Südwestfriedhof Stahnsdorf - Neonazi in Grab eines jüdischen Musikwissenschaftlers beigesetzt

Der Rechtsextremist Henry Hafenmayer wurde am Freitag in Stahnsdorf beerdigt - im Grab eines jüdischen Wissenschaftlers. Unter den Trauergästen waren Holocaustleugner und vorbestrafte "Reichsbürger". Die Kirche spricht von einem Fehler.
Auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) sind am Freitag die Überreste eines Rechtsextremisten und Antisemiten in der früheren Grabstätte eines jüdischen Musikwissenschaftlers beigesetzt worden. Das bestätigte die Pressestelle der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo) am Montag auf Anfrage von rbb|24.
Zuvor hatten die Informationsdienste Blick nach rechts [bnr.de] und Recherchenetzwerk Berlin über die Beerdigung und ihre Teilnehmer berichtet. In der Grabstelle von Max Friedländer (1852-1934) wurde demnach der im August verstorbene Holocaustleugner Henry Hafenmayer beigesetzt.
Landeskirche prüft eigene Fehler
Derzeit werde geprüft, wie es zu diesem Fehler gekommen sei, hieß es. Die Ekbo könne aber noch nicht sagen, welche Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen würden. Das Grab sei bereits seit einiger Zeit freigegeben gewesen, sterbliche Überreste hätten sich darin nicht mehr befunden.
Laut Landeskirche war die Beisetzung Hafenmayers ohne evangelische Begleitung. Die Entscheidung, die Anfrage nach einer Grabstätte nicht abzulehnen, sei im Konsistorium der Ekbo getroffen worden, berichtet die Nachrichtenagentur EPD. Leitend sei dabei im Grundsatz, dass jeder Mensch ein Anrecht auf eine letzte Ruhestätte habe. Der erste Grabstättenwunsch sei von der Friedhofsleitung abgelehnt worden, trotzdem sei auch die Auswahl der ehemaligen Grabstätte Max Friedländers ein Fehler. "Diesen Fehler prüfen wir zurzeit", erklärte die Landeskirche.
Holocaustleugner, verbestrafte "Reichsbürger, Neonazis unter Trauergästen
An der Beisetzung des aus Oberhausen stammenden Hafenmayer nahmen zahlreiche Neonazi-Größen und Rechtsextremisten teil - darunter der Neonazi Horst Mahler, der wegen Volksverhetzung lange Jahre inhaftiert war. Unter den Trauergästen waren zudem der Neonazi-Aktivist und langjährige NPD-Kader Thomas Wulff, der rechte Blogger Nikolai Nehrling alias "Der Volkslehrer" und Dennis Ingo Schulz, ein mehrfach vorbestrafter sogenannter "Reichsbürger". Fotos von der Grabstelle zeigen Kränze mit Grabschleifen in den Reichsfarben und aufgedruckten eisernen Kreuzen.
Auf dem Friedhof besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit, Patenschaftsverträge für historische Grabstätten abzuschließen. Die Kosten für die Instandhaltung und Pflege der historischen Grabmale übernehmen die Paten. Der Pate erwirbt im Gegenzug das Recht, Beisetzungen auf der ausgewählten Grabstätte vornehmen zu lassen. Im Bestattungsfall kann zudem im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen der Name des Verstorbenen neu an der Grabstätte angebracht werden.
Der mehr als 200 Hektar große Stahnsdorfer Südwestkirchhof wurde 1909 eröffnet und ist Deutschlands größter evangelischer Friedhof. Bei der Begräbnisstätte handelt es sich um ein geschütztes Landschaftsdenkmal.
Sendung: Brandenburg aktuell, 11.10.2021, 19.30 Uhr
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