Bundesweite Inzidenz über 200 - Zahl der Corona-Infektionen steigt stark an

201,1: So hoch lag die bundesweite 7-Tage-Inzidenz seit Beginn der Pandemie noch nie. Die Zahl der Infektionen steigt, auch in Berlin und Brandenburg. Nun denken beide Landesregierungen darüber nach, die 2G-Regel auszuweiten.
Das Coronavirus breitet sich nach amtlichen Daten immer schneller aus. Bundesweit steckten sich laut Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen sieben Tagen im Schnitt 201,1 von 100.000 Menschen mit dem Virus an. Das ist der bisher höchste Wert seit Beginn der Pandemie. Am Vortag lag der Wert bei 191,5, vor einer Woche bei 154,8. Den bisherigen Höchstwert gab es am 22. Dezember des vergangenen Jahres mit 197,6.
Brandenburg hat 7-Tage-Inzidenz von über 200
In Brandenburg liegt der Wert der 7-Tage-Inzidenz mit 232,5 deutlich über dem Bundesdurchschnitt, wie das RKI am Montag mitteilte. Vor einer Woche hatte der Wert noch bei 128,3 gelegen. Besonders hoch ist die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz im Süden des Bundeslands. Im Kreis Elbe-Elster liegt sie laut RKI bei 609,4. Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz liegen jeweils über 370.
In Berlin hat die 7-Tage-Inzidenz den Wert von 200 derweil noch nicht überschritten. Nach Angaben des RKI vom Montag steckten sich in den vergangenen sieben Tagen 194,5 von 100.000 Menschen in der Stadt mit dem Virus an. Das ist deutlich mehr als am Montag vor einer Woche, als ein Wert von 140,2 genannt wurde. Zudem liegen Inzidenzen in den Bezirken Reinickendorf, Spandau, Mitte und Neukölln über dem Wert von 200.
Senat in Berlin plant Ausweitung von 2G-Regelung
In beiden Bundesländern wird die Ausweitung der 2G-Regelung in Erwägung gezogen.
Die besagt, dass nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt zu bestimmten Orten, Einrichtungen oder Veranstaltungen haben. Bisher können die Betreiber eigenständig entscheiden, ob sie auch Getestete einlassen wollen. Diese Option würde dann entfallen. Sachsen hat diese verschärfte 2G-Regelung bereits eingeführt, auch das Nachbarland Österreich will sie umsetzen.
Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sagte dem rbb, die Regelung, nur Geimpfte und Genesene zu Veranstaltungen zuzulassen, werde "vorbereitet". Bisher gilt die 2G-Regelung in Berlin vor allem in Clubs, nur vereinzelt in Restaurants, Theatern oder Museen. Angesichts der steigenden Infektionszahlen sagte Gesundheitsstaatsekretär Martin Matz (SPD) in der rbb-Abendschau bereits am Sonntagabend, es gelte den Krankenhäusern zu helfen und Nichtgeimpfte zu schützen. "Es läuft deswegen darauf hinaus, dass wir mehr Regelungen mit 2G-Zutritt brauchen werden." Zu konkreten Einzelheiten äußerte sich Matz jedoch nicht.
Jarasch: "Unbedingt Lockdowns und Schließungen von Schulen vermeiden"
Zuvor hatte sich bereits die Berliner SPD-Vorsitzende Franziska Giffey für strengere Corona-Regeln ausgesprochen. Es müsse alles getan werden, um einen weiteren Lockdown, insbesondere die Schließung von Schulen und Kitas, zu vermeiden, sagte Giffey dem rbb. Auch die Fraktionschefin der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, geht davon aus, dass die 2G-Regel schon bald an den meisten Orten der Hauptstadt gelten wird. Dabei müsse aber die Grundversorgung gesichert sein, sagte Jarasch im Inforadio. Es müsse also Ausnahmen für den Einkauf im Supermarkt und im Öffentlichen Nahverkehr geben.
"Ich möchte unbedingt Lockdowns und präventive Schließungen von Schulen vermeiden", so Jarasch weiter. "Das schaffen wir auch, weil trotz steigender Inzidenzen die Impfquote eine andere ist als letztes Jahr. Aber die Schutzmaßnahmen, die wir haben, vor allem, wenn im Bund die pandemische Notlage ausläuft, die müssen wir schon auch nützen, um gut über diesen Winter zu kommen." Vom Bund fordert Jarasch eine Rückkehr zu kostenlosen Corona-Schnelltests.
Berliner Opposition fordert Infos zu Booster-Impfungen
Zuspruch zur Verschärfung der Corona-Regeln kam vom CDU-Landeschef Kai Wegner. Er fordert außerdem zügige Einladungen zu Auffrischungsimpfungen. Die FDP fordert laut Fraktionschef Sebastian Czaja zügige Daten zu den sogenannten Booster-Impfungen. Czaja spricht sich dafür aus, die Bürger-Antigentests wieder kostenfrei anzubieten.
Linke-Fraktionschef Carsten Schatz sagte auf Anfrage, er sei angesichts steigender Zahlen für weniger Großveranstaltungen wie Fußballspiele. Außerdem sei eine erneute Maskenpflicht in der Grundschule außerhalb des Unterrichts, zum Beispiel auf den Fluren, aus seiner Sicht sinnvoll. Dazu tagt heute Nachmittag der Hygienebeirat, der Empfehlungen an die Bildungsverwaltung abgibt.
Die Berliner AfD hingegen lehnt Verschärfungen der Corona-Regeln ab, wie Fraktionschefin Kristin Brinker dem rbb sagte. Sie sehe darin eine Diskriminierung der Ungeimpften, sollten diese mit einer 2G-Regelung nicht mehr in Krankenhäuser, Altenheime oder Theater hineingelassen werden.
Auch Brandenburg plant mit Ausweitung der 2G-Regel
Auch der SPD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Daniel Keller, will angesichts steigender Corona-Zahlen die verschärfte 2G-Regelung von Sachsen auch für Brandenburg übernehmen. Außer in Geschäften oder im Nahverkehr müssten ungeimpfte Bürger ohne eine durchgestandene Covid-Erkrankung dann massive Einschränkungen in der Öffentlichkeit hinnehmen - negative Tests würden nicht mehr ausreichen. "Bei den steigenden Inzidenzen sollte die 2G-Regelung dringend ausgeweitet werden, auch eine 2G-Pflicht für Bereiche außerhalb der Grundversorgung kann ich mir befristet vorstellen", sagte Keller der "Märkischen Allgemeinen" [Bezahlinhalt] "Wir müssen die Pandemiewelle unter den Ungeimpften brechen." Dies sei wichtig, um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern.
Der Zeitung zufolge will sich die Landesregierung aus SPD, CDU und Grünen am Dienstag über zusätzliche Einschränkungen für Ungeimpfte verständigen. In Sachsen ist ihnen seit diesem Montag der Zugang zu Innengastronomie sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen verwehrt. Keller mahnte auch strengere Testpflichten in Pflegeheimen und Krankenhäusern an. "Wir müssen beim Testen noch rigoroser vorgehen und strenger werden. Es sollten nicht nur die ungeimpften Pflegekräfte getestet werden, sondern auch die geimpften."
Bundestag berät neues Infektionsschutzgesetz
SPD, Grüne und FDP im Bundestag wollen an diesem Montag eine rechtliche Grundlage für die weitere Bekämpfung der Corona-Pandemie präsentieren. "Am Montag werden wir dem Parlament einen Gesetzentwurf zur angemessenen und entschlossenen Bekämpfung von Corona vorlegen", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der "Welt" [Bezahlinhalt]. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will": "Das sagen wir morgen im Parlament natürlich und den Fraktionen als erstes".
Der Bundestag will am Donnerstag in erster Lesung über ein neues Infektionsschutzgesetz beraten. Am 25. November läuft der Sonderstatus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite aus. Göring-Eckardt lehnte eine Verlängerung ab und betonte, notwendig sei eine Lösung, die ausreichend und auch angesichts einer Mehrheit geimpfter Menschen in Deutschland auch rechtssicher sei.
Aus Fraktionskreisen hatte es am Wochenende geheißen, die drei möglichen Koalitionspartner wollten unter anderem neue Regelungen zum Testangebot festschreiben. Auf eine bundesweite 2G-Regel wollen die Ampel-Parteien verzichten. Wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, erwägen SPD, Grüne und FDP unter anderem eine tägliche Testpflicht für Mitarbeiter und Besucher in Pflegeheimen - unabhängig davon, ob diese geimpft oder genesen sind.
Sendung: Inforadio, 08.11.2021, 7:00 Uhr