Forderungskatalog - Klimawende hängt für BUND an neuer Koalition in Berlin
Der BUND hat für den künftigen Berliner Senat eine lange Forderungsliste für eine "grüne Stadt" - zum Beispiel sollen keine weiteren Flächen für Neubau verbraucht werden. Währenddessen warnt ein Potsdamer Forscher vor irreparablen Klimaschäden.
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) fordert von einer neuen Koalition im Berliner Senat Weichenstellungen für konsequenten Klimaschutz. Ob die Klimaschutzziele noch erreicht werden und das "grüne Erbe der Stadt" gesichert werden könne, zeige sich in der kommenden Legislaturperiode, heißt es in einem Forderungspapier, das dem rbb vorliegt.
Um eine "katastrophale globale Klimaentwicklung" zu verhindern, müsse Berlin bereits im Jahr 2035 klimaneutral sein. Für einen neuen Senat sei das die zentrale Aufgabe. Der BUND spricht sich dafür aus, in Berlin ein "Klimakabinett" zu bilden und in den Bezirken "Klimateams" bei den Bezirksbürgermeistern anzusiedeln.
BUND will quasi Abschaffung von Flächenverbrauch bei Neubauten
Um Energieverbrauch und CO2-Ausstoß im Wärmesektor drastisch zu reduzieren, müssten deutlich mehr Gebäude saniert und gedämmt werden. Nach Berechnungen des BUND ist es erforderlich, die Sanierungsrate der öffentlichen und privaten Gebäude schrittweise von 0,8 auf 3 Prozent im Jahr zu steigern. Eine verstärkte Nutzung von fossilem Erdgas sei hingegen keine Lösung.
Politische Sprengkraft enthält die BUND-Forderung, den Flächenverbrauch bis spätestens 2030 auf Null zu reduzieren. Statt den Bau neuer Quartiere auf Grünland zu forcieren, müsse das Potential im Gebäudebestand genutzt werden. Als Beispiel führt der BUND den Dachgeschossausbau und die Überbauung von Parkplätzen und Discountern an.
100 Euro pro Jahr für jeden Berliner Baum?
Mehr Geld sei auch für die hitzegeplagten Berliner Stadtbäume nötig. Das Budget müsse auf 80 bis 100 Euro pro Baum und Jahr erhöht werden. Die Mittel müssten zudem zweckgebunden an die Bezirke überwiesen werden.
Der BUND fordert zudem, Rad- und Fußwege weiter auszubauen und ausreichend Geld für den ÖPNV bereitzustellen. Die schon seit 2016 angekündigten neuen Straßenbahnlinien müssten zügig realisiert werden. Ein Ausbau der U-Bahn sei hingegen "bis auf Lückenschlüsse wie zum Mexikoplatz" weder klimapolitisch noch finanziell sinnvoll. Eine Verlängerung der U7 zum Flughafen BER scheide schon allein deshalb aus, weil mehr Luftverkehr dem Klimaschutz zuwiderlaufe.
60.000 Parkplätze sollen gestrichen werden - pro Jahr
Aus diesem Grund sei auch ein weiterer Ausbau des Straßennetzes kontraproduktiv. Die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 nach Friedrichshain, die Tangentialverbindung Ost, die Ortsumfahrung Malchow und die Nordtangente Köpenick dürften daher nicht gebaut werden. Insbesondere für die der Innenstadt fordert der BUND einen Paradigmenwechsel: Dem Autoverkehr müssten die durch ihn entstehenden Kosten angelastet werden. Konkret spricht sich der Verband dafür aus, die Parkgebühren zu erhöhen und bis zu 60 000 Parkplätze pro Jahr wegfallen zu lassen.
Der Flughafen BER dürfe aus Gründen des Klimaschutzes nicht weiter ausgebaut werden. Zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens verlangt der BUND zudem ein konsequentes Nachtflugverbot.
PIK-Direktor warnt vor irreparablen Schäden
Währenddessen warnt der Potsdamer Klimaforscher Ottmar Edenhofer hat vor einer drastischeren Erderwärmung als bislang befürchtet. "Die Emissionen steigen weiter jedes Jahr - und zwar dramatisch", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" [Bezahlschranke] mit Blick auf den Start der UN-Klimakonferenz in Glasgow. Die aktuelle Gaspreis-Krise beschere der Kohle ein unheilvolles Comeback. "Wir steuern nicht auf 2,7 Grad zu, sondern auf vier Grad, und damit auf eine nicht mehr zu beherrschende Erderwärmung", sagte Edenhofer.
2,7-Grad-Prgonose laut Edenhofer fraglich
Das UN-Klimasekretariat prognostiziert derzeit eine Erwärmung der Erde um 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Edenhofer sagte, diese Prognose sei fraglich, denn bei 2,7 Grad bleibe es nur, wenn alle Länder ihre freiwilligen Verpflichtungen einhielten. "Danach sieht es gerade aber überhaupt nicht aus."
Auf dem Pariser Klimagipfel vor sechs Jahren hatte sich die Staatengemeinschaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Der Klimaforscher forderte einen globalen Kohleausstieg, um dieses Ziel noch zu erreichen.
Der UN-Klimagipfel im schottischen Glasgow beginnt am Sonntag. Zwei Wochen lang werden Delegierte aus mehr als 190 Ländern über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens beraten, das die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad begrenzen soll.
Sendung: Inforadio 01.11.21, 7:05 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 31.10.2021 um 15:32 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.