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Quelle: dpa/Jamie Grill

Datenschutz bei Lernsoftware

Grundschule in Lichtenberg stellt digitalen Unterricht vorerst ein

Eine Berliner Grundschule hat den digitalen Unterricht sicherheitshalber komplett eingestellt, auch für Schüler in Quarantäne. Auslöser war eine Rüge durch die Datenschutzbeauftragte. Die sieht Probleme bei der Nutzung von Anwendungen. Von Vanessa Klüber

Eine Grundschule in Berlin-Lichtenberg hat digitalen Schulunterricht komplett eingestellt - obwohl sich aktuell zwei Klassen in Quarantäne befinden. Die Kinder werden mit Kopien und anderen analogen Lernmitteln versorgt. "Es gibt keine Rechtssicherheit, die uns besagt: Das dürfen Sie nutzen", begründet die Direktorin der Grundschule* gegenüber rbb|24 das Vorgehen. Damit bezieht sie sich auf digitale Anwendungen - Lernplattformen oder Videokonferenz-Tools für den Schulunterricht. "Den digitalen Schulunterricht haben wir erstmal auf Eis gelegt - solange wir nicht Schwarz auf Weiß haben, womit wir wirklich arbeiten können."

Schule sucht nach geeigneten digitalen Anwendungen

Mit dem Corona-Lockdown im März erstellt die Schule nach eigenen Angaben ein Medienkonzept; auch in der unterrichtsfreien Zeit wird daran gearbeitet, Schülerinnen und Schüler aus der Ferne zu Hause unterrichten zu können. Bei der Recherche nach Lerntools stößt die Schule auf die Anwendung "Lernraum Berlin" [lernraum.berlin.de] - eine Anwendung, die die Senatsverwaltung für Bildung kostenfrei zur Verfügung stellt und die Vermittlung von Lerninhalten ermöglichen soll.

Die Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, Maja Smoltczyk, empfiehlt "Lernraum Berlin" jedoch nicht, sondern äußert Bedenken, wie der "Tagesspiegel" im Frühjahr berichtete. Bis heute gibt es keine Empfehlung durch die Datenschutzbeauftragte für dieses Lerntool.

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Die Grundschule schaut sich also weiter um und kommt auf "Padlet", eine Art digitale Pinnwand, und "Microsoft Teams", ein Videokonferenz-Tool, sie verschickt Einverständniserklärungen zur Nutzung an die Eltern - und handelt sich damit Probleme ein: Ein Elternteil beschwert sich, schaltet die Datenschutzbeauftragte ein. Daraufhin erhält die Grundschule eine Verwarnung - wegen "datenschutzwidriger Nutzung der Software", wie die Datenschutzbeauftragte rbb|24 am Dienstag mitteilt, und weil die Einwilligungserklärungen, die die Eltern ausfüllen müssen, nicht korrekt gewesen sein sollen. Ein entsprechendes Schreiben der Datenschutzbeauftragten liegt rbb|24 vor.

Eine weitere Anwendung - jedoch mit Hürden für die Schule

Statt "Teams" oder "Padlet" empfiehlt die Datenschutzbeauftragte: "Ein besonders für die schulische Nutzung geeignetes Angebot ist die Open Source Software 'Big Blue Button'. Sie kann entweder selbst betrieben oder als Auftragsverarbeitung durch verschiedene Anbieter bezogen werden."

Doch dafür benötigt die Schule einen eigenen Server. Der wurde laut Schulleiterin im März bestellt. Im Dezember soll er endlich geliefert werden - und müsste dann noch eingerichtet werden.

Schule benötigt weitere Tablets

Auch auf Tablets wartet die Schule noch, damit alle Beteiligten keine privaten Geräte mehr nutzen müssen. Denn durch die Nutzung privater Handys und Tablets entstehen weitere Sicherheitslücken – außerdem besitzen nicht alle Familien eigene Geräte.

"Berlin beschafft gerade allen Lehrkräften gesicherte Dienst-E-Mails und zudem digitale Dienstendgeräte", betont die Senatsverwaltung für Bildung am Dienstag gegenüber rbb|24. Mit der Datenschutzbeauftragten sei die Senatsverwaltung im Gespräch, und dass eine Schule den digitalen Unterricht einstellt, sei ein Einzelfall - der Schulaufsichtsbehörde sei kein weiterer solcher Fall bekannt.

Elternsprecher verärgert

Einer der Elternsprecher der Schule zeigt sich gegenüber rbb|24 verärgert über die Situation. Seit dem ersten Lockdown im März habe "sich in der Politik niemand darum gekümmert, dass das ganze digitale Lernen datenschutzrechtlich auf sicheren Füßen steht", kritisiert er. Die Eltern seien sauer und enttäuscht, weil sich die Lehrkräfte Mühe gegeben hätten, "um den Kindern ein sicheres, digitales Lernen im Falle eines Lockdowns oder einer Schulschließung ermöglichen zu können".

Schüler sollen Lehrer nicht mehr anrufen

Die Grundschule in Lichtenberg geht indes so weit, dass sie die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Eltern beziehungsweise Schülern noch vorsichtiger angeht. Nicht nur der digitale Unterricht sei erstmal auf Eis gelegt, sagt die Direktorin, sondern "auch das Telefonieren mit privaten Endgeräten".

Brandbriefe an den Regierenden Bürgermeister, die Berliner Bildungssenatorin und die Bundesbildungsministerin seien geschrieben. Die Schule will nun abwarten, bis sich eine politische Lösung für ihr Problem ergibt.

*rbb|24 nennt den Namen der Schule und der Beteiligten nicht, um die Schülerinnen und Schüler zu schützen

Beitrag von Vanessa Klüber

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