Soziale Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe -

Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) will Gefängnisstrafen als Ersatz für nicht gezahlte Geldstrafen vermeiden. Jede Ersatzfreiheitsstrafe, die in Haft verbüßt werden müsse, sei ein Scheitern des Systems, sagte sie am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Schließlich gehe es um Straftaten, für die das Gericht eine Geldstrafe als angemessen erachtet habe, sagte Kreck weiter. "Tat und Schuld rechtfertigen eigentlich keine Freiheitsstrafe", betonte sie. Andererseits sei eine Sanktion erforderlich - auch wenn der verurteilte Mensch die Strafe nicht zahlen könne.
Kreck setzt auf gemeinnützige Arbeit
Ein Hafttag kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler rund 160 Euro. Die Gefängnistage können schon jetzt durch gemeinnützige Arbeit wie Pflege von Parks und Grünanlagen ausgeglichen werden. Das spart auch der Justiz Kosten. Gemeinnützige Arbeit ist bei Einrichtungen möglich, die eine Vereinbarung mit den Sozialen Diensten der Justiz geschlossen haben.
Kreck will diese Möglichkeiten nach eigenen Angaben deutlich ausbauen und die sozialen Dienste stärken. Auch über eine noch stärkere Begleitung der Betroffenen müsse nachgedacht werden, sagte sie. "Ich bin mir sehr sicher, dass man an dieser Stelle mehr erreichen kann."
Bislang sei die Zahl derer, die in Haft müssten, weil sie nicht zahlen können oder wollen, zu hoch, so Kreck weiter. "Die Menschen werden wirklich aus dem Leben gerissen." Das sei nicht im Sinne der Vermeidung weiterer Straftaten.
Ersatzfreiheitsstrafen bis Ende März ausgesetzt
Derzeit müssen wegen der Corona-Pandemie keine Ersatzfreiheitsstrafen verbüßt werden. Die Vollstreckung ist in Berlin zunächst bis 31. März ausgesetzt. Dies war bereits mit Beginn der ersten und zweiten Corona-Welle der Fall.
2019 hatten nach früheren Angaben der Justizverwaltung 913 Menschen im Gefängnis gesessen, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten oder wollten. Mehr als die Hälfte davon (494) waren Menschen, die Strafen wegen "Erschleichens von Leistungen" nicht gezahlt hatten. Dazu zählt etwa wiederholtes Schwarzfahren.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte zuletzt angekündigt, im Zuge von Überlegungen zu einer Entlastung der Justiz auch Strafen für Schwarzfahren zu überprüfen. "Wenn dieser Straftatbestand aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden würde, würden sich die Fallzahlen wahrscheinlich deutlich reduzieren", so Senatorin Kreck.
Sendung: Radioeins, 17.01.2022, 9:30 Uhr