Computerspiele - Warum es auf Minecraft jetzt echte Gottesdienste gibt

Sa 30.05.20 | 22:16 Uhr | Von Marcus Latton
Screenshot Minecraft-Gottesdienst (Quelle: Bibelanstalt Canstein)
Audio: rbb Kultur | 29.05.2020 | Marcus Latton | Bild: Bibelanstalt Canstein

Facebook und Youtube sind nicht genug: Die Evangelische Landeskirche dringt mit ihren Online-Gottesdiensten jetzt auch in die Welt der Spieler. Minecraft hat weltweit Millionen davon – vor allem junge. Von Marcus Latton

Für Corona-Zuhausebleiber sind Computerspiele derzeit einer der liebsten Zeitvertreibe. Online-Plattformen verzeichnen Rekordzugriffe und Nutzerzahlen, gezockt wird rund um die Uhr. Das meistverkaufte Computerspiel der Welt ist Minecraft - eine offene Welt und dem Online-Massenspielermodus. Wie würde es aussehen, wenn man virtuell einen Gottesdienst nachstellen würden? Vor allem jetzt, wo die Sonntagsgottesdienste nur unter Auflagen stattfinden können?

Seit 2009 wurde Minecraft weltweit mehr als 200 Millionen Mal verkauft, es gilt als eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten. Die Spieler bauen mit würfelartigen Blöcken eigene 3D-Welten, sammeln Ressourcen und kämpfen gegen Monster: Sie können online zusammen mit Freunden oder Fremden spielen und dabei chatten. Eine Freiheit, die kreativ macht: Die Gamer haben schon Minecraft-Hochzeiten gefeiert und Geburtstagsfeiern organisiert.

Gebete in einem virtuellen Jerusalem

Gottesdienste sind im Minecraft-Universum noch eine Nische, die am Pfingstsonntag von der Cansteinsche Bibelanstalt zusammen mit der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, kurz EKBO, besetzt wird. Gemeinsam laden sie um 11 Uhr zu einer Minecraft-Feier ein. "Minecraft ist eine Erfahrungswelt von Kindern und Jugendlichen heute", sagt Mareike Witt, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Cansteinschen Bibelanstalt. "Uns ist es wichtig, in diesen Erfahrungsräumen Angebote zu schaffen."“

Bereits für zum Ostersonntag hatte die Bibelgesellschaft einen eigenen Minecraft-Server eingerichtet. Die Spieler konnten durch ein virtuelles Jerusalem aus biblischen Zeiten laufen, lernten dabei etwas über den Leidensweg der Kreuzigung und tippten in einer Minecraft-Kirche per Chat Gebete und Fürbitten. 400 Teilnehmer machten mit, aus ganz Deutschland. Die meisten von ihnen schauten allerdings per Stream zu. "Es gab sehr viele positive Rückmeldungen, zum Teil auch sehr rührende, zum Beispiel dass es trotz Corona wie ein echtes Gottesdiensterlebnis ist", so Witt. "Und für die Jugendlichen ist es sowieso ihre Welt."

Online-Gottesdienste für einen neuen Lebensstil

Livestreams von Gottesdiensten und Fernsehübertragungen gab es seit Ausbruch der Corona-Pandemie einige. Die Internet-Angebote der Kirchen kommen in Coronazeiten gut an bei den Gläubigen, sagt Andreas Erdmann, Landes-Online-Pfarrer der EKBO: "Ich habe heute erst wieder mit einer gesprochen, die sagte, sie habe richtig Angst davor, dass alles wieder normal wird." Viele junge Christen möchten nicht mehr in Gottesdiensten sitzen, aus denen sie nicht so schnell raus können. Wahlfreiheit bei der Auswahl der geistlichen Angebote sei ihnen wichtig.

Erdmann sagt, er habe durch die zustimmenden Rückmeldungen auch noch etwas anderes mitbekommen: "Viele Christen hätten den Eindruck, klassische Kirchenevents wie Gottesdienste und Gemeindeversammlungen würden nicht mehr zu ihrem Lebensstil passen."

Der nächste Minecraft-Gottesdienst von Bibelgesellschaft und EKBO findet am Pfingstsonntag statt. Wer keinen Minecraft-Account hat, kann auch auf den Plattformen Youtube und Twitch zuschauen. Für alle anderen wird gelten: Häuser bauen, Welten erkunden, mit Gemeindemitgliedern chatten.

Das war der Minecraft-Ostergottesdienst

Sendung: rbb Kultur, 29.05.2020, 19:04 Uhr

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