begrenzt. Es kann also nicht ausufern.

Außerdem sind wir natürlich seriös und unaufgeregt. Wir haben eine Jubiläumsbroschüre zum Geburtstag gemacht. Dafür haben wir ein schönes Bild gefunden, das gut passt. Da ist der ARD Text wie ein Leuchtturm, und er steht im Sturm der Nachrichten. Alles tost drumherum, aber wir senden weiter unsere Kurznachrichten. Gerade das ist eine Qualität, die in der heutigen Zeit ein Vorteil ist.

Es gibt den ARD Text auch auf Alexa und Sie planen zum 40. Jubiläum noch was mit Kunst?

Wir arbeiten seit einigen Jahren mit Teletext Künstlern zusammen, die es schaffen, fantastische Grafiken mit sechs Farben und mit ganz wenigen Pixeln zu machen. Für unseren Geburtstag haben wir exklusiv eine spanische Künstlerin [Karin Ferrari, Anm.d.Red.]. Wir machen eine Zeitreise, wir senden Originalmeldungen vom 1. Juni 1980. Und wir werden auch historische Layouts vom Teletext zeigen, das alles ab Montag dann im ARD Text.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führten Jörg Wagner und Daniel Bouhs, Radioeins, am 23.05. 2020. Der Beitrag ist eine gekürzte und redaktionell bearbeitete Version.  

Sendung: Radioeins, 23.05.2020, 18 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Schön, dass es den ARD-Text gibt. Ich lese regelmäßig sehr gerne. Man wird einfach nur informiert, da braucht es keine Diskussion. Für den, der diskutieren möchte, gibt es genug andrere Möglichkeiten.

  2. 5.

    Twitter, wo JEDER frei seine Meinung äußern und mitdiskutieren kann mit Teletext zu vergleichen wo ausgesuchte, handverlesene und aufberietete, für den Leser eingeordnete Informationen Widerspruchslos bei ihm "abgekippt" werden, ist schon ziemlich vermessen.

  3. 4.

    Herzlichen Glückwunsch, und weiter so. Habe mich damals immer auf die Sendeoausen gefreut wenn der TeleText kam. Zu DDR-Zeiten hat man ja (zum Anfang) keine Möglichkeit gehabt den richtigen Text zu lesen. Kann mich noch erinnern, dass der Wechsel der Seiten zu schnell eingestellt war. Heute lese ich den Text um mich schnell zu informieren was in der Welt so los ist. Für mich relevant: Seite 100 bis 169, 190-199. Und dann die 300er und Seiten mit Aktionen wie jetzt z.B. das Spezial über 40 Jahre TeleText. Auf die weiteren vierzig Jahre.

  4. 3.

    Was kostet die Spielerei? Dafür brauchen sie die GEZ Gebühren nicht ausgeben.

  5. 2.

    Weder damals noch heute je benutzt um an Informationen zu kommen. Überflüssige Spielerei, vor allem heute in den Zeiten des Internets.

  6. 1.

    Den Vidoetext nutze ich auch sher gerne und er ist hilfreich.

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