Verwaltung sitzt in Gebäuden ehemaliger Rüstungsfirma - BER arbeitet NS-Geschichte des Luftfahrtstandorts Berlin-Schönefeld auf

Das Gelände des heutigen BER war während des Zweiten Weltkriegs eine zentrale Produktionsstätte für Kampfflugzeuge. Die hier produzierten Flieger zerstörten Städte in ganz Europa. Dieses dunkle Kapitel hat der BER nun aufarbeiten lassen.
Die Flughafengesellschaft des BER hat die Geschichte seines Standorts in Schönefeld (Dahme-Spreewald) zur Zeit des Nationalsozialismus aufarbeiten lassen. Die Verwaltung des heutigen BER-Flughafens sitzt auf dem Gelände und in Gebäuden der einstigen Henschel Flugzeug-Werke. Sie zählten während der NS-Zeit zu den bedeutendsten Rüstungsfabriken für Kampfflugzeuge und Bomben.
Die Ergebnisse der von Historikerinnen und Historikern hat die Gruppe am Montag als Buch präsentiert. Die Zeit der Henschel Flugzeug-Werke dürfe nicht in Vergessenheit geraten, sagte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. "Mit diesem Buch wollen wir aufklären und erinnern", hieß es weiter.
Hitler und Göring gaben den Anstoß
Mit der Gründung der Flugzeug-Werke stieg der Henschel-Konzern 1933 in den Flugzeugbau ein. Es hatte zuvor vor allem Züge, Lastwagen und Busse gebaut. Wie die Autoren berichten, ergab sich so die Chance, vom Luftrüstungsprogramm der neuen Regierung zu profitieren. Nazi-Diktator Adolf Hitler und sein Luftfahrtminister Hermann Göring unterzeichneten die notwendigen Dokumente für den Bau der Flugzeugfabrik.
Bis zu 13.000 Zwangsarbeiter produzierten Kampfflugzeuge
Im Mai 1935 konnten die ersten Flugzeuge produziert werden, zu Kriegsbeginn 1939 war das Werk vollendet. Die Fabrik wurde allerdings auch danach ausgebaut, da im Laufe des Krieges der Bedarf an Flugzeugen wuchs. Kampfbomber, Schlachtflugzeuge, Bomben - produziert für den Zweiten Weltkrieg, wie es in der Publikation heißt. Es entstanden neue Montagehallen, Luftschutzkeller und auch Barackenlager für Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.
Henschel setzte angesichts des starken Facharbeitermangels mit ungelernten Arbeitskräften zunehmend auf Fließbandproduktion. Zunächst wurden deutsche Arbeitskräfte, ab 1938 nach und nach Fremdarbeiter eingesetzt. Dazu zählten niederländische Zivilarbeiter, aber auch sowjetische, polnische, französische und ukrainische Kriegsgefangene, in den letzten beiden Kriegsjahren auch KZ-Häftlinge. Sie alle leisteten, wie die Historiker betonen, gegen ihren Willen Zwangsarbeit. Bis 1943 wuchs die Belegschaft auf bis zu 13.000 Mitarbeitende an. Zahlreiche Menschen seien an Entkräftung und Krankheiten gestorben.
Mit den in Schönefeld hergestellten Flugzeugtypen und Bomben tötete die Luftwaffe nach Angaben der Autoren Soldaten wie Zivilisten und zerstörte viele Städte wie etwa in Spanien, in den Niederlanden, in England, Polen, auf dem Balkan und in der Sowjetunion.
Viele Gebäude der Henschel-Flugzeug-Werke sind heute noch erhalten. Im Verwaltungsbau sind die Geschäftsführung und verschiedene Bereiche der Flughafengesellschaft untergebracht. Sie zogen nicht zum BER-Terminal um, der Ende Oktober 2020 eröffnet wurde. In Nebengebäuden befinden sich Büros, Werkstätten, Konferenzräume oder die Kantine, die von vielen Mitarbeitenden täglich genutzt werden.
Ausstellung im Schönefelder Verwaltungsgebäude
"Die meisten von uns wissen nur wenig über die damalige Funktion der Gebäude und Anlagen", sagte Lütke Daldrup. Mit dem Buch "Im Dienst des nationalsozialistischen Krieges – Der erste Flugplatz in Schönefeld" von Harald Bodenschatz, Christoph Bernhardt, Stefanie Brünenberg und Andreas Butter wolle man aufklären und ein Signal setzen. Heute stehe der Standort Schönefeld und der Flughafen für ein friedliches Miteinander der Menschen, für Freiheit und Völkerverbundenheit, für Toleranz und Respekt.
Gleichzeitig wurde unter demselben Titel eine Ausstellung im Schönefelder Verwaltungsgebäude der Flughafengesellschaft eröffnet.
Sendung: Inforadio, 16.08.2021, 14:40 Uhr