Mord an Berliner Bauunternehmer - Angeklagter nach zehn Monaten U-Haft freigesprochen

Fr 16.04.21 | 16:59 Uhr
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Der Eingangsbereich des Berliner Landgerichts in der Littenstraße im Bezirk Mitte (Quelle: DPA/Wolfgang Kumm)
Bild: DPA/Wolfgang Kumm

Im Prozess um einen Mord vor 23 Jahren hat das Berliner Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Für das Urteil hatte ausgerechnet der Mann gesorgt, der als Hauptbelastungszeuge galt. Er hatte in seiner Aussage vor Gericht zugegeben, dass er der Täter sei. Nach fast zehn Monaten Untersuchungshaft wurde der unschuldige Angeklagte am Freitag auf Kosten der Landeskasse freigesprochen. Der 59-Jährige sei für die erlittene Haft zu entschädigen, so das Gericht.

Mord an Berliner Bauunternehmer

"Auch ich mit fast 30-jähriger Berufserfahrung habe einen solchen Verfahrensverlauf noch nicht erlebt", sagte der Vorsitzende Richter. Es tue der Strafkammer leid, dass der 59-Jährige fast zehn Monate seines Lebens verloren habe. Die neue Aussage des 45-jährigen Mannes seien für den Angeklagten ein großes Glück. Aber ohnehin seien vom Gericht für die Befragung des 45-Jährigen zwei Psychiater bestellt worden, die den Mann begutachten sollten.

In dem Mordfall geht es um den Tod eines Berliner Bauunternehmers. Der 41-Jährige befand sich nach Renovierungsarbeiten im Badezimmer seines Büros in Berlin-Moabit, als er am 3. März 1998 erschossen wurde. Drei Kugeln trafen den Unternehmer in Rücken und Kopf.

Für 770 Euro erschossen

Der 59-jährige Angeklagte und der angebliche Zeuge, die beide aus Moldawien stammen, waren laut Ermittlungen als Bauhelfer für das Opfer tätig. Der Täter soll mit einer Pistole bewaffnet im Büro erschienen sein und den Mann für einen Lohn von 1500 DM (knapp 770 Euro) erschossen haben. Ein anderer Bauunternehmer habe den Auftrag erteilt. Hintergrund seien finanzielle Streitigkeiten gewesen.

Jahrelang tappte die Polizei im Dunkeln. Die Ermittlungen liefen 2017 neu an, nachdem der 45-Jährige, der zuletzt in Großbritannien lebte, als Zeuge aussagte. Er soll bei der Berliner Polizei zu Protokoll gegeben haben, sein damaliger Kollege habe ihm gegenüber die Schüsse gestanden. Der 59-Jährige wurde schließlich in Italien festgenommen, wo er mit seiner Familie lebt. "Ich werde versuchen, alles zu vergessen - wie einen schrecklichen Traum", sagte er nach dem dreimonatigen Prozess. Sein Ex-Kollege war am 14. April nach seinem Geständnis im Gerichtssaal festgenommen worden.

Sendung: Inforadio, 16.04.2021, 16:00 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Ja, das ist richtig. Der 59 jährige war Beschuldigter ( also noch nicht Angeklagter! Achtung großer wichtiger Unterschied!! ...diesen Status hat man wenn die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, das Beweissicherungsverfahren also noch nicht abgeschlossen ist... Stichwort Unschuldsvermutung!! ) und der 45 jährige ist jetzt ( durch sein Geständnis! ... Beweissicherungsverfahren abgeschlossen da Täter geständig!) angeklagt ( daher jetzt Angeklagter. Die wortwahl ist leider vor Gericht immer extrem wichtig um den Status einer Person richtig im Gesetz verankern zu können. Das ist manchmal schwer zu erklären ich hoffe ich konnte es trotzdem sinnvoll und nachvollziehbar erläutern...

  2. 2.

    Ich bin etwas verwirrt, wie es nun zum Freispruch kam. Zum Schluss steht, dass der 45-jährige ein Geständnis abgelegt hat also ist er der Täter und der 59-jährige wurde nur beschuldigt. Ist das richtig?

  3. 1.

    Zitat:"...nachdem der 45-Jährige, der zuletzt in Großbritannien lebte, als Zeuge aussagte. Er soll bei der Berliner Polizei zu Protokoll gegeben haben, sein damaliger Kollege habe ihm gegenüber die Schüsse gestanden."

    Bei Mord lautet grundsätzlich die Strafe lebenslang. Da fällt die falsche Verdächtigung, Freiheitsberaubung in mittelbarer täterschaft auch nicht mehr wirklich in's Gewicht.

    Alles gute für den nun freigesprochenen.

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