Mit blauen Westen unterwegs - Was sich BVG und Fahrgastverband von erkennbaren Kontrolleuren erhoffen

Signal-Blau statt in Zivil: Die neuen Outfits der BVG-Kontrolleure sind schon länger im Einsatz. Bisher mit positivem Effekt, wie das Unternehmen sagt. Auch der Fahrgastverband begrüßt die Änderung.
Für Fahrgäste sind sie jetzt gut erkennbar. Wer in den U-Bahnhof kommt oder aus der langsam abbremsenden Bahn den vorbeiziehenden Bahnsteig beobachtet, sieht sofort: Gleich wird kontrolliert. Eine große Gruppen von Menschen mit blauen Westen, kaum zu verfehlen, hinten drauf steht "Im Auftrag der BVG".
Seit dem 1. November ist der neue Look schon im Einsatz, insofern verstand man bei den Berliner Verkehrsbetrieben die Aufregung nicht ganz, als das Thema Ende der vergangenen Woche als Nachricht in den Medien auftauchte. "Die Kontrollen laufen weiter und sie laufen weiterhin erfolgreich. Es gab auch Lob von Fahrgastseite, aber es ist nicht so, dass es das Rad neu erfunden hätte", stellt Firmensprecher Jannes Schwentu gegenüber rbb|24 fest.
"War das jetzt wirklich ein Kontrolleur oder bin ich übertölpelt worden?"
Der Wunsch sei ohnehin von den Fahrgästen gekommen, heißt es von der BVG. Die Kontrolleure waren zuvor jahrelang und fast schon traditionell in mal besserer, mal schlechterer Ziviltarnung unterwegs. Die sorgte anscheinend für Verwirrung bei einigen Fahrgästen. Es hätten sich Menschen gefragt: "War das jetzt wirklich ein Kontrolleur, der mich kontrolliert hat oder bin ich übertölpelt worden", erklärt der BVG-Sprecher.
Deshalb sollte direkt erkennbar sein, wer ein offizieller Kontrolleur ist (und wer im Zweifelsfalle nicht). Eine Begründung, die der Fahrgastverband "ProBahn" unterstützt. Dessen Sprecher Peter Cornelius sagte gegenüber rbb|24, er halte es für "positiv, wenn die Kontrolleure gekennzeichnet sind." Die neuen Westen tragen übrigens nur die rund 130 Kontrolleure, die über externe Dienstleister für die BVG unterwegs sind. Die 40 direkt bei der BVG beschäftigten Kontrolleure waren schon zuvor an ihrer Dienstkleidung zu erkennen.
Zunächst werden die Westen auch nur im Berliner U-Bahn-Verkehr eingesetzt. Dort sei der Wunsch der Erkennbarkeit mit den langen Zügen und großen Bahnhöfen am höchsten gewesen, erklärt die BVG. In Bussen gebe es schließlich den Busfahrer, den man im Zweifelsfall fragen könnte, ob es sich um echte Kontrolleure handele. Mehr Menschen in erkennbarer Unternehmenskleidung auf den Bahnhöfen und in den Zügen sollen außerdem für eine "subjektive Sicherheit" bei den Fahrgästen sorgen.
Nicht weniger Menschen ohne Fahrschein erwischt
Auch wenn es gut drei Monate nach Einführung der Signalwesten noch keine umfassende Auswertung der Maßnahme gibt, lässt sich laut BVG zumindest eines festhalten: Die Anzahl an erwischten Menschen ohne Fahrschein (oder auch der "Kontrollerfolg") bleibt unverändert - das sagt zumindest Firmensprecher Schwentu.
Die blauen Westen führen ihm zufolge nicht dazu, "dass die Kontrolleure sofort auf 100 Metern erkannt werden." Die BVG hoffe vielmehr, dass es sogar einen positiven Abschreckungseffekt geben könnte: "Wenn man als Fahrgast auch immer mal wieder Menschen in blauen Westen am Bahnhof sieht, fährt man vielleicht das nächste Mal nicht ohne Ticket, weil man ja weiß, dass kontrolliert wird." Mehr Transparenz für die Fahrgäste soll also hinter den blauen Westen stecken, gleichzeitig sagt die BVG, sie erhoffe sich auch, dass die Signal-Kleidung "deeskalierend" wirke.
Weniger Streitigkeiten um Ticketkontrollen, dank bunter Westen? Peter Cornelius von Pro Bahn hält es durchaus für möglich, dass auch die Kontrolleure von ihrer neuen Uniform profitieren: "Vielleicht ist das auch für die Kontrolleure positiv, dass sie direkt als Auftragnehmer der BVG erkennbar sind. Für die Fahrgäste ist dann auf einen Blick ersichtlich, dass eine Kontrolle stattfinden wird."
Westen sollen erstmal ohne Frist bleiben
In der Vergangenheit sahen sich allerdings auch die BVG und von ihr beschäftigte Kontrolleure immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, bei Kontrollen Fehlverhalten an den Tag zu legen. Vor etwa einem Jahr startete sogar eine Petition gegen Diskriminierung durch Fahrscheinkontrolleure, die von fast 40.000 Menschen unterzeichnet wurde (externer Link: change.org). Mit solchen Vorwürfen hätten die Westen nichts zu tun, teilt das Unternehmen mit. "Erstmal die Feststellung: Es sind wenn dann Einzelfälle. Aber wir gehen natürlich jedem Einzelfall nach. Im Gespräch mit dem betreffenden Kontrolleur oder den jeweiligen Chefs. Das Tragen einer Weste hat damit aber nichts zu tun", sagt Firmensprecher Schwentu. Schulungen zum richtigen Umgang mit Fahrgästen gebe es ohnehin, mit oder ohne Weste.
Der neue Signal-Look soll den Kontrolleuren erstmal erhalten bleiben. Eine feste Test-Zeit hat sich das Unternehmen nach eigenen Angaben nicht gesetzt. Damit "fahre man ganz gut", heißt es. Eine Absprache mit der S-Bahn scheint es in der neuen Transparenz-Offensive übrigens nicht gegeben zu haben. Auf Nachfrage, ob die Kontrolleure innerhalb des Tarifbereichs jetzt einheitlich erkennbar seien, teilt die BVG nur mit, dass das Sache der Deutschen Bahn sei, die ja bekanntlich das S-Bahn-Netz betreibt. Die Antwort der Bahn stand am frühen Abend noch aus.
Sendung: Fritz, 05.02.2022, 10 Uhr