Afrikanische Schweinepest - Jäger kritisieren Qualität der Wildschweinzäune

Mi 23.09.20 | 22:07 Uhr
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Der Elektrozaun um das Kerngebiet, nahe dem Fundort eines mit ASP infizierten Wildschweins
Video: Brandenburg aktuell | 23.09.2020 | Carsten Krippahl | Bild: dpa/Bernd Settnik

Wildschweinzäune ohne feste Verankerung im Boden und ohne Strom: Wirklich glücklich sind Brandenburger Jäher und Landwirte mit den bisher aufgestellten Sperren im Kampf gegen die Ausbreitung der Schweinepest nicht. Nun will das Land nachsteuern.

In Brandenburg häuft sich die Kritik an den Maßnahmen von Landkreisen und Landesregierung gegen die Ausbreitung der Schweinepest. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Brandenburger Landesjagdverbandes, bezeichnete die eilig aufgebauten Schutzzäune bei einem Besuch der Schweinepest-Kernzone als unzureichend.

In einem Video, das am Mittwoch auf Facebook veröffentlicht wurde, kritisiert Wellershoff, dass lange Abschnitte des von ihm begutachteten Zauns nicht unter Strom standen. Zudem seien die Zäune durchlässig und nicht stabil. "Ich bin von unseren Behörden dramatisch enttäuscht und fordere sofortige Nachbesserungen", sagte er.

Nonnemacher kritisiert Zaunbau durch Landkreise

Brandenburgs Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Grüne) räumte auf Nachfrage des rbb Probleme ein. "Das ist natürlich völlig kontraproduktiv. Der Zaun muss funktionieren." Der Landesbetrieb Forst habe am Mittwoch mit dem Aufbau fester Zäune an der Neiße begonnen. Die Auftragsvergabe durch die Landkreise habe "nicht so richtig gut funktioniert", so Nonnemacher.

Mittlerweiler gibt es laut Bundesagrarministerium 29 bestätigte Fälle der Tierseuche bei Wildschweinen. Die Fundorte lagen alle innerhalb des gefährdeten Gebietes im Landkreis Spree-Neiße. Hausschweine in Deutschland seien demnach noch nicht betroffen gewesen.

Bauern warten auf verbesserte Zäune

"Wir warten ungeduldig auf den festen Zaun", sagte Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes,. Landwirte und Jäger hatten in den vergangenen Tagen nachdrücklich gefordert, beim Zaunbau mehr aufs Tempo zu drücken, um infizierte Wildschweine von Ställen fern zu halten.

Mobile Zäune werden als nicht ausreichend angesehen. Bei der nächsten Sitzung des Landeskrisenstabes am kommenden Freitag wollen die Verbände einen Katalog mit aus ihrer Sicht bislang unbeantworteten Fragen übergeben. "Es geht uns vorrangig um ein abgestimmtes Verhalten aller Beteiligten: von Land und den betroffenen Landkreisen", so Wendorff.

Hubschrauber, Wärmebildkameras, Drohnen, Hunde

Laut Nonnemacher werde auch über das Kerngebiet hinaus nach infizierten Kadavern gesucht. Solange weitere Funde auftreten, ändere sich nichts an der Lage. Derzeit sind in dem betroffenen Gebiet Hubschrauber mit Wärmebildkameras und Drohnen im Einsatz. Zudem sind geschulte Suchtrupps und Hundestaffeln aus Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz auf Kadaversuche unterwegs.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) unterstützt einen geplanten festen Zaun zu Polen, warnt aber vor zu hohen Erwartungen. "Ein Zaun kann helfen", sagte sie. Er sei ein Baustein der Vorbeugung, aber keine Garantie. "Deshalb ist es so wichtig, dass die Länder weitere wirksame Maßnahmen ergreifen".

Für die Finanzierung und Sicherung von Zäunen seien die Länder zuständig - möglich, so Klöckner, sei auch eine solidarische Finanzierung durch die Gesamtheit der Länder gemäß einem bestehenden Schlüssel. Die für Menschen ungefährliche Tierseuche ist auch Thema beim Treffen der Länder-Agrarminister an diesem Donnerstag und Freitag im Saarland.

Neue technische Einsatzleitung in Eisenhüttenstadt

In Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) soll nun eine technische Einsatzleitung eingrichtet werden. Die Einsatzleitung soll im Auftrag des Krisenstabes Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der Tierseuche vor Ort umsetzen. Damit soll auch die Zusammenarbeit von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Polizei, Veterinären und Verbänden verbessert werden.

7 Kommentare

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  1. 7.

    Jeder Bauer der seine Ernte vor Wildschweinrotten schützt oder besser versucht zu schützen, hätte im Vorfeld bereits mitteilen können dass Elektrozäune kein wirksamer Schutz sind. Ein kurzes Quicken und die Schweine sind durch. Aber man muss anscheinend teure Berater mit Diplom oder ähnliches beauftragen, die dann völlig erstaunt sind wenn es nicht so klappt wie sie denken.

  2. 6.

    Nein, leider nicht. Weil inzwischen an (fast) allen entscheidenden Positionen Bedenkenträger sitzen. Meist Juristen oder BWLer , die im wahren Leben nichts geworden sind und sich in in ""Politik" gerettet haben. Und Juristen wissen meist alles, die brauchen Berater nur zum Abwälzen der Verantwortung wenn's wieder mal nicht lief!!!

  3. 5.

    Haben sich schon Aktivist*Innen über die inflationäre Verwendung des diskriminierenden Begriffs "Afrikanische Schweinepest" beschwert und Vorschläge für eine diskriminierungsfreie Umbenennung unterbreitet???

  4. 4.

    Können denn Herr Wellershoff und seine Jäger denn nicht mithelfen, dass die mobilen Zäune intakt sind? Man hört, oft würden sie von Menschen beschädig oder zerstört und die Spannungsgeber würden gestohlen. Wer macht so etwas?

  5. 3.

    In Dänemark haben angeblich die Schweinebauern zur Hälfte die Kosten von 6 Millionen Euro für den dortigen Zaun an der Grenze übernommen. Wahrscheinlich waren sie auch an der Planung beteiligt. @rbb Welche Erfahrungen wurden dort in den letzten 11 Monaten gemacht, seitdem der Zaun steht? Die Bauzeit betrug dort für ein kürzeres Stück ca. 10 Monate - nach Baubeginn ;) Dort wurde nach einem Beschluss 2018 im Januar 2019 mit dem Bau begonnen.
    www.tagesschau.de/ausland/wildschweinzaun-105.html
    www.tagesschau.de/multimedia/video/video-628777.html

  6. 2.

    Die im rbb-Fernsehen seit Tagen omnipräsente Frau Nonnemacher hat gestern abend sehr anschaulich demonstriert, dass sie mit der Lage völlig überfordert ist und ihre bisherigen Maßnahmen(Plastikzäune gegen Wildschweinrotten) sinnlos herausgeworfenes Geld waren. Sie wurde sicherlich falsche beraten, doch die Verantwortung trägt sie.
    Konsequenzen wird das, wie auch bei anderen schief gelaufenen Dingen in Brandenburg, für sie sicherlich nicht haben.

  7. 1.

    Unsere Landesregierung ist gegen jedwede Kritik immun. Als es vor Monaten um den Zaun an der polnischen Grenze ging und Kritik laut wurde, haben sie trotzdem diesen „elektrischen Maschendraht „ aufstellen lassen. Nun hat uns die ASP erreicht und das Gestümpere geht weiter. Labile Zäune, Betroffene werden nicht oder zu wenig Integriert und die Meinung der Fachleute, und da meine ich richtige Fachleute, werden wenig, gar nicht oder zu spät berücksichtigt. Am Schluss sind nicht die Beamten betroffen sondern die Betriebe der Schweinehalter. Können wir in Deutschland wirklich nichts mehr richtig anpacken und es gemeinsam lösen????

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