Testbetrieb mit 30 statt 300 Kameras -
Im Testbetrieb von sogenannten Bodycams bei der Berliner Polizei und Feuerwehr soll es zu deutlichen Verzögerungen kommen. Das teilte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Mittwoch mit.
Der seit etwa einem halben Jahr laufende Test sollte im April eigentlich von 30 auf 300 der kleinen, an der Uniform befestigten Kameras ausgeweitet werden. Nach GdP-Angaben soll die Ausweitung aber erst Anfang 2023 möglich sein. Grund sind demnach Probleme beim Kauf der Kameras.
Der derzeitige Testbetrieb mit den vorhandenen Kameras soll ungeachtet der Verzögerung bis Ende 2021 weiterlaufen. In anderen Bundesländern und bei der Bundespolizei werden die Bodycams schon seit Jahren genutzt.
Probleme durch die Verzögerung
Durch die Verzögerung könnte das Berliner Testprojekt Probleme bekommen, weil parallel eine wissenschaftliche Auswertung laufen soll. Endet die zweite Testphase mit den 300 Bodycams erst Ende 2023, bleibt dafür aber wenig Zeit. Die Grundlage für den Einsatz im Gesetz läuft zum 1. April 2024 aus, danach muss das Gesetz für einen Weiterbetrieb wieder überarbeitet werden.
Der damalige Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte im letzten Jahr angekündigt, die Berliner Polizei solle ab 2026 die Kameras flächendeckend verwenden. Schon damals hatte die CDU kritisiert, der Test komme viel zu spät und sei wegen der positiven Erfahrungen aus anderen Bundesländern überflüssig. Die Berliner Feuerwehr ist mit ihrer Teilnahme allerdings Vorreiter in Deutschland.
Positive Rückmeldungen der Polizisten
Von September 2021 bis Mitte März 2022 wurden die Kameras, die nur bei bestimmten Polizeieinheiten in der Berliner Innenstadt eingesetzt werden, laut GdP 64 Mal ausgelöst. Mit den Geräten sollen Situationen, die sich aggressiv entwickeln, gefilmt werden. Damit sollen Straftäter abgeschreckt und die Lage beruhigt werden. Außerdem können die Videofilme als Beweise dienen. Die GdP teilte mit, im Testbetrieb habe es durchgehend positive Rückmeldungen der Polizisten gegeben und zugleich keine Beschwerden aus der Bevölkerung.
Die GdP forderte, dass die Bodycams auch in Wohnungen genutzt werden dürften, weil es auch dort viele Einsätze und Angriffe gebe. Erlaubt ist das Filmem in Berlin aber nur auf öffentlichem Gebiet. Außerdem sollten mehr als nur die letzten 30 Sekunden vor der Aktivierung gespeichert werden. Besser wären 90 oder 120 Sekunden, weil so die Entwicklung aggressiver Situationen nachvollzogen werden könnte.
Die Kameras filmen im Normalzustand ständig, zugleich werden alle Aufzeichnungen wieder gelöscht - bis auf die jeweils letzten 30 Sekunden. In kritischen Situationen schaltet der Polizist die Löschfunktion aus, so dass alles weitere Geschehen gespeichert wird. Auch das Ankündigen oder Androhen des Filmens würde bereits Situationen beruhigen, so die GdP. In der Auswertung werde das aber bislang nicht mitgezählt.
GdP: Kameras wirken deeskalierend
Der Berliner GdP-Landesvorsitzende Norbert Cioma betonte: "Wir brauchen die flächendeckende Einführung der Bodycam zum Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen vor gewalttätigen Übergriffen." Die Kameras würden nicht jeden Angriff verhindern, aber oft deeskalierend wirken.
Cioma kritisierte, es sei eine Farce, dass Berlin jahrelange Erfahrungen anderer Bundesländer ignoriere und die Entscheidung mit einem Probelauf möglichst weit hinauszögere. Polizisten und Feuerwehrleute sind besonders in Großstädten immer wieder Pöbeleien und Angriffen ausgesetzt. In Berlin wurden im Jahr 2020 3.525 Fälle erfasst, in denen sie aggressiv angegangen wurden oder ein Verdächtiger Widerstand leistete.
Rund 5.200 Polizisten mussten sich mit Widerstand auseinandersetzen. Knapp 2.400 Polizisten waren Opfer von Angriffen, 475 erlitten Körperverletzungen und knapp 370 wurden bedroht. Viele Fälle ereigneten sich allerdings bei Demonstrationen, wo die Bodycams nicht eingesetzt werden dürfen.
Sendung: Fritz, 16.03.2022, 10 Uhr