Neues Dokumentationszentrum in Berlin - Mehrere Ukraine-Flüchtlinge bereit für Aussagen zu Kriegsverbrechen

Fr 29.04.22 | 07:45 Uhr
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Das Dokumentationszentrum des Pilecki-Instituts in Bedrlin-Mitte (Quelle: DPA/Carsten Koall)
Bild: DPA/Carsten Koall

Eine Woche nach der Eröffnung hat das Dokumentationszentrum für Kriegsverbrechen in Berlin bereits mehrere Anfragen erhalten.

Vor allem Menschen, die Flüchtlinge aus der Ukraine bei sich aufgenommen haben, meldeten sich, sagte Lisa Plitkova, die Leiterin des Zentrums am Pilecki-Institut in Mitte. Sie hätten oft mitgeteilt, dass ihre ukrainischen Gäste bereit für eine Aussage seien. Zwischen sieben und zehn Anfragen seien bislang per Mail oder telefonisch eingegangen, erläuterte Plitkova. Einige Flüchtlinge hätten sich auch direkt gemeldet.

Aus Plitkovas Sicht wird das Angebot, über Verbrechen im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auszusagen, gut angenommen: "Wir sind wirklich zufrieden und haben ja gerade erst angefangen." Die Befragungen selbst hätten bisher noch nicht begonnen, dafür müssten zunächst Termine vergeben werden.

In Warschau bereits mehr als 50 Mitarbeiter

Das Dokumentationszentrum des Pilecki-Instituts - eine vom polnischen Kulturministerium finanzierte Forschungseinrichtung - hatte am vergangenen Freitag den Betrieb gestartet. Jeder Zeuge von Kriegsverbrechen in der Ukraine sei eingeladen, in Fragebögen oder per Video von seinen Erlebnissen zu berichten.

Die zehn bis 14 Seiten langen Fragebögen beruhen auf Erfahrungen mit Verhören und Geständnissen in Gerichten nach dem Zweiten Weltkrieg und wurden von Juristen ausgearbeitet. Es wird zum Beispiel gefragt, ob man Zeuge von Bombardierungen geworden ist und welches Ausmaß diese angenommen hätten, erklärte Plitkova. Ihr sei es dabei vor allem wichtig, keine Traumata bei den Betroffenen auszulösen.

Ziel sei es, mit den gesammelten Berichten so viele Details wie möglich über Kriegsverbrechen und die Straftäter zu sammeln. Die Dokumente sollen vor Gericht Beweiskraft haben. In Berlin kümmern sich Angaben des Instituts zufolge zunächst etwa fünf Mitarbeiter um die Untersuchungen. In einem bereits angelaufenen Dokumentationszentrum in Warschau bestehe das Team bereits aus 50 bis 60 Menschen.

Sendung: Abendschau, 29.03.2022, 19.30 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Das ist keine provokante, sondern eine sehr dümmliche Frage. Assange, der selbst intern bei WikiLeaks stark umstritten war, hat unbearbeitete/-geprüfte Dokumente veröffentlicht, die Menschenleben in Gefahr gebracht haben. Und davon waren nicht nur US Soldaten, die ohnehin mit einer grundsätzlichen Lebensgefahr rechnen mussten, sondern auch Irakische Regimegegner betroffen.

    In diesem Fall geht's um Ukrainische Zivilisten, die Ihre persönlich erlebten Erfahrungen mit den Russischen Invasoren dokumentieren sollen. Also klemmen Sie sich bitte mal ihre Heuchelei.

  2. 3.

    Mal ne provokante Frage. Wir liefern Assange an die USA aus, weil er einige deren Kriegsverbrechen aufgedeckt hat. Liefern wir die Ukrainer jetzt auch an Russland aus?
    Das war eine rhetorische Frage die aufzeigt, wie verlogen wir sind.

  3. 2.

    Das Dokumentationzentrum hat seinen Betrieb am vergangen Freitag, den 22.4., gestartet. Es hat ausschließlich Zeug:innen von Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Aussage aufgerufen. Das Zentrum gehört zum Pilecki-Institut, eine vom polnischen Kulturministerium finanzierte Forschungseinrichtung.

  4. 1.

    Sehr gut. Viel Erfolg.
    @rbb Können dort auch Aussagen zu Kriegsverbrechen in anderen Kriegen dokumentiert werden, oder beschränkt sich die Dokumentation nur auf den Krieg in der Ukraine? In Berlin leben ja viele Kriegsflüchtlinge auch aus anderen Kriegsgebieten.

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