Berlin-Neukölln - Bündnis besetzt über Stunden Teile der A100-Baustelle

Der Ausbau der A100 ist hoch umstritten. Demonstranten haben am Samstag die Baustelle in Neukölln besetzt. Sie wollen, dass der Ausbau gestoppt wird. Nach einer Anzeige von Baustellen-Verantwortlichen schritt die Polizei ein.
Nach der Besetzung der A100-Baustelle in Berlin-Neukölln hat die Polizei den Bereich am Samstagabend weitgehend geräumt.
Mehr als 100 Unterstützer verschiedener Initiativen waren am Vormittag auf die Autobahn-Baustelle an der Sonnenallee vorgerdrungen, wie die Polizei mitteilte. Die Aktivistinnen und Aktivisten unter dem Dach von "Gerechtigkeit jetzt!", sprachen von bis zu 500 Teilnehmenden.
Die Polizei war nach eigenen Angaben seit dem Nachmittag dabei, die Blockade aufzulösen. Baustellen-Verantwortliche hatten zuvor Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt. In der Folge begannen Polizisten, einzelne Demonstranten vom Baustellengelände herunterzuholen und deren Personalien aufzunehmen.
Eine Sprecherin des Bündnisses sagte, die Polizei kriminalisiere mit ihrem Einschreiten den Protest.
"Sinnbild für das Scheitern der Politik"
Aktionssprecherin Ronja Weil sagte rbb|24, mit der Blockade solle Druck auf die aktuell stattfindenden Berliner Koalitionsverhandlungen ausgeübt werden. Ziel sei es insgesamt, den Aus- und Weiterbau des Autobahnprojekts zu stoppen. "Dieses Projekt ist ein Sinnbild für das Scheitern der Politik: Trotz eskalierender Klimakrise und grassierender Ungleichheit werden hier 700 Millionen Euro in ein Verkehrssystem von vorgestern investiert", betonte sie.
Bauarbeiten fanden dort an diesem Samstag nicht statt. Die Teilnehmden entrollten am Samstagmorgen auf dem A100-Bauabschnitt Banner und bauten Zelte auf. "A100 stoppen - Verkehrswende jetzt!" stand auf einem der Transparente. "Während Menschen in Berlin durch den Mietenwahnsinn aus ihren Wohnungen getrieben werden, soll hier Wohnraum abgerissen werden, um noch mehr Platz für Autos statt für Menschen zu schaffen", so Weil weiter. Dagegen protestierten die Menschen mit der Aktion.
SPD, Grüne und Linke wollen 17. Bauabschnitt nicht angehen
SPD, Grüne und Linke hatten sich in zentralen Leitlinien für die Koalitionsverhandlungen in Berlin unter anderem beim strittigen Thema Stadtautobahn A100 darauf geeinigt, den 16. Bauabschnitt - ein 3,2 Kilomter langes Teilstück von der Anschlussstelle Neukölln bis zum Treptower Park - fertigzustellen, aber den 17. - mit der Spreequerung bis in den Friedrichshain hinein - in der neuen Legislaturperiode nicht weiter voranzutreiben.
Der Bau dieses 16. Abschnitts der Stadtautobahn wurde 2011 vom damaligen rot-schwarzen Senat entschieden. Die Fortsetzung des Stadtrings soll die Erreichbarkeit des Berliner Ostens verbessern und andere Straßen entlasten. 2013 erfolgte der erste Spatenstich.
Die rot-rot-grüne Koalition lehnte schon in ihrem Koalitionsvertrag im Jahr 2016 die Autobahn-Verlängerung über den Treptower Park hinaus ab und hat deshalb alle Planungen für den 17. Bauabschnitt auf Eis gelegt. Doch seit Anfang des Jahres übernimmt der Bund nicht nur die Baukosten, sondern auch die Planung für neue Autobahnen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will in jedem Fall auch den 17. Abschnitt ausführen lassen. Dieser würde vom Treptower Park bis zur Storkower Straße führen. Auf der Strecke ist unter anderem geplant, eine zweispurige Straße mit Wohnhäusern an beiden Seiten zu untertunneln und dort die Autobahnspuren übereinanderzulegen.
Koalitionsverhandlungen mit Aktionen beeinflussen
Dem Bündnis "Gerechtigkeit Jetzt!" gehören mehr als 30 soziale Bewegungen an. Zu deren Themen gehören Mietenpolitik, Agrarreformen, Klimagerechtigkeit oder Rassismus. Mit diversen Veranstaltungen begleitet die Bewegung die laufenden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene von SPD, Grünen und FDP. Den Auftakt bildete am Freitag ein Protestmarsch von "Fridays for Future", an dem in Berlin Tausende Menschen teilnahmen.
Für Sonntag plant "Gerechtigkeit jetzt" eine Demo für eine bessere Klimapolitik. Damit soll auf SPD, Grüne und FDP Druck gemacht werden, die gerade in Koalitionsverhandlungen stehen.
Sendung: rbb 88.8, 23.10.2021, 13 Uhr