Schutz gegen Influenza - Das sollten Sie über die Grippeimpfung wissen

Gerade in Pandemie-Zeiten hat die Grippeimpfung eine besondere Bedeutung. Doch die Stiko empfiehlt sie nicht für alle Menschen. Warum ist das so - und soll ich mich dennoch impfen lassen? Von Laura Will
Im vergangenen Jahr ist die Grippewelle nahezu ausgeblieben. Experten gehen davon aus, dass das vor allem an den Corona-Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Maskentragen lag. So gab es im Winter 2020/21 in Deutschland weniger als 600 gemeldete Influenza-Fälle. Zum Vergleich: im Jahr davor waren es 186.000.
Warum es noch keine Impfempfehlung der Stiko gibt
Generell ist es so, dass bei gesunden Kindern und Erwachsenen, die unter 60 Jahre alt sind, eine Influenzainfektion meistens harmlos verläuft. Aus diesem Grund gibt es für sie auch keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission Stiko. Diese empfiehlt die Impfung unter anderem für Menschen ab 60 Jahren, für Schwangere ab dem 2. Trimenon, bei Diabetes, bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Immunschwäche oder bei Menschen, die aufgrund ihres Berufs ein erhöhtes Risiko haben, wie zum Beispiel Krankenhauspersonal.
"Natürlich richten sich unsere Praxis-Impfrichtlinien stets nach den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Die Tatsache, dass die Stiko eine Impfung für manche Personengruppen nicht ausdrücklich empfohlen hat, bedeutet jedoch nicht, dass dieses Gremium die Impfung für die anderen risikoärmeren Menschen ausdrücklich nicht empfiehlt. Hier zählt nach einem ärztlichen Aufklärungsgespräch insbesondere die individuelle Entscheidung des Patienten", sagt Verena Ernst, Hausärztin in Potsdam.
Eine gleichzeitige Co-Infektion mit Corona und Grippevirus soll vermieden werden
Gerade in Pandemie-Zeiten hat die Grippe-Impfung eine besondere Bedeutung. Vor allem auch, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird und zu viele Corona- und Influenzapatienten parallel versorgt werden müssen.
"Natürlich versuchen wir Hausärzte auch insgesamt bedrohliche Atemwegsinfektionen durch Impfungen zu vermeiden, hierzu zählt selbstverständlich auch der Schutz vor der schweren Influenza-Infektion. Eine gleichzeitige Co-Infektion mit Corona und Grippevirus soll vermieden werden, aber natürlich versuchen wir auch mit der Impfung, die Zahl der Menschen mit Atemwegerkrankungen auf Intensivstationen klein zu halten."
Einen Effekt merkt die Hausärztin seit Beginn der Pandemie jeden Tag aufs Neue: "Die Influenza ist in der Wahrnehmung deutlich in den Hintergrund getreten, das fällt mir im Praxisalltag auf. Wir müssen sogar aktiv daran erinnern, dass es neben Corona auch noch die Grippe gibt", sagt Verena Ernst.
Grippewelle ist häufig zu Jahresbeginn
Ein guter Zeitpunkt für die Impfung ist ab Oktober bis Mitte Dezember, denn eine Grippewelle beginnt häufig Anfang des Jahres. Zu spät ist es allerdings nie - gerade bei später einsetzenden Grippewellen. Die Impfung wirkt etwa nach vierzehn Tagen.
Wer sich gegen Grippe impfen lässt, ist gegen die vier Grippevirus-Varianten geschützt, von denen Experten erwarten, dass sie am stärksten verbreitet sein werden. Weltweit überwachen Labore, welche Varianten der Influenzaviren gerade in bestimmten Gegenden zirkulieren. Als Basis für den aktuellen Impfstoff gelten daher immer die Daten der zuletzt zirkulierenden Virus-Varianten, das heißt der Grippeimpfstoff hat jedes Jahr eine neue Zusammensetzung. Das ist wichtig, weil durch Mutation immer wieder neue Stämme von Influenzaviren entstehen.
Da die letzte Grippewelle weltweit schwach war, ist die Datenbasis zwar geringer, aber dennoch ausreichend.
Grippevieren mutieren hundert Mal häufiger als Coronaviren
Wie viele Grippe-Erkrankungen es in den kommenden Monaten allerdings geben wird, kann nur schwer vorhergesagt werden. "In Australien zum Beispiel ist die Grippesaison auch in diesem Jahr wieder ausgeblieben. Es gibt sehr viele menschengemachte Faktoren, wie Kontaktbeschränkungen, die den Verlauf beeinflussen können. Je nachdem, wie sie bei uns weitergehen, wird sich das auch auf den Verlauf der Grippesaison auswirken", sagt die Fachärztin für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie vom Projekt Grippeschutz, Barbara Gärtner.
Neben den menschengemachten Faktoren sei es aber das Virus, das im Umlauf ist, selbst entscheidend. "Die Grippeviren mutieren munter weiter. Man muss es sich so vorstellen, dass Grippeviren hundert Mal häufiger mutieren können, als Coronaviren das können. Das Gefährlichste, was passieren kann, wäre einen Welle mit H3-Influenza-Viren. Die verändern sich sehr stark, sodass eine Immunität aus den Vorjahren oftmals nicht mehr schützt, auch nicht teilweise. H1-Viren sind aktuell ähnlicher, sodass der Schutz durch eine Impfung höher ist als bei H3", sagt Barbara Gärtner.
Doch die Schwere der Grippewelle lässt sich ebenso wenig vorhersagen wie die Wirksamkeit des Impfstoffs. Das ist immer nur im Rückblick möglich.
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