FAQ Patientenrechte - Welche Rechte habe ich als Patient im Krankenhaus?

Mi 12.05.21 | 07:58 Uhr | Von Wolf Siebert
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Ein Intensivpfleger nimmt auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Berlin einer an Covid-19 erkrankten Patientin Blut ab (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
Audio: Inforadio | 12.05.2021 | Wolf Siebert | Bild: dpa/Kay Nietfeld

Allein im Krankenhausbereich fehlen in Deutschland derzeit mindestens 100.000 Pflegekräfte. Viele Patienten fragen sich, ob sie im Krankenhaus noch gut aufgehoben sind – und welche Rechte sie überhaupt haben. Wolf Siebert beantwortet die wichtigsten Fragen.

Welche Rechte habe ich als Patient oder Patientin überhaupt?

Im Prinzip eine ganze Menge. Im Jahr 2013 wurden in den Paragraphen 630 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) acht Unterpunkte aufgenommen - auf Betreiben der Bundesregierung, die damit auf die gesellschaftliche Debatte über "mündige Patienten" reagierte.

Nach diesen Unterpunkten - von (a) wie "typische Pflichten beim Behandlungsvertrag" bis (h) wie "wer haftet bei Behandlungs- und Aufklärungsfehlern" - habe ich als Patient das Recht, über den anstehenden Eingriff und seine Risiken informiert und aufgeklärt zu werden. Diese Aufklärung muss allgemeinverständlich sein - also kein Fachchinesisch.

Eingriffe in meinen Körper dürfen zudem nur erfolgen, wenn ich eingewilligt habe. Dazu muss ich auch "klar im Kopf" sein, soll heißen: Wenn ich gerade aus einer Narkose erwacht und noch ein bisschen orientierungslos bin, sollte ein Arzt mich nicht um eine Einwilligung für die nächste OP bitten.

Als Patient habe ich das Recht, mir die Dokumentation meiner Behandlung anzuschauen. Das gilt sowohl für die ärztliche als auch für die pflegerische Dokumentation. Hier sollte alles Wichtige drinstehen.

Wenn ich im Krankenhaus liege, habe ich dann auch Anspruch auf eine bestimmte Pflege- oder Betreuungszeit?

Zur Informationspflicht des Arztes und des Krankenhauses gehört bislang nicht die Frage, ob auf meiner Station ausreichend und entsprechend ausgebildetes Pflegepersonal vorhanden ist und welche Pflegeleistungen ich eigentlich erwarten darf.

Einen Anspruch auf eine bestimmte Pflegezeit und auf einen Pflegeschlüssel – also: wie viele Patienten betreut eine Pflegekraft - habe ich grundsätzlich auch nicht. Der Pflegeschlüssel ergibt sich aber aus einer bundesweiten Verordnung, die – aufgegliedert nach Fachabteilungen – Personaluntergrenzen vorgibt. Für die Intensivstation gilt zum Beispiel, dass im Tagdienst eine Pflegekraft um zwei Patienten kümmert, nachts sind es drei Patienten. Für die Kardiologie gilt tagsüber ein Verhältnis 1:10, nachts 1:24.

Kann ich auf eine andere Station verlegt werden, weil auf meiner Station Pflegepersonal fehlt?

Im BGB ist das nicht geregelt, in der Praxis lautet aber die Antwort: Ja. Wenn auf meiner Station die vorgeschriebene Personaluntergrenze nicht eingehalten werden kann, eine Pflegekraft also zu viele Patienten betreuen müsste, dann können Patienten auch auf andere Stationen verlegt werden. Dem Krankenhaus drohen ansonsten Abzüge bei der Vergütung.

Ein Intensivpfleger auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Berlin (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
| Bild: dpa/Kay Nietfeld

Was kann ich tun, falls ich Kritik an der Behandlung im Krankenhaus habe?

In manchen Krankenhäusern der Region gibt es einen sogenannten Bezugs- oder Bereichs-Pfleger. Zum Beispiel im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Er oder sie betreut mich von der Aufnahme bis zur Entlassung und ist mein erster Ansprechpartner, auch wenn es um Fragen und Beschwerden geht. Am Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus wird so etwas Ähnliches gerade unter dem Stichwort "Pflegesystem Primärpflege" eingeführt.

In den Krankenhäusern gibt es grundsätzlich ein sogenanntes Beschwerdemanagement, an das ich mich wenden kann. Mehr dazu findet sich in sogenannten Qualitätsberichten, die die Krankenhäuser führen müssen. Hier sollte ich auch wichtige Zahlen finden, zum Beispiel, wie viele Pflegerinnen und Pfleger insgesamt in meinem Krankenhaus beschäftigt sind. Kritiker wie die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisieren, dass diese Berichte häufig zu wenig Transparenz schaffen, ich mir als Patient letztlich doch kein wirkliches Bild machen kann.

In vielen Krankenhäusern gibt es inzwischen auch sogenannte Patientenfürsprecher. Sie sind ehrenamtlich und unabhängig. Bei Kritik kann ich mich an sie wenden.

Und wenn ich Kritik an der Behandlung des Arztes habe?

Mein behandelnder Arzt ist zu einem Gespräch verpflichtet. Bringt das nichts, kann ich mich an meine Krankenkasse wenden – kostenlos. Meine Kasse kann dann beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ein kostenloses Gutachten beantragen. Unterstützung kann ich mir auch bei den Patientenbeauftragten der Länder holen, bei der Verbraucherzentrale und bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. In Brandenburg gibt es zudem eine Koordinierungsstelle zur Stärkung der Patientenrechte.

Was müsste passieren, um die Patientenrechte zu stärken - aber auch um Pflegekräfte vor Überlastung besser zu schützen?

Es müsste ausreichend Pflegepersonal geben. Es sollte zu den Patientenrechten gehören, fordert der Deutsche Pflegerat, dass auf jeder Station so viel Pflegepersonal vorhanden ist, dass die Patienten die bestmögliche Versorgung bekommen. Und die Pflegenden auch die Möglichkeit haben, sich beruflich weiterzubilden.

Zurzeit fehlen rund 100.000 pflegende Menschen allein im Krankenhausbereich, so lauten übereinstimmende Schätzungen vieler Institutionen, wie bespielsweise der Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft oder auch der Böckler-Stiftung. Viele haben den Beruf aufgegeben, andere sind auf halbe Stelle gegangen oder arbeiten in Teilzeit.

Der Frust ist groß: schlechte Bezahlung, Dauerstress, ungünstige Schichtmodelle und keine Hoffnung, dass sich das alles bessern wird. Derzeit ist der Markt nämlich wie leergefegt. Und deshalb hilft es auch nur wenig, dass Gesundheitsminister Jens Spahn, CDU, den Krankenhäusern versprochen hat, ihnen jede zusätzliche Pflegekraft zu finanzieren.

In den Krankenhäusern gelten schon lange sogenannte Personaluntergrenzen. Die beruhen aber nicht auf dem, was Krankenhäuser wirklich brauchen, sondern auf gegriffenen Zahlen, kritisieren Patientenschützer. Diese Untergrenzen seien so etwas wie die rote Linie, das absolute Minimum. Würden sie nicht eingehalten, könnte es für die Gesundheit der Patienten gefährlich werden.

Ende 2019 haben deshalb der Pflegerat, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Gewerkschaften ein neues Modell vorgelegt. Das Versprechen: Die Krankenhäuser bekommen das Pflegepersonal, das sie tatsächlich brauchen. Und das müsse auch langfristig finanziert werden. Über dieses Modell ist politisch noch nicht entschieden worden, es wird dann also auf dem Tisch der künftigen Bundesregierung liegen.

Beim Thema "Behandlungsfehler" wird seit mehr als 15 Jahren über einen "Härtefall-Fonds" diskutiert, bisher ohne Ergebnis. Er soll die langfristigen Folgen schwerer Behandlungsfehler ausreichend abfedern. Auch dadurch würden Patientenrechte gestärkt.

Wieviel von meinen Krankenkassenbeiträgen fließt eigentlich in die Krankenhauspflege?

Das scheint die oft zitierte One-Million-Dollar-Frage zu sein. Eine eindeutige Antwort ist in all den Statistiken, Berichten, Untersuchungen schwer zu finden. Und daran gibt es Kritik: Was die Transparenz angeht, sei das Milliardensystem Krankenhaus "eine Wüste", sagt der Deutsche Pflegerat. Und die Stiftung Patientenschutz kritisiert: "Niemand hat Interesse an Transparenz: Krankenkassen, Krankenhausträger und Politik. Es geht um Geld, Einfluss und Macht."

Dabei haben rund 73 Millionen Deutsche, die Mitglied in einer Krankenkasse sind, durchaus Interesse an der Antwort. Denn mit ihren Monatsbeiträgen finanzieren sie den Löwenanteil der Betriebskosten der deutschen Krankenhäuser. Für die stationäre Versorgung wurden 2019 bundesweit 98,8 Milliarden Euro ausgegeben. Die Kosten für Pflegepersonal lagen bei 30,9 Prozent, die für den ärztlichen Dienst bei 32 Prozent.

Ein weiterer Annäherungspunkt an die tatsächlichen Ausgaben für die Pflege ist das sogenannte Pflegebudget. Seit 2019 bekommen die Krankenkassen nicht mehr eine Fallpauschale, in der Behandlungs- und Pflegepersonalkosten zusammen abgedeckt sind. Die Pflegepersonalkosten wurden herausgenommen und werden in einem sogenannten Pflegebudget abgerechnet. Das sind aktuell 16 Milliarden Euro. Das Problem: Darin enthalten sind nur die sogenannten Pflegeleistungen am Bett. Außen vor bleiben die Kosten für die Pflegenden beispielsweise auf Intensivstationen, in Operationssälen und anderen Bereichen.

Sendung: Inforadio, 12.05.2021

Beitrag von Wolf Siebert

6 Kommentare

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  1. 6.

    Rechte ? Überleben in Berliner Krankenhäusern ist nicht selbstverständlich ! Ein Patient liefert sich aus ! An den Kaufmann von der Alles-noch-billiger-Kasse, den Ich-schneid-mir-mal-ne-Zukunft-Arzt, das Pflegen-wird-nicht-anerkannt-Personal, Essen-darf-nichts-kosten-Köche, Hygieniker sind teuer bezahlte Fachkräfte die Niemals Kontakt mit Reinigungsfirmen haben. Alles Lügen ? Gehen Sie mal in die Berliner Kliniken und Pflegeheime die Ich kenne. - Mühe Allein, kann nicht Alle blenden.

  2. 5.

    Rechte kann ich soviel haben wie es irgendwie möglich ist, ob ich diese durchsetzen kann steht auf einem anderen Blatt!
    Als Mensch wird man nicht behandelt, nur als Fall.
    Da müssen die Kosten runter und Pflege ist nicht zum Nulltarif zu haben. Das Ende vom Lied kennt man.
    Gesundheit ist nun einmal eine Ware und es ist besser nicht krank zu werden. Ich würde mich freuen wenn mich jemand vom Gegenteil überzeugen könnte.

  3. 4.

    Tja, lieber Jörg, das ist leichter gesagt als getan...

  4. 3.

    Ist im Moment Mumpitz, das Infektionsschutzgesetz lässt diese Rechte ja gar nicht mehr gelten. Beschwerden kann man sich wohl...

  5. 2.

    Ein recht auf vernünftiges Essen, das auch dabei hilft, gesund zu werden, sollte auch in die Liste aufgenommen werden. Das bisschen zerkochte Gemüse ist ein Witz. Satt wird man im Krankenhaus auch selten. Aber Hauptsache, alles billig.

  6. 1.

    ... vor allem habe ich das Recht ein Mensch unter Menschen zu sein!

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