Interview | Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin - "Mit dem Klimafasten sollen Gewohnheiten hinterfragt werden"

Für die Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt und Ostern endet, rufen Kirchen und Bistümer zum "Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit" auf. So sollen Gewohnheiten hinterfragt und alltägliche Dinge anders gestaltet werden. Möglichst dauerhaft.
rbb|24: Hallo Herr Hoyer, dass in der Zeit vor Ostern gefastet wird, ist ja eine alte Tradition. Die Kirchen rufen nun zur Aktion "Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit" auf. Ernährungs- und Einkaufsgewohnheiten stehen 2022 im Mittelpunkt. Seit wann setzt man da Themen und lässt nicht jeden Fastenwilligen nach seiner Façon fasten?
Marcel Hoyer: Es kann auf jeden Fall jeder nach seiner Façon fasten. Beim Klimafasten – das ist ja eine Aktion, bei der verschiedene Landeskirchen und Bistümer mitmachen – geht es darum, besonders das Thema Klimagerechtigkeit in den Blick zu nehmen.
Was soll mit dem Klimafasten erreicht werden?
Mit dem Klimafasten sollen Gewohnheiten hinterfragt werden und es wird angeregt, alltägliche Dinge anders zu gestalten. Das Klimafasten mit dem Schwerpunkt Ernährung in diesem Jahr knüpft an die Ursprünge des Fastens an, wo man erst einmal vom Verzicht auf Essen ausgeht. Wir wollen mit der Aktion die Grundbedürfnisse Nahrung, Landwirtschaft und Ernährung fokussieren. Das sind in diesem Jahr die Hauptthemen des Klimafastens.
Ich habe das Gefühl, dass das Hinterfragen alltäglicher Gewohnheiten die Einladung ist, auch danach weiterzumachen. Viele, die sich jetzt mit Mindesthaltbarkeitsdaten oder dem Bezug von Lebensmitteln aus der Region auseinandersetzen, werden auch danach weitermachen.
Richtet sich die Aktion nur an Gläubige oder an alle?
Die Aktion ist sehr offen gestaltet. Die Materialien sind so, dass man theologische Impulse und eine spirituelle Ebene nutzen kann. Aber man kann auch einfach nur so teilnehmen und sich dem Thema Ernährung widmen.
Man kann als Einzelperson teilnehmen, aber auch als Familie oder als Gruppe. Was uns gefreut hat, ist dass es in diesem Jahr – trotz der Pandemie – wieder eine ganz starke Nachfrage gibt. Es nehmen viele Gruppen teil und unser komplettes gedrucktes Material ist schon weg.
Was waren vorherige Fasten-Aktionen und eventuelle andere Themen der Kirchen?
Das Klimafasten gibt es schon seit vielen Jahren und es hat immer ein spezifisches Oberthema. Das könnte auch der Bereich kritischer Konsum sein – da würde man dann auf Materialien wie Plastiktüten verzichten und sich die Lieferketten noch einmal anschauen.
Es gibt natürlich auch noch viele andere Initiativen. Beispielsweise die "7 Wochen ohne" [7wochenohne.evangelisch.de] der evangelischen Kirche – wo man aufs Auto verzichten soll.
Das Klimafasten halte ich aber für besonders reizvoll, weil das Thema ja aktuell viele Menschen sehr beschäftigt. Zudem sehen wir ja auch die Bilder aus der Ukraine und der Menschen, denen es jetzt schlecht geht und denen es an den einfachsten Dingen wie Lebensmitteln fehlt. Ich denke, dass das vielen Menschen noch einmal Bewusst macht, was die essenziellen Dinge sind.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24
Sendung: Abendschau, 02.03.2022, 19:30 Uhr