88 Schulen bei Musterklage - Freie Schulen klagen auf mehr Förderung durch Land Berlin

Berlins Schulen mit freien Trägern wollen gegen die ihrer Ansicht nach nicht ausreichende Landesförderung juristisch vorgehen. Zusammen soll eine Musterklage angestrengt werden. In Brandenburg waren die freien Schulen damit erfolgreich.
Nach Brandenburg gehen Schulen freier Träger auch in Berlin juristisch gegen die aus ihrer Sicht unzureichende staatliche Förderung vor. Vor dem Verwaltungsgericht Berlin haben 88 Schulen deswegen eine Musterklage eingereicht, wie der Koordinator der "Arbeitsgemeinschaft Schulen in freier Trägerschaft Berlin", Andreas Wegener, am Donnerstag bekannt gab.
Nach seinen Angaben fordern sie zusätzliche Mittel für die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, IT-Fachkräfte sowie Verwaltungsfachleute, die nach staatlichen Vorgaben an den Schulen eingeführt werden. Deren Kosten seien in den derzeitigen Förderbescheiden nicht berücksichtigt. "Musterschule" für das Verfahren ist die Evangelische Schule Neukölln, eine Grund- und Sekundarschule mit gymnasialer Oberstufe.
Brandenburg rechnet mit hohem zweitstelligem Millionen-Betrag
In Brandenburg haben die freien Schulen nach einem dreijährigen Gerichtsverfahren Ende August höhere Zuschüsse zu ihren Personalkosten erstritten. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) ging es um eine freie Waldorfschule. Das Gericht hatte entschieden, dass die Personalkostenzuschüsse für die Lehrer an den freien Schulen nach Erfahrungsstufe fünf statt Erfahrungsstufe vier berechnet werden sollen.
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) erklärte am Donnerstag im Haushalts- und Finanzausschuss, dass das Land mit 70 bis 90 Millionen Euro rechnet. Das werde zu Lasten des Gesamthaushalts erfolgen müssen. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, werde das Land dem nachkommen.
Schlüssiges Fördersystem in Berlin überfällig
Bereits jetzt müssten die Berliner Schulen freier Träger ein Drittel der Kosten selbst aufbringen, erklärte Wegener. Er betonte, dass rund 20 Jahre nach einschneidenden Kürzungen der Fördermittel ein schlüssiges Fördersystem überfällig sei, wenn die freien Schulen ihren Bildungsauftrag weiter erfüllen sollten. In Berlin lernen elf Prozent der Schülerinnen und Schüler an einer der rund 130 allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft.
Systematische Benachteiligung beklagt
Thorsten Wischnewski-Ruschin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband kritisierte, die Schulen freier Träger würden im Vergleich mit den staatlichen vom Land Berlin systematisch benachteiligt. So müsse die "Wartefrist" neugegründeter freier Schulen, bis sie eine öffentliche Förderung erhalten, von derzeit bis zu fünf auf zwei Jahre verkürzt werden. Nach einer staatlichen Genehmigung müssten sie dann mindestens die Hälfte der entgangenen Zuschüsse erhalten. Zusätzliche Fördermittel seien auch für Sanierung und Ausbau notwendig. Anstelle verlässlicher Aussagen gebe es vom Senat jedoch nur unverbindliche Versprechungen auf eine bessere Förderung.
Frank Olie von der Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz forderte, wieder 97 Prozent der vergleichbaren Personalkosten staatlicher Schulen anstelle von 93 Prozent zu erstatten, wie es seit 2002 der Fall ist. Erforderlich seien auch eine staatliche Ausgleichszahlung von 100 Euro monatlich für Schüler aus einkommensarmen Familien, um ihnen das Schulgeld erlassen zu können, sowie Mittel für Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Gerhard Eichin vom Erzbistum Berlin betonte, andernfalls werde das Missverhältnis zwischen den steigenden Kosten auch der freien Schulen und der staatlichen Refinanzierung immer größer.
Die Vertreter der Schulträger äußerten sich bei der Vorstellung des diesjährigen "Tages der freien Schulen", der am 19. September stattfinden wird. Dabei stellen die Träger vor und im Deutschen Theater in Berlin-Mitte ihre Positionen vor.
Sendung: Inforadio, 09.09.2021, 15 Uhr