Interview | Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin - "Mit dem Klimafasten sollen Gewohnheiten hinterfragt werden"

Mi 02.03.22 | 06:11 Uhr
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Ein Mann gibt grüne Paprika in eine Gemüsepfanne (Bild: dpa/Michael Bihlmayer)
Bild: dpa/Michael Bihlmayer

Für die Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt und Ostern endet, rufen Kirchen und Bistümer zum "Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit" auf. So sollen Gewohnheiten hinterfragt und alltägliche Dinge anders gestaltet werden. Möglichst dauerhaft.

rbb|24: Hallo Herr Hoyer, dass in der Zeit vor Ostern gefastet wird, ist ja eine alte Tradition. Die Kirchen rufen nun zur Aktion "Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit" auf. Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten stehen 2022 im Mittelpunkt. Seit wann setzt man da Themen und lässt nicht jeden Fastenwilligen nach seiner Façon fasten?

Zur Person

Marcel Hoyer (Quelle: Walter Wetzler)
Walter Wetzler

Diözesanrat - Marcel Hoyer

Marcel Hoyer ist Geschäftsführer beim Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin.

Marcel Hoyer: Es kann auf jeden Fall jeder nach seiner Façon fasten. Beim Klimafasten – das ist ja eine Aktion, bei der verschiedene Landeskirchen und Bistümer mitmachen – geht es darum, besonders das Thema Klimagerechtigkeit in den Blick zu nehmen.

Was soll mit dem Klimafasten erreicht werden?

Mit dem Klimafasten sollen Gewohnheiten hinterfragt werden und es wird angeregt, alltägliche Dinge anders zu gestalten. Das Klimafasten mit dem Schwerpunkt Ernährung in diesem Jahr knüpft an die Ursprünge des Fastens an, wo man erst einmal vom Verzicht auf Essen ausgeht. Wir wollen mit der Aktion die Grundbedürfnisse Nahrung, Landwirtschaft und Ernährung fokussieren. Das sind in diesem Jahr die Hauptthemen des Klimafastens.

Ich habe das Gefühl, dass das Hinterfragen alltäglicher Gewohnheiten die Einladung ist, auch danach weiterzumachen. Viele, die sich jetzt mit Mindesthaltbarkeitsdaten oder dem Bezug von Lebensmitteln aus der Region auseinandersetzen, werden auch danach weitermachen.

Viele, die sich jetzt mit Mindesthaltbarkeitsdaten oder dem Bezug von Lebensmitteln aus der Region auseinandersetzen, werden da auch danach weitermachen.

Marcel Hoyer

Richtet sich die Aktion nur an Gläubige oder an alle?

Die Aktion ist sehr offen gestaltet. Die Materialien sind so, dass man theologische Impulse und eine spirituelle Ebene nutzen kann. Aber man kann auch einfach nur so teilnehmen und sich dem Thema Ernährung widmen.

Man kann als Einzelperson teilnehmen, aber auch als Familie oder als Gruppe. Was uns gefreut hat, ist dass es in diesem Jahr – trotz der Pandemie – wieder eine ganz starke Nachfrage gibt. Es nehmen viele Gruppen teil und unser komplettes gedrucktes Material ist schon weg.

Was waren vorherige Fasten-Aktionen und eventuelle andere Themen der Kirchen?

Das Klimafasten gibt es schon seit vielen Jahren und es hat immer ein spezifisches Oberthema. Das könnte auch der Bereich kritischer Konsum sein – da würde man dann auf Materialien wie Plastiktüten verzichten und sich die Lieferketten noch einmal anschauen.

Es gibt natürlich auch noch viele andere Initiativen. Beispielsweise die "7 Wochen ohne" [7wochenohne.evangelisch.de] der evangelischen Kirche – wo man aufs Auto verzichten soll.

Das Klimafasten halte ich aber für besonders reizvoll, weil das Thema ja aktuell viele Menschen sehr beschäftigt. Zudem sehen wir ja auch die Bilder aus der Ukraine und der Menschen, denen es jetzt schlecht geht und denen es an den einfachsten Dingen wie Lebensmitteln fehlt. Ich denke, dass das vielen Menschen noch einmal Bewusst macht, was die essenziellen Dinge sind.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Abendschau, 02.03.2022, 19:30 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Deutschland nachgefragt. 2% Klimaverstoss in Deutschland. Warum soll Deutschland die Welt retten? Schwachsinn. Kümmert Euch lieber um Umweltverschmutzung z. B. mit Platik, da habt ihr Recht.

  2. 15.

    Komisch, bei mir ist der Einkauf immer am teuersten wenn ich mir mal etwas Fleisch gönne. Linsen, Reis, Gemüse und Co zählen zu den billigsten Nahrungsmitteln, die man im Supermarkt bekommt.

  3. 14.

    ? Woran machen Sie das fest? Wie ermitteln Sie?
    P.S. Sie haben jetzt nicht etwa das durchschnittliche Körpergewicht pro Einkommensgruppe im Kopf?

  4. 13.

    Ihre Argumente sind auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar, jedoch: Inwieweit man eine durchaus sinnstiftende Institution verändern kann, indem man dieser kontinuierlich fernbleibt, erschließt sich mir allerdings nicht ganz. Es erscheint mir sinnvoller, zu bleiben, Kirche zu reformieren und neu zu denken.
    Abschließend: Nach den bereits erfolgten, sicherlich längst überfälligen Änderungen im Kirchenrecht kommt aktuell ein Missbrauchstäter nicht mehr so ohne weiteres davon. Kirche ist lernfähig, auch wenn somit das eine oder andere liebgewonnene Vorurteil substanzlos wird.

  5. 12.

    Danke, Sie sprechen mir aus dem Herzen.
    Die, die wollen, können aus finanziellen Gründen oft nicht, weil - zu teuer!
    Die, die könnten, interessiert es oft nicht!

  6. 11.

    Wie wahr- und es liegt, auch wenn es Ihnen vermutlich schwer fällt, das zu glauben, NICHT an der katholischen Kirche.

    Sobald die noch zu vereinbarende Ablösesumme vom Staat an die Kirchen als Folge der Säkularisation bezahlt worden ist, enden mit einem Schlag die von Ihnen so beklagten Zuwendungen des Staates an die Kirchen. Bislang zeigt Vater Staat allerdings nur wenig Motivation, sich an seine eigene Abmachung zu halten und diesbezüglich in ernsthafte Verhandlungen zu treten.

  7. 10.

    Vielleicht auch die Gewohnheit noch immer der katholischen Gemeinde anzugehören?

    In Köln setzen viele Menschen ein Zeichen, gegen die katholische Kirche, indem sie aus der Kirche austreten. Eine Institution die mit moralischer Erhebung immer ganz weit vorn ist, gleichzeitig Kinderschänder geschützt hat und wohl immer noch schützt und gierig hinter jedem Cent her ist, sollte rechtschaffenen Menschen keine Verhaltensempfehlungen geben.

    Es gibt positive Kirchenvertreter die wirklich für die Menschen vor Ort da sind und helfen bzw. beistehen und reichlich Ehremtliche denen gilt mein voller Respekt und Dank.

  8. 9.

    Im Laufe des Jahres für 40 Tage innezuhalten und sein Handeln und Sein zu hinterfragen halte ich nicht für verkehrt. Ob man dabei religiöse Aspekte integriert oder nicht, mag ein jeder für sich selbst entscheiden. Gleiches gilt für ausgewogene Ernährung, die hier als vermeintliches Argument gegen das Fasten angeführt wird: Gesundes Fasten ist problemlos möglich, man sollte sich vorher einfach ein wenig mit diesem Thema befassen.
    Abschließend: Man mag von der Kirche halten, was man will- die Kernbotschaften Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe im alltäglichen Handeln allerdings bleiben und sind aktueller denn je. Ich jedenfalls habe mich über die vielen Menschen, die an der Anti-Kriegs-Demo am vergangenen Sonntag teilnahmen, sehr gefreut.

  9. 8.

    Wann wird endlich das unselige Reichskonkordat von 1933 beendet, welches der katholischen Kirche staatliche Zuwendungen beschert, beendet?
    Sollte es in einem demokratischen Staatswesen keine konsequente Trennung von Staat und religiösen Gemeinschaften geben? Zumal die Anzahl von Atheisten ständig wächst.

  10. 7.

    Bloßer Verzicht ist das Gegenteil von Schöpfertum, es führt zu weniger Anstrengungen. Noch weniger als ohnehin schon. Ungesund ist es auch: Ausgewogen ist anders...
    „Das sich als was besseres fühlen“ kann man überall beobachten, weil, es wird ja einem unaufgefordert gesagt.....und macht sehr einsam...
    P.S. Brötchenpreise nach Einkommen ist jetzt nicht Ihr Gedanke?

  11. 6.

    Gibt es derzeit keine anderen Probleme?

  12. 5.

    Die Kirche ist alles andere als eine moralische Instanz. Wieviele Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Geschichte im Namen der Kirche begangen wurden lässt sich kaum aufzählen. Aber sie schwingt ständig die Moralkeule.

  13. 4.

    Wir sollten IMMER hinterfragen, was wir tun.
    Allerdings muss ich sagen: Einfache kleine Leute tun dies schon lange. Sie leben sparsam, haben kleine Wohnungen, und müssen mit wenig zufrieden sein.
    Alle Schichten, die besser leben als Geringverdiener, ob nun Besserverdienende, Politiker oder Institutionen sollten erst mal bei SICH SELBST anfangen und ihren Lebensstil deutlich reduzieren.
    Einige wollen sich mit solchen Aktionen wichtig machen: Schau her, ich bin gut, ich mache mit.
    Andere springen einfach nur auf jeden Trend mit rauf.
    Und die KIRCHE ist für mich KEINE MORALISCHE INSTANZ.

  14. 3.

    Die Frage stellt sich doch schon seit dem 14./15.JH und trotzdem haben sie es mit dieser Heuchelei bis hier her geschafft. Sogar sowas natürliches wie Fasten rissen sie sich unter den Nagel. *Kopfschüttel*

  15. 2.

    Ich frage mich immer häufiger, ob die Kirchen, allen voran die katholische, das Wort Gerechtigkeit überhaupt in den Mund nehmen sollte oder es nicht besser wäre, wenn die mal kleinere Brötchen backen.

  16. 1.

    "Das Klimafasten halte ich aber für besonders reizvoll,"...Was um Gottes Willen ist am Fasten reizvoll?

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