Interview | Meteorologe über Polarwirbel-Split - "Das ganze Wettersystem ist quasi gestört"

Der Polarwirbel-Split bringt am Wochenende Schnee und eisigen Wind nach Berlin und Brandenburg. Meteorologe Rainer Buchhop erklärt im Interview, was über das Wetterphänomen bekannt ist - und warum es eine besonder Verbindung zu Berlin hat.
rbb|24: Herr Buchhop - Neuschnee, Dauerfrost und eisige Sturmböen sind für das Wochenende vorhergesagt. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Polarwirbel-Split?
Rainer Buchhhop: Der Polarwirbel-Split am Nordpol löst aus, dass über Deutschland tropische Luftmassen aus dem Süden auf arktische Luftmassen aus dem Norden aufeinandertreffen. Der normal abgeschlossene Wirbel rund um den Pol ist aufgespalten. Das ganze Wettersystem ist dadurch quasi gestört, andere Wetterlagen bilden sich heraus. Es gibt mehr Nord-Süd-Bewegung.
Wodurch entsteht diese Grenzwetterlage genau?
Von der iberischen Halbinsel kommen warme Luftmassen, sie bewirken Föhnwinde an den Alpen. Aus Norden kommen arktische Luftmassen. Die prallen über Deutschland zusammen. Es handelt sich um eine sehr extreme Konstellation, die alle zehn bis 20 Jahre mal auftritt.
Wodurch entsteht ein Polarwirbel-Split?
Das ist gar nicht so einfach zu erklären - es spielen da verschiedenste Aspekte eine Rolle. Es gibt auch nicht den einen Grund. Die Wissenschaft hat bisher abschließend auch gar nicht alle Fragen geklärt. Die Kausalkette ist nicht endgültig beschrieben. Normal kühlt die Stratosphäre im Winter mehr und mehr aus. Der Berliner Meteorologe Richard Scherhag von der Freien Universität hat in den 1950er Jahren aber entdeckt, dass sich die Luft dort auch schlagartig erwärmen kann - um 30 bis 50 Grad Celsius. Dieses sogenannte "Berliner Phänomen" ist oft verbunden mit einer Änderung der Wetterlage und mit dem Aufsplitten des Polarwirbels.
Wie oft kommt solch ein Polarwirbel-Split vor?
Zur Aufsplittung kommt es öfter mal. Sie fällt aber nicht immer so drastisch aus wie jetzt. 2010 hatten wir zuletzt einen solchen Split. Es fiel damals viel Schnee, eine Grenzwetterlage hatten wir damals aber nicht.
Worauf müssen sich die Menschen in der Region am Wochenende einstellen?
Es wird frostig kalt - hinzukommt eisiger Ostwind. Die gefühlten Temperaturen werden am Sonntag und Montag bei -15 bis -18 Grad Celsius liegen. Wir erwarten stellenweise 10 bis 20 Zentimeter Neuschnee, los geht es in der Nacht zum Sonntag. Heftiger wird es nach derzeitigen Berechnungen aber weiter westlich, beispielsweise im Münsterland und rund um den Harz. Besserung wird es frühestens am Dienstag geben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Philipp Rother.
Sendung: Brandenburg aktuell, 05.02.2021
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