Klimaschutz in Brandenburg - Wie aus Landwirten Moorwirte werden könnten

Extremwetter-Ereignisse wie Starkregen und Dürre drängen zum Umdenken im Umgang mit Wasser und Böden. Moore könnten hier eine wichtige Rolle als Puffer spielen. Einige Pioniere machen vor, welches Potential in den nassen Wiesen steckt. Von Stefanie Otto
Der Juli hat es gut gemeint mit den Niederschlägen. Auf Sebastian Petris Flächen steht das Wasser knapp über dem Boden. Dem saftigen Rohrglanzgras, das darauf wächst, macht das nichts aus. Im Gegenteil. Er erwartet eine überdurchschnittlich gute Ernte. Das Gras verkauft er als Spezialheu für Pferde.
Zusammen mit seiner Familie bewirtschaftet Petri 280 Hektar Land im Rhinluch bei Kremmen. Seit vier Jahren wird es nicht mehr trockengelegt, wie es die Bauern hier jahrzehntelang gemacht haben. Damals war das nötig, um auf den Flächen Ackerbau zu betreiben oder Tiere zu halten.
Doch die sogenannte Melioration, das Entwässern durch ein weit verzweigtes Grabensystem, hat die fruchtbaren Moorböden ausgelaugt und absacken lassen. Wo seine Böden noch trockenliegen, kann man das gut sehen.
Der Boden sei stark degradiert, beschreibt er mit einem fast schwarzen Erdklumpen in der Hand. Man sehe keine der fürs Moor typischen Pflanzenreste darin. "Sobald der austrocknet, wird das wie Staub. Und deshalb ist es eben wichtig, die Flächen feucht zu halten."
Vom Klimakiller zum Klimaretter
Dieser Zersetzungsprozess macht das Moor zum Klimakiller. Wenn es austrocknet, entweichen große Mengen CO2 in die Atmosphäre. Mit über sechs Millionen Tonnen Treibhausgasausstoß pro Jahr toppen die trockengelegten Moore sogar den gesamten Verkehr in Brandenburg. Um diese Emissionen zu vermeiden und die Klimaziele zu erreichen, will das Land in den kommenden zehn Jahren 50.000 Hektar Moorflächen wiedervernässen. Eine Herausforderung, vor allem weil die bisherigen Nutzer, die Landwirte, dort nicht wie gewohnt weiter ackern und Tiere halten können.
Sebastian Petri hat schon einige Alternativen parat. Er will zurück zu einer moorschonenden Bewirtschaftung. Dazu wurden die Gräben rund um seine Flächen so umgebaut, dass das Wasser nicht mehr ungehindert abfließen kann. Damit hat er bis in den Sommer hinein genug Wasser für seine Pflanzen. Das Rohrglanzgras wächst hier ganz ohne Dünger und Pestizide. Für die Mahd auf den nassen Wiesen hat er eine Pistenraupe angeschafft und umbauen lassen. Sie fährt auf breiten Ketten und kann dadurch nicht im feuchten Boden einsinken.
Angepasste Wasserbüffel statt anspruchsvoller Milchkühe
Früher hat Petris Familie auch Milchkühe gehalten. Doch die Hochleistungstiere waren nicht geeignet für die feuchten Weiden. Heute haben sie 31 Wasserbüffel - schwarze Rinder mit langen Hörnern - die ganzjährig draußen leben und gern mal nasse Füße kriegen. Beim täglichen Besuch bei der Herde erzählt er, dass er ihr Fleisch eigentlich als Delikatesse an Berliner Restaurants verkaufen will. Doch die Vermarktung sei derzeit noch schwierig, weil es nur einen weit entfernten Schlachthof im Land gebe, der Wasserbüffel annimmt. Also schlachten sie derzeit nur selten ein Tier für den Eigenbedarf. Denn Fleisch aus der Hofschlachtung dürfe bisher noch nicht in den kommerziellen Verkehr gebracht werden.

Noch fehlt es an Wertschöpfung und Wertschätzung
Sebastian Petri ist jung und offen für Experimente. Dank einer speziellen Förderung vom Land kann er sich das leisten. So arbeitet er auch mit Wissenschaftlern zusammen, um den Anbau zu optimieren. Sein Rohrglanzgras dient auch als Versuchsobjekt. Denn aus Moor-Biomasse könnten bald neue Produkte wie Papier, Verpackung, Baustoffe oder Torfersatz hergestellt werden. Rohstoffe wie Plastik und Holz könnten so ersetzt werden. Bis Landwirt Sebastian Petri damit Geld verdienen kann, braucht es jedoch noch Unternehmen, die in die Produktion einsteigen.
Auch von politischer Seite wünscht er sich mehr Anreize für die Umstellung auf eine moorschonende Nutzung. Denn was er hier tue, sei aktiver Klimaschutz und damit eine Leistung für die Gesellschaft, die zum Beispiel von der EU-Agrarpolitik honoriert werden müsste. Dann würden sicher mehr Landwirte ihre Flächen umstellen und als Moorwirte weiterhin von ihrer Arbeit leben können.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 23.07.2021, 19:30 Uhr