Aufruf von Erzbischof Koch - Altar der Hedwigs-Kathedrale soll aus mitgebrachten Steinen gegossen werden

So 06.03.22 | 08:27 Uhr | Von Carmen Gräf
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"Ein Altar aus lebendigen Steinen" Erzbischof Heiner Koch spricht auf der Baustelle der St. Hedwigs Kathedrale das gleichlautende Hirtenwort ein und ruft die Gläubigen auf, ihre Steine zum Bau des Altars beizusteuern. (Quelle: Walter Wetzler)
Bild: Walter Wetzler

Der Umbau der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale ist in vollem Gange. Im November 2023 soll ihr Altar eingeweiht werden, dem 250. Weihetag der Kirche. Für die Neugestaltung ruft Erzbischof Koch zum Steine sammeln auf. Von Carmen Gräf

Runde Steine, kantige Steine, Kieselsteine, Feldsteine, Halbedelsteine – Hauptsache klein sollen sie sein, nicht länger und breiter als vier Zentimeter. Denn der neue Altar der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte soll aus ihnen entstehen.

Wichtig ist für den Berliner Erzbischof Heiner Koch, "dass jeder 'seinen' Stein mitbringt – aus seinem Leben. Seine Geschichte, sein Leid, seine frohen Erfahrungen, seine gegenwärtige Verfasstheit, auch seine Gesundheit oder seine Krankheit vielleicht."

Der Erzbischof lädt in seinem Hirtenwort am Sonntag auch jene Menschen ausdrücklich zum Steine sammeln ein, die nicht an Gott glauben, aber sich dennoch mit der Kathedrale verbunden fühlen. Am 16. Juni, an Fronleichnam, sollen sie "ihre" Steine auf den Bebelplatz vor die Kathedrale bringen.

"Wir waren dabei"

Der österreichische Künstler Leo Zogmayer hat den Entwurf für den Altar sowie für die gesamte Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte entwickelt. Ihn fasziniert an der Idee, dass die Steine ein persönliches und bleibendes Zeugnis sind und man vermutlich über Generationen sagen werde: "Wir waren dabei oder mein Bruder, mein Vater oder mein Großvater hat da auch einen Teil von sich verewigt."

Aus den gesammelten Steinen wird der Altar gegossen. Zusammen mit Zement, Sand und Füllstoff entsteht eine Kiesmischung. "Wie das dann genau aussieht", meint Leo Zogmayer, "wissen wir noch nicht. Und das ist auch spannend - das ergibt sich in dem Prozess.

Der Umbau der Berliner Hedwigs-Kathedrale hatte jahrelang für Streit im Erzbistum gesorgt. Sie wurde im Krieg zerstört und Anfang der 1960er-Jahre nach den Plänen des Architekten Hans Schwippert wieder aufgebaut. Schwippert machte die "Trümmerstruktur" in seiner Ausführung sichtbar: Dort, wo einst eine Bombe eingeschlagen war, schuf er eine Öffnung, von der eine Treppe zur Unterkirche führt. Danach wurde die Unterkirche mit der Oberkirche verbunden. Vor allem über diese charakteristische Bodenöffnung wurde im Erzbistum Berlin heftig debattiert, denn nach dem neuen Entwurf soll sie geschlossen werden.

Die St. Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Berlin-Mitte (Quelle: dpa/Schoening)
St. Hedwigs-Kathedrale mit KuppeldachBild: dpa/Schoening

Altar spiegelt Form der Kirche wieder

Zwei Meter Durchmesser wird der Altar haben, geformt wie eine Halbkugel – angelehnt an die Gesamtarchitektur der Kirche. Denn die Berliner Hedwigs-Kathedrale ist die einzige Rundkirche in Deutschland. Ihre Form wurde dem Pantheon in Rom nachempfunden. "Die Kuppel ist wie eine Halbkugel, die wie ein Schirm über dem Gebäude steht und die Halbkugel des Altars antwortet", sagt Zogmayer. Bis der Altar steht, ist noch viel zu tun. Das Dach ist saniert, viele Mauerarbeiten sind erledigt. Derzeit wird in der Unterkirche gestützt und ausgebaut. Zugleich sei man aber auch in einer Phase der Kreativität und des intensiven Austauschs mit den Künstler:innen, sagt Erzbischof Koch: "Wie kann man das ausdrücken, wie wird das sein, wie wird das einmal aussehen? Es ist eine spannende Zeit. Es geht um die Gestaltung des Lebens in dieser Kathedrale."

Blick in die St. Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Berlin Mitte. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Innenraum mit Öffnung vor der UmgestaltungBild: dpa/Jens Kalaene

Helle und freundliche Innengestaltung

Der Altar rückt nun ins Zentrum der Kirche. In sechs Bankreihen werden sich die Gottesdienstbesucher:innen um ihn herum versammeln. Damit solle dem Gedanken der "Communio" (Gemeinschaft) zwischen allen Gläubigen baulich Rechnung getragen werden – so wie diese in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils niedergelegt sei. Böden und Wände sollen in hellen, freundlichen Tönen gestaltet werden. Eine reduzierte und zeitgemäße Innenausstattung ist vorgesehen. Auch die Akustik der Kirche soll durch die Schließung der Bodenöffnung deutlich verbessert werden. Mit großer Mehrheit hatten sich nicht nur die Geistlichen, sondern auch die Vertreter der katholischen Laien für den Umbau ausgesprochen.

Kirche als Symbol der Toleranz

Die St. Hedwigs-Kathedrale stand einst für Toleranz für die katholische Minderheit im protestantischen Preußen. "Die Religionen Müsen alle Tolleriret werden", schrieb der preußische König Friedrich II. am 22. Juni 1740. "Hier mus ein jeder nach Seiner Fasson Selich werden". Daran will man jetzt im Erzbistum Berlin anknüpfen.

"Dieser Altar wird zusammengehalten. Sein Zusammenhalt ergibt sich aus dem Zusammenwirken", sagt Leo Zogmayer. Zwar sei die Hedwigs-Kathedrale Bischofskirche, aber sie gehöre den Menschen im Erzbistum Berlin. Dem Berliner Erzbischof Heiner Koch geht es beim Umbau darum, eine Sprache zu finden, die die Menschen nachvollziehen können, die sie anspricht und inspiriert - auch wenn sie keine Christen seien. "Bildet Gemeinschaft", sei die Botschaft. "Seid Menschen der Liebe." Dafür stehe der Altar, dafür stehe diese Kirche.

Sendung: Inforadio, 06.03.2022, 08:10 Uhr

Beitrag von Carmen Gräf

7 Kommentare

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  1. 7.

    Ihr Kommentar ist leider kulturlos und banausisch. Friedrich der Große, selbst ein Verächter der Religion, war schon im 18. Jahrhundert weiter.

  2. 6.

    Ein historisches Kulturdenkmal für alle offen und dann diese menschenverbindende Idee toll finde ich als sogenannte Ungläubige mit humanistischen Wurzeln.

  3. 5.

    Die einzige Rundkirche Deutschlands? Sind nur katholische Kirchen gemeint?

  4. 4.

    Die Hedwigskathedrale soll die einzige Rundkirche in Deutschland sein? Ein Klick bei Wikipedia reicht, um das zu checken. Aber wahrscheinlich ist es genau so spannend wie die Idee mit den Steinen, wo man ja auch noch nicht weiß, was damit genau passieren soll. Aber es klingt alles erstmal richtig gut und der RBB schreibt solche Pressemitteilungen der Kirche auch nur ab.

  5. 3.

    Kulturhistorische Denkmäler sollen erhalten werden und diese Idee ist für mich "Ungläubige" toll

  6. 2.

    Die Steine-Idee ist genial :)

  7. 1.

    Religiöse Institutionen abschaffen, Subventionierung der Selben beenden, Glauben Privatsache sein lassen und Aberglauben durch Aufklärung minimieren!

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