Beisetzung von Neonazi in Friedlaender-Grab - Kirche plant Gedenkstätte für jüdischstämmigen Musikwissenschaftler
Die Beisetzung eines Neonazis im Grab des jüdischstämmigen Musikwissenschaftlers Max Friedlaender hatte für Empörung gesorgt. Die Evangelische Kirche bemüht sich nun, diese "falsche Entscheidung" zu "heilen", so eine Kirchenbeauftragte.
Nach der Beisetzung eines Neonazis im ehemaligen Grab eines jüdischstämmigen Musikwissenschaftlers ist die evangelische Kirche um Wiedergutmachung bemüht.
Für Max Friedlaender (1852-1934) solle eine würdige Gedenkstätte unter Einbeziehung seines Grabsteins geschaffen werden, sagte die Beauftragte für Erinnerungskultur der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Marion Gardei, am Donnerstag im Inforadio von rbb. "Und wir wollen das Leben dieses Menschen erforschen und wollen damit ein bisschen die falsche Entscheidung zu heilen versuchen."
Kirche strebt Umbettung des Neonazis an
In Bezug auf eine mögliche Umbettung der Urne des Neonazis würden die rechtlichen Möglichkeiten derzeit geprüft. "Was machbar ist, das werden wir tun", so Gardei. Mit einer Umbettung müssten aber auch die Angehörigen einverstanden sein. Der evangelische Bischof Christian Stäblein hatte sich am Mittwoch im rbb für eine Umbettung ausgesprochen.
Der Holocaust-Leugner Henry Hafenmayer wurde am Freitag auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) auf der ehemaligen Grabstätte Friedlaenders beigesetzt. Das Grab des jüdischstämmigen Protestanten war seit 1980 für Neubelegungen freigegeben.
"Wir hätten mit größerer Sorgfalt natürlich prüfen müssen, wer dieser Henry Hafenmayer ist", sagte Gardei. Die Friedhofsverwaltung habe leider erst spät verstanden, dass sich die Grabstätte von Max Friedlaender nicht dafür eigne, einen Holocaust-Leugner beizusetzen.
Gardei: Friedhof wird gerne von Rechtsextremen genutzt
Es sei schwierig, die Lebensläufe aller Menschen zu prüfen, deren Angehörige einen Antrag auf eine Grabstätte stellen, sagte Gardei: "Aber hier ist es ja ein bekannter Holocaust-Leugner und das hätte ins Auge fallen müssen, dass das so nicht geht". Gardei erklärte, dass der Bischof den schweren Fehler auch eingeräumt und sich entschuldigt habe.
An eine gezielte Provokation des Friedhofsverwalters glaubt Gardei nicht. Der Friedhof werde jedoch offenbar gerne von Rechtsextremen genutzt. Hintergrund ist, dass es auf dem Friedhof Stahnsdorf viele Kriegsgräber gibt. Die Kirche habe aber gemeinsam mit dem Staatsschutz Demonstrationen auf dem Gelände immer verhindern können, so Gardei. Der Friedhof arbeite nun mit Hochdruck an einer Lösung. Er bemühe sich darum, Friedlaender eine dauerhafte Gedenkstätte zu ermöglichen.
Die Beisetzung hatte bundesweit für Empörung gesorgt, unter anderem beim Zentralrat der Juden in Deutschland, bei der Bundesregierung sowie beim Berliner Senat und der Brandenburger Landesregierung. Der Antisemitismusbeauftragte von Berlin, Samuel Salzborn, erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt unter anderem wegen des Verdachts der Störung der Totenruhe.
Sendung: Inforadio, 14.10.2021, 10:05 Uhr