Wegen neuem Hochschulgesetz - Vizepräsident der Humboldt-Universität tritt zurück

Fr 01.04.22 | 19:01 Uhr
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Denkmal Alexander von Humboldt, Hauptgebäude, Humboldt-Universität, Unter den Linden (Quelle: dpa/Schoening)
Bild: dpa/Schoening

Ludwig Kronthaler, einer der drei Vizepräsidenten der Berliner Humboldt-Universität, hat seinen Rücktritt bekanntgegeben. "Seit etwa 25 Jahren habe ich mich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Wissenschaft eingesetzt. An der Umsetzung von Verschlechterungen will ich mich jetzt nicht beteiligen müssen", teilte er am Freitag in einer Mitteilung der Universität zur Begründung mit. Daher trete er von seinem Amt als Vizepräsident Haushalt, Personal und Technik zum 30. September zurück.

Novelle des Berliner Hochschulgesetzes der Grund?

Bereits Ende Oktober vergangenen Jahres hatte Sabine Kunst, die damalige Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität, ihren Rücktritt zum vergangenen Jahreswechsel angekündigt. Als Grund nannte sie insbesondere die Novelle des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG). Kunst kritisierte, die Novelle führe unter anderem zu einer Änderung der Personalstrukturen der Universität. Die Zahl von unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern werde sich über die nächsten Jahre hinweg deutlich erhöhen, darauf seien die Strukturen der Universität aber nicht ausgerichtet.

Auch Kronthaler nahm in seiner Erklärung darauf Bezug: "Ich bin fest davon überzeugt, dass die BerlHG-Novelle vom 14.9.2021 der Wissenschaft schadet", erklärte er. "Die Hochschulautonomie wird eingeschränkt, die Wissenschaftsfreiheit beschnitten und neue Bürokratie in großem Umfang wird die Wissenschaft behindern."

Die künftige Präsidentin der HU, Julia von Blumenthal, soll im Oktober ihr Amt antreten. Wer Nachfolger Kronthalers wird, ist noch offen. Der Vizepräsident ist seit Februar 2017 im Amt. Zuvor war er Generalsekretär der Max-Planck-Gesellschaft, Richter am Bundesfinanzhof in München, Direktor für Ressourcenmanagement bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Paris und Kanzler der Technischen Universität München.

4 Kommentare

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  1. 4.

    Exakt auf den Punkt gebracht. Es geht bei der Novelle um die Verbesserung und Anerkennung der schwierigen Arbeitssituationen nicht nur extern Beschäftigter und Lehrbeauftragter. Und wer 25 Jahre auf dem gleichen Posten sitzt, unterstreicht nochmals deutlich, wie wenig man von Berücksichtigung der Arbeitsverhältnisse hält, bei gleichzeitiger "Elitenförderung" mit einer "Exzellenz-Initiative" nach der anderen wohlgemerkt, was nicht weniger als die Zerstörung regulärer Lehre bedeutet. Auch dass man nicht verstanden hat, ausgerechnet an der HU, was Humboldtinische Wissenschaftsfreiheit ist und diese gerade durch die Novelle zumindest besser anvisiert wird, ist ebenso bezeichnend. Wer dem monetären Verwalten alles unterordnet, ist vielleicht grds. ungeeignet für jedeweden Posten an einer Hochschule.

  2. 3.

    Wenn es doch nur so einfach wäre! Forschung an Universitäten lebt von befristeten Projekten einerseits und ständig neuen Ideen, Ansichten und Herangehensweisen andererseits. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Beschäftigungsverhältnisse darauf eingerichtet sind. Nur so kommt frischer Wind in die Forschung und junge Doktoranden und fertig Studierte haben überhaupt eine Chance, an solchen Forschungsprojekten teilnehmen zu können. Feste Beschäftigungsverhältnisse führen hier nur dazu, dass sinnlos irgendwelche Projekte gestartet werden, weil das Personal ja beschäftigt sein will und dass ein Arbeitsleben lang, ohne dass nennenswert Stellen für Neueinsteiger frei werden. Das schadet den Studenten, weil denen die Chance genommen wird, ihren Marktwert durch Teilnahme an universitärer Forschung zu steigern. Das ist nämlich der eigentliche Sinn: Studium, Forschung und dann in die freie Wirtschaft

  3. 2.

    Als Mensch des Technischen und an der HU als Vizepräsident für Haushalt, Personal und Technik ist die Sichtweise Kronthalers eher eine der effektiven Vollstreckung von etwas - nicht eine der offeneren und ggf. kreativeren Gestaltung.

    Die Frage eines rein technischen Funktionierens ist keine unwichtige, aber keine ausschließliche. Darin besteht m. E. der Irrtum.

  4. 1.

    Tja, wenn einem das Ausnutzen von prekären, kettenbefristeten Arbeitsverhältnissen im wissenschaftlichen Mittelbau durch politische Entscheidungen zukünftig verweigert wird, muss man halt Konsequenzen ziehen. Die bislang ausgebeuteten Wissenschaftler werden es danken...

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