Großbaustelle ab 2023 - So soll das neue Autobahndreieck Funkturm aussehen

Das wichtige Planfeststellungsverfahren für den Umbau des Dreiecks Funkturm steht kurz bevor. Am Donnerstag informiert die zuständige Behörde noch einmal die Öffentlichkeit. Streit dürfte es erneut wegen fehlender Anschlussstellen geben.
Zumindest auf den Computergrafiken der staatlichen Berliner Planungsgesellschaft Deges ist die Transformation des Autobahndreiecks Funkturm schon mal gelungen: Aus der unübersichtlichen Betonbrezel mit Staugefahr ist ein ziemlich aufgeräumtes, fast harmonisches Straßengeflecht geworden. Allerdings noch ohne Fahrzeuge und ohne dass auch nur ein Cent der anvisierten 300 Millionen Euro Baukosten ausgegeben wurde - von denen Deges-Bereichsleiter Andreas Irngartinger allerdings schon heute schon sagt, dass sie wohl "nicht ganz haltbar" sein würden.
Als hätten die Planer geahnt, dass sich die Berliner Augen erst an dieses Bild gewöhnen müssen, haben sie in ihren schicken Visualisierungen ein paar altbekannte Orientierungspunkte stehengelassen, die auch in der Realität erhalten bleiben: Die urige Avus-Raststätte, das sanierungsbedürftige ICC und ein stadtbekanntes Bordell.

Neue Anschlussstelle Messedamm
An der Notwendigkeit des Totalumbaus zweifeln die Deges-Manager nicht: Laut ihren Prognosen wird sich der Verkehr hier von aktuell 230.000 Fahrzeugen auf 250.000 Fahrzeuge pro Tag bis 2030 erhöhen - deutlich mehr als die Schätzung des Bundes von 175.000 Fahrzeugen pro Tag. Die Auf- und Abfahrten sind ein Wildwuchs und entsprechen nicht mehr den aktuellen Sicherheitsvorschriften, so Projektleiter Peter Grüschow. Zum Teil komme der Verkehr an einigen Rampen regelrecht "zum Erliegen". Die 25 Brücken des Bauwerks sind marode, auf fünf gelten bereits Einschränkungen, auf vier weiteren werde das zeitnah ebenfalls geschehen, so Irngartinger. Selbst mit einem verbesserten ÖPNV werde das Dreieck Funkturm zur Bündelung des Verkehrs gebraucht, ist er sich sicher. "Zulieferungen für Lebensmittelmärkte werden auch in Zukunft nicht mit der S-Bahn möglich sein."
Doch so leicht wie in einem Computerspiel wird der Umbau des meistbefahrenen Autobahndreiecks der Bundesrepublik nicht werden: Frühestens ab 2023 sollen die vorbereitenden Bauarbeiten beginnen, ab 2024 geht es dann richtig los. Bis 2032 werde man auf jeden Fall brauchen, kündigt die Deges an. Bis die ersten Bagger rollen, müssen noch zahlreiche Hürden genommen werden, darunter auch das nun anstehende Planfeststellungsverfahren.
Anwohner setzen eigene Wünsche durch
Die Bürgerbeteiligung läuft seit Monaten auf Hochtouren und ist beispielhaft - auch, weil die Deges dazu bislang eigentlich nicht verpflichtet war. Mehrere Informationsveranstaltungen und Themenwerkstätten gab es bereits, auch während der Pandemie, im Netz finden sich viele Gigabyte an frei zugänglichem Material.
Tatsächlich haben es mehrere Anwohnerinitiativen aus dem Berliner Westen bereits geschafft, die ursprünglichen Planungen stark zu verändern. Die neue Anschlussstelle Messedamm sollte eigentlich neben der Siedlung Eichkamp den Verkehr von und zur Avus direkt über die Jafféstraße führen. Nach anhaltendem Widerstand und zahlreichen Einsprüchen, die hohe Lärmbelästigung befürchteten, wurde die Planung von der Deges umgearbeitet: Die neue Auf- und Abfahrt wird nun auf Höhe der alten Avus-Tribüne gebaut, rund 250 Meter weiter östlich, und führt vom Messedamm unter der A115 hindurch und über eine Rampe wieder hinauf zur Autobahn. Es ist ein Erfolg der Anwohner, der zugleich das Bild für Berlinreisende bei der Anfahrt über die Avus maßgeblich verändern wird: Wie durch ein Tor zur Stadt wird der Verkehr künftig unter der Überführung der Anschlussstelle hindurch nach Berlin hineinrollen.

Initiativen fordern weitere Auf- und Abfahrt
Weniger Erfolg hatten die Initiativen allerdings im Streit um die weiteren Anschlussstellen. Sie bemängeln, dass der Verkehr zum und vom Autobahndreieck künftig an der Messe konzentriert wird. "Mit deutlich über das heutige Maß hinausgehenden Ausweichverkehren im bewohnten Stadtgebiet ist zu rechnen", kritisierten sie im Sommer in einem Brief an den Senat. Sie fordern, dass die Auf- und Abfahrt im Bereich Messedamm/Halenseestraße erhalten bleibt. Das entlaste auch die Anwohner:innen an den Anschlussstellen Kaiserdamm und Knobelsdorffstraße weiter nördlich. Der Bezirk unterstützt die Forderung, genauso wie die CDU im Abgeordnetenhaus.
Deges will keine weiteren Auf- und Abfahrten
Doch die Deges weist diese Überlegungen zurück. Die Auf- und Abfahrt an der Halenseestraße werde es künftig nicht geben, so Projektleiter Grüschow. Diese bringe "verkehrlich keinen positiven Effekt". Zudem würden die diversen Auf- und Abfahrten des Dreiecks ohnehin nicht mehr den gültigen Sicherheitsstandards entsprechen. So gehe es heute an der Halenseestraße viel zu eng zu, weil mehrere Verkehrsströme aufeinanderträfen und so regelmäßig Staus entstünden. Man wolle die Verkehrssituation mit dem Umbau deswegen neu ordnen und damit auch die Unfallgefahr senken.
In einer Onlineveranstaltung am Donnerstagabend sollen diese Überlegungen nun erneut diskutiert werden, das Ergebnis fließt anschließend in das Planfeststellungsverfahren ein. Dort soll es dann auch noch einmal eine Beteiligung der Anwohner geben. Letztlich muss das Fernstraßen-Bundesamt entscheiden, ob der Umbau des Autobahndreiecks Funkturm genehmigt wird.

Staufalle im Berliner Westen?
Der Verkehr soll während der gesamten Bauzeit weiter über das Autobahndreieck rollen, dafür will die Deges Behelfsfahrbahnen und -brücken bauen, unter anderem über die Gleise der Ringbahn. Das Tempo in der Großbaustelle, auch auf den Behelfsfahrbahnen, soll bei 50 bis 60 km/h liegen, so Projektleiter Grüschow. Weil bisher im Autobahndreieck Tempo 80 gilt, müsse man "davon ausgehen, dass es in der Bauzeit zu größeren Belastungen kommen wird." Sprich: Durch das verringerte Tempo wird es zu Staus kommen. Deges-Bereichsleiter Irngartinger weist allerdings darauf in: "Mit Tempo 80 fahren sie heute schon relativ selten über das Dreieck Funkturm."
Sendung: Abendschau, 27.10.2021, 19:30 Uhr