Sturmtief über Berlin und Brandenburg - Berliner Feuerwehr hebt Ausnahmezustand wieder auf

Ein schwerer Herbststurm ist am Donnerstag über die Region gefegt. Die Berliner Feuerwehr beendete den Ausnahmezustand nach Hunderten Einsätzen wieder. Im Süden Brandenburgs sind noch zahlreiche Haushalte ohne Strom.
Ein erster schwerer Herbststurm ist am Donnerstag über Berlin und Brandenburg gefegt. Das Sturmtief mit den Namen "Hendrik" (zuvor: "Ignatz") brachte die Berliner Feuerwehr nach eigenen Angaben "nahezu ans Limit". Am Abend erklärte die Feuerwehr den Ausnahmezustand für beendet, den sie am Vormittag ausgerufen hatte. Dieser gibt den Feuerwehrleuten die Möglichkeit, Einsätze zu priorisieren.
Zwischen 8:00 Uhr und 19:00 Uhr rückte die Feuerwehr zu 372 wetterbedingten Einsätzen aus. Nach Angaben eines Sprechers wurde eine Frau in Prenzlauer Berg von herabfallenden Ästen leicht verletzt. Auch gab es erhebliche Sachschäden an parkenden Autos.
In Pankow sei ein Baum in eine Hausfassade an der Trelleborger Straße gefallen. Am frühen Donnerstagnachmittag musste die Feuerwehr einen Baum entfernen, der auf die Torstraße in Mitte gefallen war.
Die Meldestationen in der Region registrierten am Donnerstagvormittag Sturmböen von weit mehr als 90 km/h. Spitzenreiter war dabei mit 104 km/h die Messstation in Berlin-Wannsee. In den Abendstunden flaute der Wind etwas ab. Für Freitag sagte der Deutsche Wetterdienst aber erneut Sturmböen voraus.
Stromausfall in Teilen Brandenburgs
In Brandenburg stürzten wegen des schwere Sturms Bäume um, Telefon- und Stromleitungen wurden beschädigt. In Cottbus und in den Landkreisen Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Dahme-Spreewald waren zeitweilig mehr als 3.600 Haushalte ohne Strom, wie der Netzbetreiber Mitnetz dem rbb bestätigte. Am frühen Abend waren es noch 2.200 Haushalte.
Am stärksten betroffen waren dabei Cottbus und Spree-Neiße. Insgesamt waren laut dem Unternehmen rund 50.000 Kunden in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ohne Strom.
Außerdem hat der Sturm in Cottbus mehrere Teile eines Baugerüstes an einer Hausfassade abgerissen, verletzt wurde dabei niemand. Nach Angaben der Regionalleitstelle Lausitz musste die Feuerwehr allein in Südbrandenburg bis zum Nachmittag über 500 Mal ausrücken. Die meisten Einsätze gebe es im Kreis Dahme-Spreewald. Überwiegend kümmerte sich die Feuerwehr um umgestürzte Bäume. In Schlieben (Elbe-Elster) mussten zwei schwer verletzte Personen aus einem Auto befreit werden. In Templin (Uckermark) wurde ein Bahnmitarbeiter schwer verletzt, als er Äste von Bahnschienen räumen wollte.
Auch im Westen und Nordwesten Brandenburgs hielt das Unwetter die Einsatzkräfte auf Trab. "Wir haben in allen Bereichen Sturmeinsätze. Das Meiste sind umgestürzte Bäume oder heruntergefallene Äste", sagte eine Sprecherin der Regionalleitstelle Nordwest, die für die Kreise Havelland, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und die Stadt Potsdam zuständig ist. Auch Telefon- und Stromleitungen seien teilweise durch den Sturm beschädigt.
Die Regionalleitstelle Oderland in Frankfurt (Oder) berichtete ebenfalls von Einsätzen wegen umgestürzter Bäume.
Im Nachbarland Polen kamen durch Folgen des Sturms vier Menschen ums Leben.
Sturmtief fegt über Berlin und Brandenburg
Bahn: Zugausfälle und Verzögerungen
Der Bahnverkehr normalisierte sich in der Nacht zum Freitag wieder. Die Bahn meldete am Morgen nur noch vereinzelte Beeinträchtigungen.
Am Donnerstag führten die Sturmböen zu teils starken Einschränkungen. Zunächst wurden vereinzelte Verspätungen aufgrund von technischen Störungen, die von dem Sturm verursacht worden seien, gemeldet. Am Nachmittag waren die Linien RE1 (Berlin - Frankfurt/O.), RE3 Berlin - Falkenberg, RE5 Berlin - Rostock/Stralsund, RB23 Potsdam - Michendorf und RB24 Eberswalde - Senftenberg betroffen, wie die Bahn auf ihrer Infoseite [bahn.de] mitteilte.
Die Deutsche Bahn bietet ihren Fahrgästen wegen des Sturms "Ignatz", der auch als "Hendrik" bezeichnet wird, eine "Sonderkulanz" an: Passagiere, die ihre für diesen Donnerstag (21.10.2021) geplante Reise aufgrund des Orkantiefs verschieben möchten, können ihr bereits gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende flexibel nutzen. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei umgetauscht werden. Auch Tickets im Regionalverkehr können bis zum 28.10.2021 genutzt werden.
Nach Sturmschäden wurde der Bahnfernverkehr in Nordrhein-Westfalen am Vormittag großflächig eingestellt. Davon betroffen war auch die ICE-Verbindung von Berlin nach Köln, die komplett ausfiel. Am frühen Nachmittag wurde dann der Fernverkehr von und nach NRW wieder aufgenommen. [Mehr zur bundesweiten Lage auf tagesschau.de.]
Erhebliche Störungen im S-Bahnverkehr
Zu schweren Einschränkungen kam es seit dem Donnerstagmorgen auch im S-Bahnverkehr. Wegen des Sturmtiefes wurde vorsichtshalber die Geschwindigkeit der Züge auf 60km/h begrenzt, teilte die S-Bahn auf Twitter mit. "Es kommt es auf allen S-Bahn Linien zu Verspätungen und Ausfällen", hieß es in der Kurznachricht. Auf mehreren Strecken blockierten umgestürzte Bäume vorübergehend die Gleise.
BVG meldet nur geringfügige Einschränkungen
Auch bei der BVG gab es Unterbrechungen. Am Morgen wurde die Fähre F11 zwischen Baumschulenstraße und Oberschöneweide für gut drei Stunden eingestellt.
Nachdem ein Baum auf die Gleise der U2 gestürzt war, wurde die Linie zwischen Ruhleben und Olympiastadion für kurze Zeit unterbrochen. Auf oberirdischen Strecken der U-Bahn wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h beschränkt.
Auch auf etwa 20 Buslinien gab es zwischenzeitlich Unterbrechungen, wie die BVG mitteilte. Meist weil herabgestürzte Äste die Fahrplan blockiert hatten.
Bei der Straßenbahn gab es keine wetterbedingten Einschränkungen.
Wasserhose über der Ostsee
Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes sind aktuell extrem starke Winde zu beobachten. Über der Ostsee ist es in der Folge am Donnerstag zu einer Wasserhose gekommen. Als Wasserhose bezeichnet man Tornados über dem Meer oder einem großen Binnengewässer, erklärte DWD-Meteorologin Eva Lorenz. Die Zutaten für ein solches Wetterphänomen seien durch eine starke Windscherung gegeben.
Verkürzt gesagt bestünden laut Lorenz plötzliche scharfe Änderungen der Windrichtung und/oder der -geschwindigkeit. Hervorgerufen werde dies durch das Aneinandervorbeiströmen zweier unmittelbar benachbarter Luftschichten. In der Folge könne es zu kleinräumigen Luftwirbeln mit annährend senkrechter Drehachse – also ein Tornado. Für Berlin-Brandenburg sei mit so einem Phänomen eher nicht zurechnen. Ausschließen könne man dies aber nicht. Generell soll sich die Wetterlage gehen Donnerstagabend beruhigen.
Sendung: Brandenburg aktuell, 21.10.2021, 19:30 Uhr
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