Missbrauchsfälle von Münster - Mann aus Schorfheide zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt

Es ist einer der schwersten Fälle von Kindesmissbrauch in den letzten Jahren: Ein Mann aus Münster vergewaltigte seinen Ziehsohn in einer Gartenlaube - und reichte ihn an andere Männer weiter. Dafür muss nun auch ein Täter aus Brandenburg in Haft.
Im Gerichtsverfahren um den Missbrauchskomplex von Münster sind die vier angeklagten Männer am Dienstag zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 29 Fällen muss der Hauptangeklagte für 14 Jahre ins Gefängnis. Für die Zeit danach ordnete das Landgericht Münster für den Mann Sicherungsverwahrung an - wegen Wiederholungsgefahr.
Adrian V. gilt als Schlüsselfigur in dem Prozess mit vier weiteren Angeklagten - darunter auch seine Mutter, die wegen Beihilfe zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Sie stellte ihrem hauptangeklagten Sohn die Gartenlaube in Münster zur Verfügung, in der er und weitere Männer einen heute elfjährigen Jungen vergewaltigten. Was dort geschah, habe die Frau gewusst, so das Gericht. Das Hauptopfer von Adrian V. und den Mittätern ist der Ziehsohn des Hauptangeklagten. Die Ermittlungen ergaben darüber hinaus, dass es noch weitere Missbrauchsopfer gibt.
Mehr als 50 Tatverdächtige identifiziert
Ein Täter aus Brandenburg muss elf Jahre und sechs Monate Haft: Dem 43-Jährigen aus Schorfheide wurden fünf Fälle von Kindesmissbrauch nachgewiesen. Zu zwölf Jahren Gefängnis wurde ein 31-Jähriger aus dem hessischen Staufenberg verurteilt - für sechs Fälle. Zehn Jahre in Haft soll ein 36 Jahre alter Mann aus Hannover für 4 Fälle. Für alle verurteilten Männer ordnete das Gericht Sicherungsverwahrung an - und folgt damit weitestgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube ans Licht. Im Zuge dessen hatte es in mehreren Bundesländern und im Ausland Festnahmen gegeben: Mehr als 50 Tatverdächtige sind identifiziert, von denen derzeit etwa 30 in U-Haft sitzen. Fünf Personen sind bereits verurteilt - darunter ein Täter aus Berlin.
Kinder mit K.o.-Tropfen gefügig gemacht
Zur Begründung seiner Urteile beschrieb der Vorsitzende Richter Matthias Pheiler die zum Teil schweren Missbrauchstaten, verzichtete aber zum Schutz der Opfer auf drastische Details der Vergewaltigungen. Das Gericht spricht von absolut verstörenden Taten. "Das übersteigt alles, was dieser Kammer bislang vorgelegt wurde", sagte Pheiler in der Urteilsbegründung.
Die Taten seien gewohnheitsmäßig und mitleidslos erfolgt. Die Täter hatten sich teils über mehrere Tage in einer Gartenlaube an den Opfern vergangen, sich dabei gefilmt und die kinderpornografischen Aufnahmen im Darknet verbreitet. Die Kinder wurden mithilfe von K.o.-Tropfen gefügig gemacht. Die Videos, die das Gericht als Beweismaterial sichten musste, hätten gewirkt, als sei sexueller Missbrauch "trauriger Alltag" der geschädigten Kinder, sagte der Richter.
Auf den Aufnahmen seien Täter und Opfer zum Teil eindeutig anhand von unverwechselbaren Körpermerkmalen zu erkennen gewesen. Bei den angeklagten Taten handelt es sich nach Einschätzung des Gerichts besonders im Fall des IT-Technikers Adrian V., der im Prozess zu den Vorwürfen schwieg, nur um die Spitze des Eisbergs. Während der Verhandlung sei weiteres Material durch die Polizei entschlüsselt worden.
Haben Sie selbst sexuellen Missbrauch erlebt oder sind Sie aktuell betroffen? Das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch bietet eine erste Anlaufstelle, kostenfrei und anonym: 0800 / 22 55 530 www.hilfetelefon-missbrauch.de (Telefonzeiten: Mo, Mi, Fr 9 bis 14 Uhr und Di, Do 15 bis 20 Uhr).
Sendung: Inforadio, Nachrichten, 06.07.2021, 11 Uhr
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