Proteste gegen Corona-Politik - Michael Müller und weitere Politiker erhalten Drohbriefe mit Fleisch

In Drohbriefen gegen Politiker, Medien und öffentliche Institutionen haben Unbekannte "blutigen Widerstand" gegen eine Corona-Impfpflicht angekündigt. Den Schreiben, die unter anderem an den Berliner Regierenden gingen, lagen Fleischstücke bei. Von M. Götschenberg und G. Heil
Einzelne hochrangige Politiker, mehrere Medien und verschiedene öffentliche Institutionen haben Drohschreiben erhalten. Darin wird "blutiger Widerstand" gegen die geplante Impfpflicht angekündigt. Die Drohungen machen deutlich, wie sehr sich die Protestbewegung radikalisiert.
Mindestens zwölf Drohschreiben wurden nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios und des ARD-Politikmagazins Kontraste verschickt. Unter den Adressaten ist unter anderem der Berliner Bürgermeister Michael Müller sowie weitere hochrangige Politiker, darunter Bundestagsabgeordnete, außerdem mehrere Medien, sowie Polizeibehörden und andere öffentliche Institutionen.
Bislang keine Hinweise auf Urheber bekannt
Alle Drohschreiben enthielten ein Stück Fleisch, das in Alufolie eingewickelt war. Es war mit folgendem Hinweis versehen: "Das Fleisch ist mit ausstrahlenden Covid-19-Viren und mit Zyklon B durchseucht. Der Widerstand gegen die Impfung und die Maßnahmen wird blutig und unappetitlich." Die Drohschreiben und das Fleisch wurden der Kriminaltechnischen Untersuchung beim Landeskriminalamt Berlin übergeben.
Gefahrenstoffe wurden nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und Kontraste bei der Untersuchung nicht festgestellt. "Ausstrahlende Covid-19-Viren" gibt es ohnehin nicht. Bei Zyklon B handelt es sich um die Bezeichnung für ein Gas, das Blausäure enthält, die für den Menschen tödlich ist, sobald sie eingeatmet wird. Zyklon B wurde von den Nazis für den Massenmord insbesondere im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verwendet.
Hinweise auf die Urheber der Drohschreiben gibt es bisher nicht.
Berliner Innensenator Geisel sichert Unterstützung zu
Angesichts der zahlreichen Drohbriefe, die an Adressaten in der Hauptstadt gegangen sind, hat der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Betroffenen den Schutz durch die Polizei zugesichert.
Die Radikalisierung von sogenannten "Corona-Leugnern" habe sich in den vergangenen anderthalb Jahren immer weiter gesteigert, sagte Geisel am Dienstag in der rbb-Abendschau. Die Polizei leiste ihren Beitrag, um Betroffene zu schützen. Entsprechende Vorfälle würden geahndet.
Vor allem sei es aber wichtig, dass die Gesellschaft resilient bleibe, betonte der Innenminister. Demokratische Kritik an Corona-Maßnahmen müsse möglich sein. Wenn Kritik in Hass und Hetze umschlage, dann müsse der Staat klare Grenzen setzen, so der SPD-Politiker.
Stübgen: Betroffene sollen jeden Fall anzeigen
Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) rief derweil die Betroffenen auf, jeden Fall anzuzeigen. Auch wenn der Einzelne solche Bedrohungen nicht ernst nehme, sollte besser der Staatsschutz eine mögliche Gefährdung prüfen, sagte Stübgen am Dienstag bei Brandenburg Aktuell vom rbb.
Der Innenminister betonte, dass solche Drohschreiben selten ernst gemeint seien. Vielmehr sollen die Empfänger eingeschüchtert werden und aus Angst aufhören, ihre Arbeit zu machen oder ihre Meinung zu sagen. Das, so Stübgen, sei die eigentliche Gefährdung.
Die geplante Impfpflicht führt zu Radikalisierung der Proteste
Die Drohschreiben sind ein weiterer Hinweis darauf, wie sehr sich Teile der Corona-Protestbewegung radikalisieren. In den vergangenen Wochen gab es unter anderem Fackelzüge zu den Privathäusern von Politikern, darunter das Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht sich massiven Drohungen ausgesetzt, bis hin zu Morddrohungen. Am vergangenen Wochenende gingen Teilnehmer an Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen verschiedentlich gewaltsam gegen Polizeikräfte vor.
Insbesondere die geplante Impfpflicht mobilisiert und radikalisiert die Protestbewegung aufs Neue, nachdem das Demonstrationsgeschehen über die Sommermonate weitegehend zum Erliegen gekommen war. Über einschlägige Kanäle beim Messengerdienst Telegram wird zu Kundgebungen aufgerufen, sowie Hass und Hetze verbreitet.
Sendung: Inforadio, 14.12.2021, 22:00 Uhr
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