Auffangstation im Havelland - Wie aus einer Berlinerin eine Eichhörnchenmutter wurde

So 26.12.21 | 19:46 Uhr | Von Claudia Baradoy
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Eichhörnchen in Obhut von Karin Grusdat (Bild: Karin Grusdat)
Bild: Karin Grusdat

74 Eichhörnchen-Auffangstationen gibt es im deutschsprachigen Raum - eine davon steht in Brandenburg. Karin Grusdat päppelt in Falkensee verletzte und unterkühlte Tiere auf und entlässt sie wieder in die Freiheit. Von Claudia Baradoy

Weil sie in der Stadt die Natur und die Tiere vermisste, ist Karin Grusdat vor 20 Jahren aus Berlin nach Falkensee ins Havelland gezogen. Sie kaufte ein Grundstück am See mit einem alten Haus und ebenso alten Bäumen: Tannen, Birken, Kastanien. Hier war der ideale Platz, um sich einem Traum zu widmen, den sie schon lange in sich trug.

Karin Grusdat wollte Wildtiere pflegen. Wie und was genau, war ihr anfangs gar nicht so klar. Doch dann fiel ihr ihre neue Aufgabe buchstäblich vor die Füße: Auf der Straße vorm Haus parkte Karin Grusdat ihr Auto unter einer hohen Tanne. Oben war ein Eichhörnchenkobel mit Jungtieren: "Ich will Einkaufen fahren, und da liegt was auf meinem Autodach und bewegt sich ein bisschen. Ich wollte eigentlich nur die Blätter wegwischen und habe einen Riesenschreck bekommen. Ich wusste nicht, was das für ein Tier ist. Ein Baby-Eichhörnchen hatte ich noch nie gesehen."

Karin Karin Grusdat aus Falkensee hat eine private Auffangstation für Eichhörnchen. (Quelle: Karin Grusdat)
"Eichhörnchenmutter" Karin Grusdat | Bild: Karin Grusdat

Aus einem Baby wurden unzählige Pfleglinge

Karin Grusdat nimmt das Bündel mit ins Haus, googelt und telefoniert. Irgendwann hat sie eine Tierärztin an der Strippe. Die gibt ihr erste Tipps. Karin Grusdat holt Stift und Zettel und schreibt mit. Für das junge Eichhörnchen hätte es ohne ihre Hilfe schlecht ausgesehen. Mit Babynahrung und Katzenmilch bekommt sie das Tier groß. Nachdem es ausgewildert ist, bleibt es noch drei Jahre in der Nähe von Karin Grusdat und ihrem Garten. Seitdem widmet Grusdat den roten Flitzern ihre gesamte Freizeit.

Derzeit leben drei Artgenossen in einer großen Außenvoliere hinter dem Haus. "Hier ist meine Mädchengruppe. Das eine hat nur ein Auge, das andere hat nur einen halben Schwanz, und das dritte hat Nervenstörungen am Schwanz und kann nicht springen." Noch zwei weitere Eichhörnchen hat die Wahl-Brandenburgerin in Pflege: "Sie wurden zu spät geboren und werden bei mir überwintern. Die anderen vier Pflegefälle aus diesem Jahr konnte ich auswildern."

Karin Grusdat aus Falkensee hat eine private Auffangstation für Eichhörnchen. (Quelle: Karin Grusdat)
Aufgewärmt und aufgepäppelt: eines der vielen Eichhörnchen in Grusdats Obhut. | Bild: Karin Grusdat

Findlinge brauchen erstmal ganz viel Wärme

"Eichhörnchen sind einzigartig. Sie sind wie kleine Menschen. Jedes hat einen eigenen Kopf. Es gibt schüchterne, es gibt wilde und es gibt ganz neugierige. Sie sind sehr stressempfindlich, aber auch sehr tapfer", erzählt die Pflegerin.

Wie viele Tiere sie in den letzten 20 Jahren wieder auf ein Leben in Freiheit vorbereitete, kann Karin Grusdat beim besten Willen nicht mehr abschätzen. Die Fundtiere werden aus einem Umkreis von 100 Kilometern zu ihr gebracht. Oft stellt sich die Frage, ob ein Tier, das man entdeckt, wirklich Hilfe braucht. "Wenn ein Eichhörnchen auf einen Menschen zuläuft, ist die Sache klar", sagt Grusdat, "dann braucht es Hilfe." Dass Eichhörnchen Krankheiten auf Menschen übertragen, ist unwahrscheinlich. Deutschland gilt auch seit Langem als frei von Tollwut.

Wichtig ist: Findlinge müssen unbedingt warmgehalten werden, denn meist sind sie unterkühlt, erklärt Grusdat. Bis die Kiste mit der Wärmeflasche bereit ist, kann man das Tier in einen Pullover oder ein Frottiertuch wickeln.

Auffangstation wird ehrenamtlich betrieben

Sobald das kleine Tier genug gepflegt, verarztet und aufgepäppelt ist, verlässt es das Gehege und erkundet seine Umwelt. Eventuell wird es zum Schlafen und Essen zurückkehren, bevor es ein eigenes Revier gefunden hat, erzählt die Expertin. "Die Hörnchen zeigen das selbst, ob sie rauswollen, ob sie stabil genug sind. Und dann dürfen sie natürlich auch raus. In den Volieren sind überall Türchen drin zum Auswildern. Und sie gehen von dieser Anlage hier direkt in die Umgegend und suchen oder bauen sich einen Kobel."

Grusdats Auffangstation wird ehrenamtlich betrieben und ist auf Spenden angewiesen. Derzeit sucht die Eichhörnchenmutter handwerklich begabte Helfer. Denn ihre selbst gebauten Volieren sind in die Jahre gekommen und müssen dringend erneuert werden. Wer helfen will, kann sich jederzeit bei Karin Grusdat melden.

Beitrag von Claudia Baradoy

2 Kommentare

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  1. 2.

    Hallo Karin, finde es toll was du für die Eichhörnchen machst. Bei uns hinter dem Haus steht ein großer Walnussbaum da kommen manchmal auch Eichhörnchen. Aber die sind scheu.
    LG Heidi

  2. 1.

    Toll. dass es solche hilfsbereiten Menschen gibt - weiter so :-)) Natur- und Tierprojekte sind auf jeden Fall zu unterstützen, mache ich auch sehr gerne.

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