Nähe zur Bundespolitik - Deutsche Katholiken ziehen nach Prenzlauer Berg

Die Laien in der katholischen Kirche wollen einen engeren Kontakt zur Bundespolitik. Deshalb zieht ihr höchstes Gremium, das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken von Bonn nach Berlin - und zwar in ein Gebäude mit Geschichte. Von Carmen Gräf
Nur ein paar Schritte zur Straßenbahn am U-Bahnhof Rosa-Luxemburgplatz, in der Schönhauser Allee, mitten in Prenzlauer Berg ist nun das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (kurz ZdK) ab dem 17. Januar zuhause: im Gebäude, in dem früher das Theresienstift untergebracht war - eine katholische Mädchenschule. "Das Ziel ist, den gesellschaftlichen Vertretungsanspruch der Katholiken zu stärken", sagte Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des ZdK, dem rbb. "Und da liegt es nahe, in die Bundeshauptstadt zu gehen."
70 Jahre lang war Bonn der Sitz des ZdK. Begründet wurde das mit kurzen Wegen zum Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. Nun sucht das ZdK die Nähe zur Bundespolitik.
Auf der Suche nach neuen Bündnispartnern
Das ZdK ist das höchste repräsentative Gremium der katholischen Laien in Deutschland. Es bemüht sich in der Kirche um Reformen wie den synodalen Weg. Dabei geht es unter anderem um den Machtabbau und die Sexualmoral der katholischen Kirche. Zugleich will das ZdK den katholischen Laien eine Stimme geben gegenüber Politik und Gesellschaft.
Es sei für Christen aufgrund der Entwicklungen in der säkularen Gesellschaft nicht leichter, politisch Einfluss zu nehmen, betonte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Umso mehr wolle sich der Verband öffnen für neue Bündnispartnerinnen und -partner - und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche. Dabei will das ZdK auch mit Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten. Etwa wenn es um Menschenrechte geht oder um Geflüchtete.
"Wir übernehmen dieses Gebäude mit viel Demut"
Das passt gut zu dem historischen Gebäude, in dem das ZdK untergebracht ist. "In der katholischen Mädchenschule Theresienstift Prenzlauer Berg wurden jüdische Schülerinnen aufgenommen, als sie an staatlichen Schulen schon nicht mehr aufgrund des Naziterrors unterrichtet werden konnten", erklärt ZdK-Generalsekretät Marc Frings.
In dem heutigen ZdK-Gebäude war auch das "Hilfswerk beim bischöflichen Ordinariat" untergebracht. Dieses spielte ebenfalls eine Rolle bei der Unterstützung von Juden während des Dritten Reiches. Bis 1941 wirkte hier der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg, heute Namensgeber der Gemeinde in Berlin-Mitte und Kreuzberg. Er wurde wegen seiner Kritik an der Nazi-Propaganda inhaftiert und starb 1943 auf dem Weg ins Konzentrationslager Dachau.
"Wir übernehmen dieses Gebäude mit viel Demut, wissen um das große Erbe, das mit diesem Haus einherkommt," betont Marc Frings, der Generalsekretär des ZdK. Dieses will das Vertrauen in die katholische Kirche nach dem immer noch anhaltenden Missbrauchsskandal zurückgewinnen und ihr weiter eine Platz in der Zivilgesellschaft sichern.
Sendung: Inforadio, 15.01.2022, 10 Uhr