Zeuthen, Schulzendorf und Eichwalde betroffen - Neue Abflugregel für Easyjet am BER soll Fluglärm reduzieren

Weil Easyjet mehrfach von einer vorgeschriebenen Abflugroute am BER abgewichen ist, gab es in drei Gemeinden unerwarteten Fluglärm. Ob die Routenänderung rechtens ist, wird noch geklärt. Bis dahin soll eine neue Regel den Lärm reduzieren. Von Oliver Soos
89 Mal ist es in der ersten Augusthälfte passiert: Der Wind kommt von Osten, das Flugzeug startet von der Südbahn des BER entsprechend in Richtung Osten, hebt ab, macht einen leichten 15-Grad-Knick nach rechts und fliegt über Zeuthen, Schulzendorf und Eichwalde.
Die Flughafen-Expertin der Brandenburger Linken-Fraktion, Marlen Block, verlangt Aufklärung: "Das Problem ist, dass den Menschen vor Ort etwas anderes versprochen wurde. Die Flugrouten wurden extra so eingerichtet, dass man vor Fluglärm geschützt ist und sie sollten auch eingehalten werden. Nun scheint es aber so zu sein, dass die Airlines selbst entscheiden können, ob sie die Hoffmann-Kurve fliegen oder nicht."
Pilot soll über Verfahren entscheiden
Die Hoffmann-Kurve, benannt nach ihrem Erfinder, dem Eichwalder Privatpiloten Marcel Hoffmann, soll den Flugverkehr von den Gemeinden weglenken. Bei Starts von der Südbahn Richtung Osten müssen die Flugzeuge direkt nach dem Abheben eine scharfe Rechtskurve fliegen.
Laut dem Bundesamt für Flugsicherung gilt diese Regel immer dann, wenn es die technischen Voraussetzungen zulassen. "Wenn die geforderte Steigleistung der Flugzeuge sowie Wind- und Wetterbedingungen nichts Gegenteiliges erfordern, muss aus Lärmschutzgründen die frühe Kurve genutzt werden", heißt es in einer Mitteilung des Bundesamts. Doch es ist gleichzeitig auch klar festgelegt, wer am Ende die Verantwortung trägt: "Allein der Pilot entscheidet, welches Verfahren er fliegt."

Easyjet verweigert Hoffmann-Kurve
Easyjet-Piloten haben sich in den letzten Monaten regelmäßig für den geraderen Abflug mit 15-Grad-Knick entschieden. Die Airline hat generelle Sicherheitsbedenken angemeldet, sagt der Geschäftsführer der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Michael Halberstadt: "Wenn es sehr warm ist und die Flieger viel Gewicht haben, ist es schwieriger, die technischen Bedingungen zu erfüllen. Genau das Problem hat Easyjet angegeben." Generell gilt: je höher die Temperatur, desto geringer die Luftdichte und der Auftrieb an den Tragflächen des Flugzeugs. Bei Urlaubsflügen im Sommer haben die Passagiere häufiger schwere Koffer mit. All das macht es den Piloten schwerer, schnell hochzusteigen. Um aber direkt nach dem Abheben eine scharfe Kurve fliegen zu können, muss das Flugzeug schon nach wenigen Sekunden 150 Meter Höhe erreicht haben.
Ob das aber rechtfertigt, die Hoffmann-Kurve regelmäßig nicht zu fliegen, darüber sollte am Donnerstag ein Experte der Deutschen Flugsicherung aufklären, im Infrastrukturausschuss des Brandenburger Landtags. Doch der Experte musste aus Termingründen absagen, er wolle seine Informationen nachreichen, hieß es. Die Linken-Abgeordnete Marlen Block bleibt skeptisch: "Es stellt sich schon die Frage, warum andere Airlines, die mit den gleichen Maschinen fliegen, die Hoffmann-Kurve bewältigen können und Easyjet nicht."
Mehr Höhe für weniger Lärm
Laut der Flughafengesellschaft wurde im August bei etwa 80 Prozent der Starts in Richtung Osten die Hoffmann-Kurve eingehalten. Für die Geradeausflieger von Easyjet gilt nun eine andere neue Regel. Die Maschinen der Airline dürfen keine so genannten "Intersection Take-Offs" mehr machen, also Abkürzungen in Richtung Mitte der Startbahn nehmen, um Zeit und Kerosin zu sparen. Easyjet muss immer bis zum Anfang der Startbahn rollen, um an einem früheren Punkt der Startbahn abheben zu können. Damit erreichen die Flugzeuge über den Wohngebieten mehr Höhe.
Der Lärm wird dadurch deutlich reduziert, so der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Michael Halberstadt: "Wir haben ausgewertet, dass der Lärmdruck damit um zwei dB abfällt. Zum Vergleich: Im Straßenverkehr bedeutet ein Abfall von drei dB, dass nur noch etwa die Hälfte des Lärms ankommt." Dennoch soll der Lärm nach zwei Flugplanperioden noch einmal neu bewertet werden. Dann könnten sich die Gebiete, in denen die Menschen Anspruch auf Schallschutz haben, ändern, so Halberstadt.
Sendung: Inforadio, 21.08.2021, 08:30 Uhr