Interview | Leiter Ausländerbehörde Eisenhüttenstadt - "Die Schleuserrouten sind so professionalisiert, dass die Leute in ordentlichem Zustand ankommen"

Mi 20.10.21 | 13:17 Uhr
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Zwei Asylsuchende in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt sitzen auf einer Bank. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Audio: Radioeins, 20.10.2021, 10:30 Uhr | Bild: dpa/Fabian Sommer

Viele Flüchtlinge, die derzeit über die deutsch-polnische Grenze kommen, landen im Erstaufnahmezentrum in Eisenhüttenstadt. Am Anfang seien die Menschen noch in einem bedenklichen Zustand gewesen. Das habe sich nun geändert, sagt deren Leiter.

rbb: Herr Jansen, Sie rechnen jetzt im Oktober mit dreieinhalb tausend Geflüchteten, das wären zehnmal mehr als sonst. Wie sind Sie darauf vorbereitet?

Olaf Jansen: Wir haben zusätzliche räumliche Kapazitäten angemietet und hier auch am Standort noch zusätzliche Kapazitäten geschaffen. Wir hatten schon über den Sommer einige Container-Behausungen aufgebaut, hauptsächlich, um Personen wegen der Pandemie voneinander trennen zu können. Dadurch haben wir insgesamt eine ausreichende Kapazität, um das erstmal zu stemmen. Dazu haben wir natürlich noch drei weitere Standorte in Wünsdorf bei Zossen in Doberlug-Kirchhain im Süden von Brandenburg und in Frankfurt (Oder), wo wir auch ausreichend Menschen unterbringen können.

Wer kommt denn an?

Mittlerweile kommen Menschen aus vielen Ländern. Am Anfang waren es fast nur Iraker. Das ist immer noch die stärkste Fraktion, also überwiegend irakische Kurden. Dann haben wir relativ viele Iraner, teilweise Jemeniten, Syrer und Afghanen. Wobei das also nicht Leute sind, die jetzt aktuell aus Afghanistan etwa geflohen sind, sondern die sich schon eine Weile in anderen Nahost-Staaten aufhalten und jetzt die Chance eben sehen, über Weißrussland nach Westeuropa zu kommen.

In welchem Zustand sind diese Menschen?

Der Zustand war bei denen, die Anfang September angekommen sind, teilweise durchaus bedenklich und man hat gemerkt, dass die Leute eine Weile in der Wildnis kampieren mussten. Mittlerweile sind aber die Schleuserrouten schon so professionalisiert, dass die Leute ganz überwiegend in ordentlichem Zustand ankommen.

Wie ist die Situation in Eisenhüttenstadt. Wie erleben Sie die Menschen in der Einrichtung?

Wir haben praktisch keine Auseinandersetzungen gehabt, obwohl es doch eine relativ große Gruppe von Menschen auf recht engem Raum ist. Die Atmosphäre ist sehr entspannt. Wir bemühen uns natürlich jeden hier ordentlich zu versorgen, die ganzen Hygienebedingungen einzuhalten und auch die administrativen Verfahren so zügig wie möglich durchzuführen, damit auch keine Langeweile aufkommt.

Bekommen Sie eigentlich momentan Unterstützung vom Bund?

Ja, die Bundespolizei hat eine Bearbeitungsstraße bei uns auf dem Gelände errichtet. Das hilft uns sehr, weil die Bundespolizei sofort alle aufgerufenen Personen hier erkennungsdienstlich behandelt, also etwas macht, was wir sonst machen müssten. Das hilft uns sehr beim Registrieren. Und es hilft uns auch natürlich, diejenigen, die in andere Bundesländer weiterzuleiten sind, dann sehr schnell weiterzuleiten.

Wie genau sieht ihre Zusammenarbeit mit polnischen Behörden aus?

Wir als Landesbehörde arbeiten nicht mit den polnischen Behörden zusammen. Das ist Bundesaufgabe. Wir haben eigentlich nur bei Rücküberstellungen nach Polen hin und wieder Kontakt, und da läuft alles sehr korrekt ab.

Wie sollte man auf diese aus Belarus bewusst gesteuerten Migrationsbewegung reagieren?

Die Frage sollte man vor allen Dingen auf diplomatischen Parkett lösen und wohl auch am ehesten mit denjenigen, die Weißrussland unter Kontrolle haben. Das ist nicht notwendigerweise die Regierung dort, sondern eher Moskau.

Sendung: Radioeins, 20.10.2021, 10:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Es gibt noch mehr Einsparmöglichkeiten. Der Deutsche Bundestag wurde jetzt von 700 Angeordneten wieder einmal aufgestockt. Die ard hatte mal unverbindlich die Zahl 1000 in den Ring geworfen. Neben den Gehältern werden für jeden Abgeordneten jährliche Bürokosten (in Höhe von 75Mill € - unverbindlich) eingeplant. Wissen sie was man mit diesen Zusatzausgaben alles machen könnte?
    Wir könnten unsere Schulen sanieren, wir könnten Glasfaserkabel legen, wir könnten unsere Brücken sanieren und mit mehr als 30km/h nutzbar machen, wir könnten das Pflegesystem reformieren, wir könnten den Mindestlohn anheben (mit staatl. Zuschüssen vorerst), wir könnten die Flutschäden in NRW/Bayern beseitigen.........

  2. 14.

    Ich finde man sollte die asylsuchenden schon ausreichend finanzieren und zwar indem man die
    Mittel für die Stiftungen der Parteien dafür nimmt. Das sind ca 600 Millionen im Jahr. Und dann sehen wir mal weiter.

  3. 13.

    Sorry, aber das war nicht gerade der Weisheit letzter Schluss und deutlich unter deinem sonst üblichen Niveau.
    Oder sollte das Ironie sein?

  4. 11.

    Mit guter Zahlungsfähigkeit würde ich mich nicht in das kalte und verarmende Deutschland begeben.

  5. 10.

    Was glauben Sie denn, was in Polen Volkes Stimme ist? Eins kann ich Ihnen versichern, die Darstellung in Tagesschau und Co ist es nicht. Polen hat seine Armee in Alarmbereitschaft versetzt, um die Außengrenze zu sichern, hat diese vollständig (!) mit Stacheldraht abgedichtet. Jeder illegale Übertritt ist also mit Macht und Gewalt erzwungen, obwohl es den legalen Weg des Asylantrags an jedem (!) offiziellen Grenzübergang gäbe. Der wird aber bewusst nicht genutzt, weil die Flüchtlinge ja nicht in Polen bleiben sondern in ein EU-Land ihrer Wahl mit besonders hoher Versorgung weiterreisen wollen. Es ist naiv zu glauben, hier ginge es ums Überleben, es geht um illegale Zuwanderung, mit dem Wissen, dass Deutschland nicht wieder abschiebt. Genau deswegen ist die Situation auch nicht in den Griff zu bekommen.

  6. 9.

    Auch @ Steffen:
    Dann lesen Sie doch mal das akutelle Interview mit Gubens Bürgermeister - vielleicht verstehen Sie dann besser, was ich meine. Das ich da dann nicht so falsch liege, sollte auch Sie erkennen können. Polen darf in dieser Situation nicht allein gelassen werden, die EU darf sich nicht weiter intern zerlegen und Polens Ministerpräsident sollte mal auf Volkes Stimme und nicht auf Nationalisten hören, während Putin, Lukeschnka und Erdogan sich ins Fäustchen lachen - und das alles auf dem Rücken der Flüchtenden.

  7. 6.

    Es ist doch ganz einfach.
    Wir( Deutschland) geben noch mal Milliarden aus.
    Sind doch eh an allem Schuld
    Spaß beiseite, die Fluchtwege werden sich ändern.
    Vielleicht mal über ein Sinnvolles Nutzen der Gelder nachdenken?
    Warum haben alle möglichen Leute, egal wo, die Knarren und sonstigen Scheiß her?

  8. 5.

    "Wir werden am Nasenring durch die Manege geführt." .....weil wir das so wollen. Wir gefallen uns in der Rolle und bemerken dabei nicht, dass wir die letzten sind, die "Spielregeln" einhalten, die es schon seit Jahrzehnten nicht mehr gibt. Don Quijote auf deutsch. Ein Drama, dessen letzter Akt in Selbstzerstörung enden wird.

  9. 4.

    Warum können unsere (EU) Politiker nicht in Trump-scher Manier den Fluggesellschaften die Pistole auf die Brust setzen? Entweder ihr fliegt Flüchtlinge nach Belarus oder ihr habt Geschäft in der EU. Start- und Landerechte einfrieren. Und basta. Nicht schnacken. Nicht lamentieren. Einfach mal was machen. Punkt.
    Die ganze Welt lacht über D und über die EU. Wir werden am Nasenring durch die Manege geführt.

  10. 3.

    Ja klar, aber hierzulande wird sich dann gekümmert. Wo findet denn bitte das Erstverfahren statt? Das ist hier und nicht in Polen, wo es beginnen müsste, denn die über Belarus Kommenden, sind nicht über Griechenland eingereist. Erstmal die Routen betrachten und dann versuchen, Argumente bringen, okay? Somit ist Polen mit Frontex in der Pflicht, nicht nur das begehrte Ziel D.

  11. 2.

    Was für ein Unsinn! Die Polen können nicht alles und jeden pausenlos überwachen, der sich innerhalb des Landes befindet. Werden Flüchtlinge unterwegs aufgegriffen, werden die auch in Polen entsprechenden Asylzentren zugeführt. Da diese nicht abgeschlossen sein dürfen, kann jeder von dort auch einfach wieder verschwinden und sich nach Deutschland transportieren lassen. Das bestens organisierte Schleusersystem und die gute Zahlungsfähigkeit der Flüchtlinge macht es unmöglich, jeden an der Weiterreise in ein anderes europäisches Land zu hindern. In Italien und Griechenland oder Spanien ist die Situation nicht anders. So lange jeder überall in der EU Asyl beantragen kann und der Zielstaat zur Versorgung verpflichtet wird, wird sich daran auch nichts ändern.

  12. 1.

    Polen ist das Land, auf dem Geflüchtete EU-Boden betreten also hat Polen Pflichten. In meinen Augen beteiligt sich Polen am Schleusen indem die Menschen zur Grenze nach D gelassen werden.

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