Podcast-Serie: "Wer hat Burak erschossen?" - "Wir brauchen die Tatwaffe und ein glaubhaftes Geständnis"

2012 wurde Burak Bektaş in Neukölln auf offener Straße erschossen. In der neu aufgelegten rbb-Podcast-Serie zum Fall äußert sich nun erstmals der zuständige Staatsanwalt. Trotz schwieriger Ermittlungslage gibt er die Hoffnung nicht auf. Von Philip Meinhold
Es ist einer der bekanntesten ungelösten Mordfälle Berlins: Im April 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektaş in Berlin-Neukölln von einem Unbekannten erschossen. Der Täter ist bis heute nicht gefunden.
Viele Hoffnungen, den Fall noch zu lösen, macht sich auch Dieter Horstmann nicht, in seinem kleinen Büro in der zweiten Etage des Kriminalgerichts Moabit. "Wenn wir tatsächlich noch jemanden für diese Tat verurteilen wollen, dann brauchen wir aus meiner Sicht die Tatwaffe und ein glaubhaftes Geständnis", erklärt der Staatsanwalt. Selbst die Waffe allein würde als Tatnachweis vermutlich nicht genügen. Diese beiden Punkte zielgerichtet durch Polizeiarbeit aufzuklären – dafür sehe er im Moment allerdings schwarz.
Sein derzeit ältester ungeklärter Fall
Horstmann ist ein in spektakulären Fallen erfahrener Staatsanwalt. Er brachte bereits den aufsehenerregenden Mord an der Berliner Pferdewirtin Christin R. zur Anklage. Seit zehn Jahren ist er bei der Berliner Staatsanwaltschaft für solch schwerwiegende Delikte zuständig. Der Mord an Bektaş ist sein derzeit ältester ungeklärter Fall. Schwierig seien die Ermittlungen vor allem, weil es keine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer gebe. Auch die Spurenlage sei "ausgesprochen mager".
Rassistisches Motiv möglich
Es ist die Nacht zum 5. April 2012, als der 22-jährige Burak zusammen mit vier Freunden in der Rudower Straße im Süden Neuköllns vor einem Wohnhaus steht. Sie trinken Wodka Energy und unterhalten sich, als plötzlich ein Unbekannter auftaucht und auf sie schießt. Zwei der jungen Männer werden lebensgefährlich verletzt, Burak stirbt. Der Täter kann unerkannt entkommen.
Da alle fünf jungen Männer einen Migrationshintergrund haben und kein anderes Motiv erkennbar ist, wurde von Anfang an auch über einen rassistischen Tathintergrund spekuliert. Auch Horstmann hält dies für möglich: "Nach dem Ablauf ist das gar nicht so fernliegend." Die Vorwürfe, dass die Polizei nicht genug in diese Richtung ermittelt habe, weist er allerdings zurück. Denn die Vermutung allein helfe ermittlungstechnisch nicht weiter: "Ich kann nicht sagen: In Berlin haben wir drei Rassisten, einer von den dreien wird's wohl gewesen sein."
Zwei Morde, ein Täter?
Auch einem Zusammenhang mit dem Mord an dem 31-jährigen Briten Luke Holland sind die Ermittler nachgegangen. Holland war am 20. September 2015 ebenfalls in Neukölln erschossen worden. Die Tat weist einige Ähnlichkeiten zum Mord an Bektaş auf. In diesem Fall wurde der Täter – der damals 62-jährige Rolf Z. – allerdings festgenommen und zu elf Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt.
"Ich kann nicht ausschließen, dass Rolf Z. derjenige ist, der Burak Bektaş erschossen hat. Aber ich kann es ihm nicht beweisen", sagt Dieter Horstmann. Z. rede nicht mit der Polizei. Die Tatwaffe sei bei einer Hausdurchsuchung nicht gefunden worden, ebenso wenig wie andere Dinge, die auf den Fall Bektaş hinweisen würden. Damit seien die Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft.
Für Horstmann selbst würde Z. vom Typ her aber gut passen: "Ich habe mir den immer als so einen älteren, verbiesterten, möglicherweise rechtsradikalen oder ausländerfeindlichen Mann vorgestellt, ohne das konkret belegen zu können. Das war so meine Vorstellung vom Täter, und da hätte Rolf Z. wunderbar reingepasst."
Und wie kann der Fall doch noch geklärt werden? Ganz aufgeben will Staatsanwalt Horstmann die Hoffnung nicht: "Da muss der berühmte Kommissar Zufall helfen."
Sendung: rbbKultur, 04.12.2020, 18:10 Uhr