Kommentar | Solidarität nach UEFA-Verbot - Emotionales Strohfeuer mit Regenbogen-Profilen?
Das Regenbogen-Verbot der UEFA hat eine Welle der Solidarität losgetreten: Das Berliner Olympiastadion leuchtete bunt, im Netz macht man sich für Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit stark. Doch das genügt noch nicht, findet Maria Ossowski.
Da gibt’s nix zu diskutieren: Victor Orbán ist mit seinem Gesetz und seinen Fideszkumpanen ein erzreaktionärer Populist. Ein buntes Münchner Stadion wäre schön gewesen! Shame on you, Uefa.
Trotzdem die Frage: Was bleibt eigentlich von den hunderttausenden Regenbogensolidaritätszeichen in den sozialen Netzwerken, in den Medien? Es ist so leicht, sich in unserem freien Land zu solidarisieren: Regenbogen ums Twitter-Facebook-Instaprofil, in den Whatsapp-Status, schwupps, ich bin auf der richtigen Seite und bekomme Likes von den richtigen Leuten.
Gleichzeitig liegt die Fifa in den letzten Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft in Katar. In Katar ist Homosexualität unter Erwachsenen ein schweres Verbrechen, das mit Gefängnis bestraft wird. Und nicht nur das.
In Katar herrscht offiziell und politisch ein brutales, toxisches Männlichkeitsbild, das Frauen und Homosexuelle unterdrückt. Frauen dürfen nur mit der Erlaubnis des männlichen Vormunds heiraten, im Ausland studieren, etc. Eine Frau ist halb so viel wert wie ein Mann, wenn es um Entschädigungen geht. Homosexuelle wandern in den Knast.
Deshalb ist zu hoffen, dass all die gestrige Energie der Solidarität mit ungarischen Homosexuellen in Bezug auf Katar nochmal vertausendfacht wird. Es müsste ein breites Bündnis aufgeklärter Staaten und Gesellschaften geben, um diese höchst zweifelhaft entstandene, auch klimatisch total absurde WM noch abzusagen oder zu boykottieren.
Wenn diese Energie, die gestern mit allen Solidaritätsselbstvergewisserungen entstand, nicht viel kraftvoller wird in Bezug auf Katar, dann war sie ein emotionales Strohfeuer, dann ist sie ziemlich sinnlos verpufft.
Sendung: Inforadio, 24.06.2021, 10:00 Uhr