Vielfalt in der Arbeitswelt - So divers ist die Berliner Polizei

Di 18.05.21 | 10:15 Uhr | Von Birgit Raddatz
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Mützen der Berliner Polizei hängen an einer Informationstafel in Berlin vor dem Brandenburger Tor (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
dpa/Kay Nietfeld
Audio: Inforadio | 18.05.2021 | Birgit Raddatz | Bild: dpa/Kay Nietfeld

Die Berliner Polizei hat im vergangenen Jahr rund 30 Prozent Nachwuchskräfte mit Migrationsgeschichte eingestellt. Prozentual gesehen arbeiten außerdem besonders viele Frauen im höheren Dienst. Alles gut also beim Thema Vielfalt? Nicht ganz. Von Birgit Raddatz

Irgendwie ist es leicht, sich Amir Najafi und Resul Kutlu in Uniform vorzustellen. Zum Interviewtermin an einem besonders stürmischen Tag tragen beide Winterjacken mit Felleinsatz und laufen fast im Gleichschritt die Straße entlang. Als ein Polizeiwagen vorbeifährt, schauen beide aufmerksam hinterher. Der 27-jährige Amir Najafi und der 31-jährige Resul Kutlu sind Studenten an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin. Sie wollen Kommissare werden. Amir Najafi träumt irgendwann von einer Leitungsfunktion. "Allerdings braucht man da auch Förderer", sagt der Student - und ein Masterstudium.

Amir Najafi, HWR-Student und angehender Kommissar (Quelle: rbb/Birgit Raddatz)
| Bild: rbb/Birgit Raddatz

Amtssprache Deutsch

Beide bringen schon jetzt beste Voraussetzungen für den Polizeiberuf mit: Sie haben Abitur und bereits ein Studium hinter sich, sind sportlich und sprechen neben Deutsch und Englisch noch je eine weitere Sprache: Bei Amir ist es Persisch, bei Resul Türkisch. Im Berufsalltag, sagt Resul Kutlu, helfe das manchmal sehr. Ein kurzer Wechsel in die Muttersprache, und erhitzte Gemüter beruhigten sich schnell. "Der Blick auf die Polizei ändert sich dadurch, weil die Polizei dann nicht mehr fremd ist, weil der Zugang zur Polizei und eine Person aus den eigenen Reihen da ist."

Resul Kutlu konnte noch von einer Praxis profitieren, die die Polizei mittlerweile wieder abgeschafft hat: Beim Einstellungstest konnte er sich zusätzlich in der türkischen Sprache prüfen lassen. Die Sprache sei zwar ein besonderer Pluspunkt, sagt auch die Leiterin der Berliner Polizeiakademie, Tanja Knapp. Aber einfach nur Dolmetscher*innen für die Straße suche man nicht. "Es geht darum, dass sie genauso teilhaben können. Das ist auch das, was sich viele wünschen: Nicht nur in Anspruch genommen zu werden, damit sie etwas übersetzen, was von den anderen nicht verstanden wird."

Der Eignungstest ist für alle gleich schwer

Der Eignungstest für den Polizeidienst gilt deutschlandweit als hart. Sehr gute Deutschkenntnisse sind zwingend notwendig, dazu kommen verschiedene sportliche Übungen und ein Intelligenztest. Im vergangenen Jahr stellte die Berliner Polizei etwa 360 Menschen mit Migrationsgeschichte ein. Beworben hatten sich über 1.000. Damit steigt zwar statistisch gesehen der Anteil der Menschen in der Polizei mit Migrationsgeschichte - in Berlin liegt er derzeit bei über 30 Prozent.

Trotzdem schneiden offenbar viele dieser Bewerber*innen immer noch schlechter ab. Woran das liegt, kann Sabrina Ellebrecht, Soziologin an der Universität Freiburg, bisher nur vermuten. Sie leitet das Forschungsprojekt "ZuRecht – Die Polizei in der offenen Gesellschaft" [projekt-zurecht.de] und untersucht die Ausbildungssituation der Polizeien deutschlandweit. "Zum einen könnten die Gründe in den Bildungsabschlüssen liegen, das ist aber eher eine Frage von sozialer Ungleichheit und nicht von Herkunft." Zum anderen könne sie sich vorstellen, sagt Ellebrecht, dass diejenigen, die die Bewerber*innen aussuchen, oftmals konservative Vorstellungen davon hätten, wie die Polizei zu sein hat. Ein deutsch klingender Name beispielsweise könnte dazu gehören, genauso wie eine bestimmte Familiengeschichte. Die Frage sei: "Inwieweit wird ein Idealtypus gesucht?"

Resul Kutlu, HWR-Student und angehender Kommissar (Quelle: rbb/Birgit Raddatz)
Bild: rbb/Birgit Raddatz

Viele Frauen in höheren Positionen

Die Angabe nach dem Migrationshintergrund ist für Bewerber*innen freiwillig. Deshalb sind die Zahlen auch nur bedingt aussagekräftig. Andere Diversitäts-Merkmale im Sinne der "Charta der Vielfalt" [charta-der-vielfalt.de] werden aus guten Gründen erst gar nicht bei der Polizei abgefragt: Die politische Weltanschauung etwa oder die sexuelle Orientierung. Beim Geschlecht ist es anders. Insgesamt arbeiten bei der Polizei Berlin rund 30 Prozent Frauen. Im höheren Dienst liegt der Anteil der Frauen sogar mittlerweile bei fast 50 Prozent.

Vanessa Bachmann ist erst 26 Jahre alt und schon Oberkommissarin. Es war schon immer ihr Traum, zur Polizei zu gehen. Mit ihrem Freund, der bei der Berliner Feuerwehr arbeitet, plant sie irgendwann, Kinder zu bekommen. Ihre Karriere möchte sie dafür allerdings nicht zurückstellen. Weibliche Rollenbilder in führenden Positionen helfen hier offensichtlich für ein gewisses Selbstbewusstsein. "Meine ehemalige Leiterin aus dem Führungsdienst arbeitet in Teilzeit, und sie hat auch ein Kind. Es ist also möglich, auch im höheren Dienst Karriere zu machen und nicht kinderlos zu bleiben."

Vanessa Bachmann, Oberkommissarin (Quelle: rbb/Birgit Raddatz)
Bild: rbb/Birgit Raddatz

Diskriminierung von Frauen ist oft subtil

Die Leiterin der Polizeiakademie, Knapp, freuen solche Einstellungen. Sie selbst blieb für ihre Karriere kinderlos und musste sich in 35 Dienstjahren auch ein paar diskriminierende Bemerkungen anhören. "Ich glaube, dass wir hier immer noch auf unsere Sprache achten müssen: Wie sprechen Männer mit Frauen und umgekehrt? Was ist respektvoll, was noch lustig? Eine gewisse Art von Humor wird von Frauen nicht immer geschätzt, da sollte man sehr sensibel sein."

Daniela Klimke, Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen, beobachtet außerdem noch ein anderes Phänomen. Frauen in Führungspositionen müssten sich stärker behaupten. Gelangen sie an die Spitze, dann werde ihnen oft Glück attestiert, während es bei Männern als Leistung ausgelegt werde. "Und wenn dann einige Frauen nach oben gekommen sind, wird das oft so wahrgenommen: Das zeigt, die Türen stehen den Frauen offen, dann können wir uns damit ja zufriedengeben.“

Klimke sagt auch: Ein Mann mit Migrationsgeschichte könnte es perspektivisch schneller in eine Führungsposition schaffen als eine Frau. Auch deshalb ist der Weg der Berliner Polizei, bestimmte Gruppen zu fördern, wohl richtig. Darauf ausruhen sollte sie sich allerdings nicht.

Beitrag von Birgit Raddatz

23 Kommentare

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  1. 23.

    Sie setzen also Diversität am Arbeitsplatz gleich mit "dort arbeiten auch Frauen"? Gendergerechte Sprache wird dem männlichen Paketzusteller, dessen Eltern in der Türkei geboren sind, nämlich nicht explizit gerecht. Aber an ungefähr dieses Beispiel scheinen Sie ja gedacht zu haben, als Sie sich auf die verhältnismäßig hohe Diversität im Dienstleistungssektor bezogen. Oder Sie vermischen einfach Themen, nachdem ich mich themenunabhängig am lächerlich machen gendergerechter Sprache gestört habe...

    Und auch für Satire gibt es einige Kriterien, recherchieren dürfen Sie aber selber (versuchen)...

  2. 22.

    Da kann Berlin wirklich ganz stolz darauf sein! Genau so, wie Daten für eine geplante Verhaftung noch vor Bekanntgabe an die Staatsanwaltschaft den Verdächtigen erreichen, so dass dieser sich ins Ausland absetzen konnte.

  3. 21.

    Leider konnte ich bei ihren Beiträgen keinen finden, der sich sachlich mit dem Thema der Diversität als Teil der Identitätstheorie befasst. Als Teil davon sind die gendergerechten Sprach- und Schreibvorschriften die von gewissen Kreisen den Menschen aufoktroyiert werden sollen.
    Dies wurde im Beitrag von "Kritischer Begleiter" ausgezeichnet beschrieben. Danke dafür.
    Sie scheinen nicht verstanden haben um was es eigentlich bei all dem geht. Es geht nur noch um Probleme am Rande wie Gruppenzugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Herkunft. Dafür werden Dinge wie soziale Gerechtigkeit, Wissen, Können in den Hintergrund gerückt. Das ist die eigentliche Intention dieser Identitätstheorie. Aber dazu kein Wort von Ihnen.

  4. 20.

    Das Letztere entscheiden also Sie!!
    Übrigens herrscht aktuell die größte Diversität in Arbeitsbereichen, wo am wenigstens bezahlt wird (Logistik, Dienstleistungen)!! Deshalb sind diese Arbeitnehmer auch so sehr "dankbar", dass sich die zahlreichen Freunde des Genderns zwar aktiv für die Sichtbarmachung ihres Geschlechts in der Sprache stark machen, ihr Einsatz gegen ihre prekäre soziale Lage aber wohl eher nicht so von Interesse ist! Linke Symbolpolitik eben!!!

  5. 19.

    Nun drängt sich mir doch die Frage auf, ob Sie den Artikel verstanden haben. Oder überhaupt gelesen haben...

  6. 18.

    Immer noch viel zu wenige. Hinzu kommt, dass man die deutsche Staatsangehörigkeit braucht. Es sei denn, es ist ein EU Land. Entweder alle oder keiner. Und da EU Staatsbürgerschaften nach einem Gerichtsurteil zugelassen werden mussten, sage ich dann für alle. Soweit ich weiß könnte das theoretisch jedes Bundesland selber entscheiden.

  7. 17.

    Für was halten Sie dann die Kolumne mit der "Satire" von Hengameh Yaghoobifarah über Polizisten als Müll?
    Es ist nun nicht zwingend sich nach diesen albernen Sprachvorschriften zu richten. Dazu kann ich Ihnen das neue Buch von Sarah Wagenknecht empfehlen. Dort ist diese Identitätsideologie und dazu gehört auch dieser Gendersprech, hervorragend kritisch beschrieben. Sie nennt die Menschen, die diesen Irrsinn folgen Lifestyle-Linke. Ich finde eine exakte Beschreibung.

    Was hier bei der Polizei von außen hereingetragen werden soll, ist nichts weiter als diese Identitätsideologie. Und das hat in der Polizei und auch im sonstigen öffentlichen Dienst nichts zu suchen. Es sollte immer noch nach geistiger und körperlicher Eignung gehen und sonst nichts.

  8. 16.

    In der DDR wurden in den 80ern die ersten weiblichen Offiziere ausgebildet - und dann mit Befehl Nr. 41/90 von Eppelmann wurden diese und alle weiblichen NVA-Angehörige entlassen, da die NVA in die Bundeswehr eingegliedert wurde, wo Frauen bis auf paar Ausnahmen nicht erlaubt waren. Erst durch Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2000 kam es dazu dass alle Laufbahnen der Bundeswehr uneingeschränkt für Frauen geöffnet sind.

    Dabei klar, dass Militär und Polizei nicht das selbe. Aber nur mal so zur Verdeutlichung dessen wie "progressiv" die BRD bei solchen Dingen ist - wobei es eben nicht besser wird wenn dann solche Frau als Verteidigungsministerin, welche erstmal Millionen für Berater ausgibt, wohl um sich zu erklären lassen von wo so ein Panzer überall mit was schießen kann (also nicht Problem, dass Frau in solchem Posten, und viele Männer sind auch ahnungslos, aber Frau in solchem Posten, welche sich bißel auskennt, sowas würde eher Akzeptanz schaffen).

  9. 14.

    Danke für Ihre Antwort, mich interessiert der Anteil dieser Gruppe trotzdem, zumal dies schon die Überschrift des Artikels bei mir impliziert.
    Jede Stellenausschreibung in Deutschland wird seit einiger Zeit immer für "m/w/d " gemacht.

  10. 13.

    Dass sowohl Sie als auch Harry aus der Lausitz wenig von gendergerechter Sprache halten, erscheint naheliegend vor dem Hintergrund, welche Kommentare Sie beide hier schon rausgehauen haben. Dennoch handelt es sich bei Harrys Beitrag mitnichten um Satire.

  11. 12.

    Die Berliner Polizei brauch keine diverse Korrektheit die Berliner Polizei braucht die Menschen, die am besten für den Polizeidienst geeignet sind. Es ist völlig egal welches Geschlecht, welchen Migrationshintergrund, welche sexuelle Neigung oder sonst was diverses der Beamte, die Beamtin hat. ich möchte einen qualifizierten Polizisten der seinen schweren Aufgaben gewachsen Die Polizei braucht Beamte die den Menschen in einer Notlage, bei der Aufklärung einer Straftat oder bei der Abwehr von Gefahren am besten hilft.
    Die Polizei braucht keine Quoten nach irgendwelchen sachfremden Erwägungen die Polizei braucht Beamte die den schweren Anforderungen des Berufs am besten gewachsen sind und sonst nichts.

  12. 11.

    Danke für Ihre Antwort, mich interessiert der Anteil dieser Gruppe trotzdem, zumal dies schon die Überschrift des Artikels bei mir impliziert.
    Jede Stellenausschreibung in Deutschland wird seit einiger Zeit immer für "m/w/d " gemacht.

  13. 10.

    Wenn eine Kolumnistin der TAZ die Polizisten als Müll bezeichnet und dann hinterher dieses menschenverachtende Geschreibsel als Satire deklariert ist der kleine Scherz über den Genderismus völlig harmlos. Zumal diese stotternde Kunstsprache und das Sternchengeschreibsel vielen Mensch*innen gehörig auf den Wecker geht.
    Danke Harry für diesen satirischen Beitrag der ein herzliches Lachen hervorrief. Harry hat sich für nichts disqualifiziert im Gegenteil.

  14. 7.

    Frauen sollten nicht arbeiten gehen, sondern vielmehr zu Hause bleiben und sich um die Familie kümmern. Man kann die Verantwortung für seine Kinder nicht einfach an eine Aufbewahrungsanstalt abgeben, sondern hat die Pflicht, sich selber um die Kleinen zu kümmern. Die damalige "Herdprämie" war schon eine sinnvolle Idee.

  15. 6.

    Das bewusst ins Lächerliche ziehen der gendergerechten Sprache disqualifiziert Sie leider für einen sachlichen Diskurs...

  16. 5.

    Da es in der gesamten BRD nur ein paar Tausend Leute gibt, die als Geschlecht divers angeben (bei 83 Millionen Einwohnern), dürfte sich der Anteil jener bei der Berliner Polizei in einer sehr, sehr überschaubaren Anzahl halten.

  17. 4.

    Es ist gut so, daß alle Berwerber*innen eine Change erhalten. So wird auch der breite Querschnitt der Bevölker*innen abgebildet. Es muss aber im Dienst darauf geachtetet werden, daß die Polizist*innen auch sachlich und neutral mit allen Mensch*innen umgehen und nicht bestimmte Leut*innen bevorzugen oder benachteiligen.

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