Interview | Leiter Ausländerbehörde Eisenhüttenstadt - "Die Schleuserrouten sind so professionalisiert, dass die Leute in ordentlichem Zustand ankommen"
Viele Flüchtlinge, die derzeit über die deutsch-polnische Grenze kommen, landen im Erstaufnahmezentrum in Eisenhüttenstadt. Am Anfang seien die Menschen noch in einem bedenklichen Zustand gewesen. Das habe sich nun geändert, sagt deren Leiter.
rbb: Herr Jansen, Sie rechnen jetzt im Oktober mit dreieinhalb tausend Geflüchteten, das wären zehnmal mehr als sonst. Wie sind Sie darauf vorbereitet?
Olaf Jansen: Wir haben zusätzliche räumliche Kapazitäten angemietet und hier auch am Standort noch zusätzliche Kapazitäten geschaffen. Wir hatten schon über den Sommer einige Container-Behausungen aufgebaut, hauptsächlich, um Personen wegen der Pandemie voneinander trennen zu können. Dadurch haben wir insgesamt eine ausreichende Kapazität, um das erstmal zu stemmen. Dazu haben wir natürlich noch drei weitere Standorte in Wünsdorf bei Zossen in Doberlug-Kirchhain im Süden von Brandenburg und in Frankfurt (Oder), wo wir auch ausreichend Menschen unterbringen können.
Wer kommt denn an?
Mittlerweile kommen Menschen aus vielen Ländern. Am Anfang waren es fast nur Iraker. Das ist immer noch die stärkste Fraktion, also überwiegend irakische Kurden. Dann haben wir relativ viele Iraner, teilweise Jemeniten, Syrer und Afghanen. Wobei das also nicht Leute sind, die jetzt aktuell aus Afghanistan etwa geflohen sind, sondern die sich schon eine Weile in anderen Nahost-Staaten aufhalten und jetzt die Chance eben sehen, über Weißrussland nach Westeuropa zu kommen.
In welchem Zustand sind diese Menschen?
Der Zustand war bei denen, die Anfang September angekommen sind, teilweise durchaus bedenklich und man hat gemerkt, dass die Leute eine Weile in der Wildnis kampieren mussten. Mittlerweile sind aber die Schleuserrouten schon so professionalisiert, dass die Leute ganz überwiegend in ordentlichem Zustand ankommen.
Wie ist die Situation in Eisenhüttenstadt. Wie erleben Sie die Menschen in der Einrichtung?
Wir haben praktisch keine Auseinandersetzungen gehabt, obwohl es doch eine relativ große Gruppe von Menschen auf recht engem Raum ist. Die Atmosphäre ist sehr entspannt. Wir bemühen uns natürlich jeden hier ordentlich zu versorgen, die ganzen Hygienebedingungen einzuhalten und auch die administrativen Verfahren so zügig wie möglich durchzuführen, damit auch keine Langeweile aufkommt.
Bekommen Sie eigentlich momentan Unterstützung vom Bund?
Ja, die Bundespolizei hat eine Bearbeitungsstraße bei uns auf dem Gelände errichtet. Das hilft uns sehr, weil die Bundespolizei sofort alle aufgerufenen Personen hier erkennungsdienstlich behandelt, also etwas macht, was wir sonst machen müssten. Das hilft uns sehr beim Registrieren. Und es hilft uns auch natürlich, diejenigen, die in andere Bundesländer weiterzuleiten sind, dann sehr schnell weiterzuleiten.
Wie genau sieht ihre Zusammenarbeit mit polnischen Behörden aus?
Wir als Landesbehörde arbeiten nicht mit den polnischen Behörden zusammen. Das ist Bundesaufgabe. Wir haben eigentlich nur bei Rücküberstellungen nach Polen hin und wieder Kontakt, und da läuft alles sehr korrekt ab.
Wie sollte man auf diese aus Belarus bewusst gesteuerten Migrationsbewegung reagieren?
Die Frage sollte man vor allen Dingen auf diplomatischen Parkett lösen und wohl auch am ehesten mit denjenigen, die Weißrussland unter Kontrolle haben. Das ist nicht notwendigerweise die Regierung dort, sondern eher Moskau.
Sendung: Radioeins, 20.10.2021, 10:30 Uhr