Aufräumarbeiten - Rettungskräfte wegen Sturm "Zeynep" auch am Sonntag im Ausnahmezustand

Das Orkantief "Zeynep" entwickelte gewaltige Kräfte und führte zu zahlreichen Schäden. Die Berliner Feuerwehr verzeichnete einen Einsatzrekord und war bis Sonntagnachmittag im Ausnahmezustand. Unterdessen kündigt sich das nächste Sturmtief an.
- Berliner Feuerwehr spricht vom bislang größten Einsatz
- Auch Brandenburger Feuerwehr zu hunderten Einsätzen ausgerückt
- Notrufe von Feuerwehr und Rettungsdienst in Ostbrandenburg zeitweise überlastet
- Weiter Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr (detaillierte Infos hier)
- Neues Sturmtief "Antonia" kommt in der Nacht zu Montag (aktuelle Infos hier)
Das Sturmtief "Zeynep" ist mit teilweise orkanartigen Böen über Berlin und Brandenburg hinweggefegt. Am Sonntagmorgen hatte sich die Lage zwar entspannt, aber der Ausnahmezustand der Berliner Feuerwehr dauerte bis zum Sonntagnachmittag an.
Seit Freitag arbeitete die Berliner Feuerwehr nach eigenen Angaben fast 3.500 wetterbedingte Einsätze ab. Seit Donnerstag, seit dem Sturmtief "Ylenia", waren es insgesamt fast 4.000 Einsätze. Es sei der "einsatzreichste Ausnahmezustand Wetter" in ihrer Geschichte gewesen, teilte die Feuerwehr am Sonntagabend mit. Das waren demnach mehr als beim der "Xavier" 2017 - damals zählte die Feuerwehr knapp über 3.000 Einsätze.
Im Westen und Nordwesten Brandenburgs war die Feuerwehr von Samstag früh bis Sonntagmorgen 522 Mal im Einsatz. Diese Zahl nannte ein Sprecher der Regionalleitstelle Nordwest dem rbb.
In Südbrandenburg registrierte die Leitstelle Lausitz in Cottbus am Samstag rund 570 witterungsbedingte Einsätze. Bis Mitternacht gingen demnach insgesamt über 900 Notrufe ein. In fast allen Fällen waren umgestürzte Bäume das Problem. Verletzt wurde niemand.

Die Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren im Bereich der Regionalleitstelle Brandenburg mussten wegen den beiden Sturmtiefs von Donnerstag bis Samstagvormittag jeweils mehr als 700 Mal zu Einsätzen ausrücken. Die Leitstelle ist zuständig für die Stadt Brandenburg/Havel sowie die beiden Landkreise Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming. Aufgrund der Zahl der gemeldeten Gefahren mussten Einsätze priorisiert und danach abgearbeitet werden.
Am frühen Samstag erreicheten Windböen in Lindenberg (Oder-Spree.) 120 Stundenkilometer pro Stunde - Orkan-Niveau, so ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD). In Berlin wurden in Wansee Windböen von 120 km/h gemessen. Bereits am frühen Freitag wurde der Topwert in der Region im Raum Angermünde 125 km/h festgestellt.
Ab Sonntagnacht ist in Brandenburg und Berlin erneut mit Sturmböen zu rechnen. Der DWD hat für 22 Uhr eine Gefahrenmeldung im Zusammenhang mit dem Sturmtief "Antonia" herausgegeben, die bis Montagmorgen gilt. Dann rechnet der DWD mit Windspitzen von maximal 90 Stundenkilometern, also Windstärke acht bis neun. Das ist deutlich schwächer als die Sturmtiefs der vergangenen Tage. Bei Gewittern können in der Spitze auch Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern erreicht werden.
Notrufe von Feuerwehr und Rettungsdienst in Ostbrandenburg überlastet
"Zeynep" führte bei den Leitstellen Nordost und Oderland zu hunderten Notrufen, sodass die Notrufleitungen massiv überlastet waren. Es wurde daher eine amtliche Gefahrenmitteilung herausgegeben. Betroffen waren die Landkreise Uckermark, Barnim und Oberhavel, Märkisch-Oderland, Oder-Spree sowie die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder). Inzwischen konnte Entwarnung gegeben werden.
Großflächiger Stromausfall in Teilen von Brandenburg
In einigen Orten in Brandenburg ist es zu großflächigen Stromausfällen gekommen, wie die Regionalleitstelle Brandenburg in der Nacht auf Samstag mitteilte. Dazu wurde eine amtliche Gefahrenmitteilung herausgegeben. Gegen 6:30 Uhr am Samstagmorgen hob die Regionalleitstelle Brandenburg die Gefahrenmitteilung wieder auf. Der Ausfall der Stromversorgung betraf die Orte Wenzlow, Wollin, Gräben, Glienicke und Dahlen (Potsdam Mittelmark).
Bahnverkehr läuft langsam wieder an
Der Regionalverkehr der Deutschen Bahn lief am Samstagnachmittag zwar wieder langsam an. Es muss aber am Sonntag weiterhin mit Einschränkungen gerechnet werden. Gleiches gilt für den Fernverkehr. Da nun ein drittes Sturmtief aufzieht, soll der Regionalverkehr im Norden erneut ausgesetzt werden.
Die Bahn verwies zuletzt auch auf "besondere Kulanzregelungen" [bahn.de] für die Gültigkeit bereits gekaufter Fernverkehrstickets". Alle Fahrgäste, die ihre geplante Reise aufgrund der Einschränkungen verschieben wollen, können gebuchte Tickets für den Fernverkehr demnach "entweder flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren".
In einer ersten Bilanz teilte die Bahn am Sonntag mit, dass das deutsche Streckennetz durch die Stürme noch mehr Schaden genommen hat als bislang gedacht. Dies sei bei weiteren Erkundungsfahrten und Helikopter-Flügen festgestellt worden, so ein Bahnsprecher. "Seit Beginn der Unwetterserie am Mittwochabend waren zwischenzeitlich insgesamt über 6.000 Kilometer des Streckennetzes nicht befahrbar", sagte ein Sprecher. Derzeit seien noch 874 Kilometer Bahnstrecken von Schäden betroffen, hieß es am Sonntagmittag.
Schwere Störungen im S-Bahn-Verkehr
Zum Teil erhebliche Einschränkungen gab es auch im öffentlichen Nahverkehr. Besonders stark war nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) der Busverkehr betroffen. Zahlreiche Buslinien in der gesamten Stadt wurden zeitweise umgeleitet oder unterbrochen - etwa wegen umgestürzter Bäume auf der Strecke. Einschränkungen gab es auch bei Straßenbahnen und U-Bahnen. Am späten Samstagnachmittag teilte die BVG mit, die Lage habe sich deutlich entspannt. U- und Straßenbahn seien wieder planmäßig im Einsatz, im Busverkehr sei es teilweise noch zu Umleitungen gekommen.
Wegen umgestürzter Bäume hatten seit Freitagabend so gut wie alle Berliner S-Bahnlinien eingestellt werden müssen. In Berlin-Schöneberg war ein Baum auf die Gleise der S-Bahn gestürzt. Ein Zug war gegen das Hindernis am Priesterweg gefahren. Da es sich um einen kleinen Baum handelte, sei niemandem etwas passiert, teilte die Feuerwehr mit. In der S-Bahn saßen rund 80 Fahrgäste. Die Feuerwehr räumte die Gleise wieder frei.

In Treptow habe der Sturm das Flachdach eines Bürogebäudes abgedeckt, sagte der Feuerwehrsprecher. In der Villengegend Grunewald seien zudem viele Bäume umgestürzt. Hier war die Feuerwehr im Einsatz, um die Straßen freizumachen. Am späten Freitagabend wurden Einsatzkräfte in den Berliner Stadtteil Lichtenrade gerufen. In der dortigen Lortzingstraße drohte ein Baum umzustürzen. Die Feuerwehr war mit einem Kran im Einsatz, wie sie auf Twitter mitteilte.
Zahlreiche umgestürzte Bäume - auch auf Autobahnen
Bis zum Samstagmorgen gab es zahlreiche umgestürzte Bäume auch auf Autobahnen in und um Berlin herum. Betroffen waren unter anderem die A115, hier lag in der Ausfahrt Potsdam-Babelsberg ein Baum. Auf der Stadtautobahn A100 in Richtung Neukölln stürzten zwischen Tunnel Innsbrucker Platz und der gleichnamigen Ausfahrt mehrere Bäume auf die rechte Spur, wie die Verkehrsinformationszentrale meldete. In Berlin-Siemensstadt registrierte die Polizei zwischen Schuckertdamm und Jugendweg Sturmschäden, weswegen der Rohrdamm gesperrt werden musste.

Umgestürzte Bäume und Unfälle in Brandenburg
Auch die Feuerwehren in Brandenburg sind wegen des Sturmtiefs "Zeynep" nahezu im Dauereinsatz. Der Sturm habe landesweit viele Bäume entwurzelt, berichteten die Leitstellen, auch Verkehrsunfälle habe es in den Landkreisen Barnim, Oberhavel und Uckermark gegeben. An vielen Orten im Land sind Rettungskräfte im Einsatz, um Bäume von Straßen und Wegen zu räumen.
In Potsdam stürzten zwei Bäume auf eine parkende Straßenbahn. Sie sei leer gewesen, so dass niemand verletzt wurde, berichtete ein Sprecher der Leitstelle Nordwest in Potsdam. In Premnitz im Havelland stürzte ein Baum in eine Oberleitung an einer Bahnstrecke.
In Brandenburg an der Havel deckte der Sturm das Dach einer alten Industriehalle ab. Dachteile stürzten auf eine relativ stark befahrene Straße, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Dabei wurde niemand verletzt.
Wie die Regionalleitstelle Lausitz am Samstagmorgen mitteilte, sei es in der Nacht zu Samstag zu einem Autounfall auf der A13 gegeben - drei Menschen seien verletzt worden. Hier vermutet die Polizei, dass dieser Unfall auf eine Windböe zurückzuführen sei, die das Auto erfasst hat.
In der Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sind die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei zu zahlreichen sturmbedingten Einsätzen ausgerückt. Auch hier sorgten umgefallene Bäume für erhebliche Probleme. Etwa auf der A24 zwischen der Raststätte Prignitz-West und Herzsprung. In Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) hat der Sturm ein Dach in der August-Bebel-Straße abgedeckt und heruntergerissen. In Wittenberge stürzten Metallteile auf fünf parkende Autos. Verletzte gab es aber nicht.
Zudem wurden in der Prignitz zwei Verkehrsunfälle aufgrund des Sturms gemeldet. Auf der B189 war an der Elbbrücke bei Wittenberge ein Ast direkt vor ein Auto gefallen und es kam zum Zusammenstoß. Auch auf der der L155 zwischen Preddöhl und Kammermark wurde ein Baum entwurzelt und stürzte direkt vor ein Auto.
In Falkensee (Havelland) war in der Nacht zu Samstag ein Baum vor ein Auto gefallen, das damit zusammenstieß. Der 55 Jahre alte Fahrer wurde leicht verletzt und musste in ein Krankenhaus gebracht werden.
Probleme am BER
Am Berliner Flughafen kam es zu Schwierigkeiten bei der Gepäckabfertigung. Hunderte Fluggäste warteten nach Angaben eines dpa-Reporters am späten Freitagabend vergeblich auf ihre Koffer. Der Flughafen hatte wegen des Sturms den Betrieb der Gepäckbänder eingestellt, die Reisenden sollten ihre Koffer nun am Samstag abholen. Wegen der hohen Windgeschwindigkeiten sei das Gepäck zum Teil weder aus den Flugzeugen aus- noch eingeladen worden, sagte ein Flughafensprecher am Samstag. Wegen des Sturms abgesagte Flüge habe es aber nicht gegeben, teilweise allerdings Verspätungen.

Gedenkstätte Sachsenhausen und Parkanlagen der Schlösserstiftung geschlossen
Die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen in Oranienburg bleibt nach Sturmschäden voraussichtlich bis Dienstag geschlossen. So wurde die östliche Lagermauer stark beschädigt und auf mehr als 200 Meter Länge umgeweht. Zudem wurden nach Angaben der Stiftung bei einem Gebäude im ehemaligen Industriehof Teile der Dachhaut abgetragen.
Um Gefahren für die Besucher abzuwenden, bleiben die Parkanlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam, Berlin und Brandenburg bis einschließlich Montag geschlossen. Im Park von Potsdam-Sanssouci sind nach letzten Angaben 29 Bäume umgestürzt beziehungsweise entwurzelt und die Einhausungen von neun Skulpturen beschädigt worden.
Zoo, Tierpark Berlin und Tierpark Cottbus waren Samstag geschlossen
Der Zoologische Garten und der Tierpark öffneten am Sonntag nach dem Orkantief wieder ihre Pforten. Allerdings will die Geschäftsleitung neuerliche Unwetterwarnung genau verfolgen und entscheide zeitnah, ob aufgrund von "Antonia" erneut geschlossen werden müsse.
Unter anderem wegen herabfallender Äste des alten Baumbestandes wurden Zoo und Tierpark aufgrund der Orkantiefs vorsorglich geschlossen, hieß es. Am Donnerstag sei vor allem der Tierpark von den Orkan-Böen stark getroffen worden. "Mehr als 20 Bäume und diverse Bauzäune sind umgekippt." Sofern keine gravierenden Sturmschäden auftreten und sich die Unwetterlage beruhigt, werde der Zoo und der Tierpark am Sonntag voraussichtlich wieder öffnen. Das Aquarium Berlin hingegen bleibt weiterhin geöffnet.
Der Tierpark Perleberg bleibt bis auf weiteres geschlossen. Hier sind mehrere Bäume auf Zaunanlagen gefallen. Die Aufräumarbeiten würden einige Zeit in Anspruch nehmen, hieß es. Unterdessen öffnete der Tierpark Cottbus seine Pforten wieder.
Folgen des Orkans in Berlin und Brandenburg
Sendung: Inforadio, 20.02.2022, 8 Uhr