Berliner CDU moniert Ladenschließungen - Autofreie Friedrichstraße weiter in der Kritik

Di 26.04.22 | 14:27 Uhr
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Fahrradfahrer in am 01.04.2022 auf der Friedrichstrasse in Berlin. (Quelle: dpa/Jens Krick)
Audio: rbb24 Inforadio | 25.04.2022 | Ann Kristin Schenten | Bild: dpa/Jens Krick

Die Kritik am Projekt "autofreie Friedrichstraße" reißt nicht ab. Die Berliner CDU-Fraktion hat Verkehrs- und Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) vorgeworfen, falschen Konzepten nachzuhängen.

"Die sogenannte Flaniermeile mit Radautobahn hat der Friedrichstraße weit mehr geschadet als genutzt", monierte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Christian Gräff, am Dienstag. "Der Einbruch der Kundenzahlen und viele Ladenschließungen zwingen zum Umdenken." Das Modellvorhaben sei gescheitert und müsse endlich beendet werden.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Friederici, sagte, es sei ein Geburtsfehler gewesen, die Friedrichstraße nur aus Sicht des Radverkehrs zu denken.

Auswertung des Senats am Montag

Die von den Grünen geführte Senatsverkehrsverwaltung und der Bezirk Mitte hatten das Projekt 2021 als Erfolg gewertet. Am kommenden Montag will Jarasch die komplette Auswertung des Verkehrsversuchs vorstellen.

Die Verkehrssenatorin bestätigte Ende März, dass auch sie von den Geschäftsleuten in der Straße gehört habe, dass sie weniger Kunden hätten. Sie möchte das Versuchsprojekt deshalb verändern und nicht abschaffen: "Es ist immer klar gewesen, dass das zunächst ein Versuch ist." Ihr Ziel sei insbesondere, die Aufenthaltsqualität für Fußgängerinnen und Fußgänger zu erhöhen. "Die jetzige Umsetzung gibt noch keine Flaniermeile her", merkte die Grünen-Politikerin kritisch an.

Im Bereich des jetzigen Verkehrsversuchs soll die Straße laut Jarasch weiterhin autofrei bleiben. Geplant sei außerdem ein Gestaltungswettbewerb für die Friedrichstraße und die nahe Umgebung.

Widersprüchliche GPS-Daten

Die im März gegründete Interessenvereinigung "Rettet die Friedrichstraße" hatte am Montag die Ergebnisse einer Analyse von GPS-Daten von Smartphones (Daten von Placesense) vorgestellt. Diese sagen aus, dass die Friedrichstraße im Vergleich zur Zeit vor dem Beginn des Verkehrsversuchs im August 2020 im entsprechenden Bereich an Besuchern verloren habe. Die CDU-Fraktion stützte ihre Kritik an dem Projekt auch auf diese Daten.

Doch auch wenn bei dieser GPS-Auswertung nur die Gehwege berücksichtigt worden sein sollen, gibt es an der Aussagekraft Zweifel. Stefan Lehmkühler, Aktivist von Changing Cities und Grüne-Politiker, kritisiert, dass sich Geo-Daten gar nicht metergenau auswerten ließen. "Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass in den Zahlen vor der Sperrung auch Autofahrer enthalten sind." Dies könnte das Ergebnis "massiv verzerren".

Mobilfunkdaten des Unternehmens What a Location zeigen laut "Berliner Zeitung" [bezahlter Inhalt] sogar, dass die Zahl der Besucher in der gesperrten Friedrichstraße seit Juni 2020 um 65 Prozent gestiegen sei. Kritik gibt es auch an diesen Daten: Sie ließen sich kleinräumlich gar nicht erfassen.

Bürgermeisterin sieht Handlungsbedarf

Auch der Senat sieht Handlungsbedarf. "So, wie es jetzt auf der Friedrichstraße ist, kann es nicht bleiben", hatte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) Ende März gesagt.

Auf die derzeitige Kritik anwortete der Sprecher der Senatumweltverwaltung, Jan Thomsen, im rbb, man habe auch selbst Zahlen erhoben. Zum Thema Passantenzufriedenheit beispielsweise. "Und unsere Daten zeigen, dass dieser Verkehrsversuch keineswegs gescheitert ist, aber natürlich auch noch nicht vollendet ist". Man sehe es auch in der Umwelt- und Verkehrsverwaltung so, dass es noch Verbesserungsoptionen gäbe.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.04.2022, 07:50 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Tja , bis dann irgendwann alle interressanten Geschäfte aus allen Straßen verschwunden sind ... RRG arbeitet daran... nur Geduld .

  2. 36.

    Die Friedrichstraße ist doch schön lange „ tot“ wer fährt in die Friedrichstraße zum Einkauf? Diese ist schon lange sehr unattraktiv für mich persönlich geworden. Die interessanten Geschäfte haben sich zurückgezogen und jetzt ist es geisterhaft, also egal ob Auto oder nicht.

  3. 35.

    Wer diese grüne Ideologie möchte könnte das in den USA finden. In Ohio, Indiana und Pennsylvania leben ganz viele Menschen nach grünen Idealen, Plain People, ganz einfache Leute. Da würden sich alle sehr wohl fühlen die die grüne Ideologie lieben. Da sind Autos nicht zu finden. Aber nicht vergessen: wer dorthin gehen möchte sollte auch einige Lastenräder mitnehmen (ohne Elektromotor), die Leute dort freuen sich sicherlich sehr darüber.

  4. 34.

    Können Sie keinen Zusammenhang zwischen "Geschäfts-Umsätze" und Besucherfrequenz (egal mit was) erkennen? Wollen Sie nicht doch noch einmal darüber nachdenken?

    P.S. Mehr Lärm u.a. in den Ausweichstraßen ist direkt Bürgerfeindlich...(Verkehr muss sich verteilen können)

  5. 33.

    Tja , sie meint warscheinlich , das wir dann alle nur noch dasitzen und meditieren , anders kann ich mir diesen Blödsinn auch nicht erklären .

  6. 32.

    Nun ich habe miterleben müssen, wie ein Auto auf der Friedrichstraße eine junge Frau angefahren und verletzt hat. Das war nicht schön anzuschauen. Egal ob Radfahrer oder Autofahrer, sie nehmen sich beide nichts. Deswegen schrieb ich auch, dass eine reine Fußgängerzone besser sei mit Ausnahme von Ladezonen und -Zeiten für den Lieferverkehr. Das kann z.B. früh am Morgen.

  7. 31.

    Die Friedrichstraße wird und war niemals eine Flaniermeile, dazu ist sie zu unattraktiv.
    Da kann Fr. Jarasch Radwege, Sitzecken usw. planen, diese Straße wird nie die Attraktivität des Kudamms erreichen.

  8. 30.

    "Was machen wir mit einem geretteten Planeten, wenn es keine Arbeitsplätze mehr gibt?"
    Wer bitte soll denn diese Mutter Erde Retten? Deutschland?

    Alles lächerlich.....

  9. 29.

    Die Friedrichsstraße ist unattrativer als je zuvor. Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen und muss das leider so sagen. Die Lust, dort spazieren zu gehen, vergeht mir, wenn man ständig aufpassen muss, in der "Flaniermeile" nicht von "Kampfradlern" umgefahren zu werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch die Geschäfte, denen das eigentlich nutzen sollte, sehr darunter leiden. Schön und sinnvoll ist wirklich anders. Aber was kann man von einer Grünen Politikerin erwarten, die nur ihre eigenen Vorstellungen umsetzen will und nichts in der Verkehrsplanung auf die Reihe bekommt. Die vielen Baustellen in der Stadt, von denen nicht eine zeitnah fertig wird, sind Zeugnis genug.

  10. 28.

    Die ganze Politiker haben in vieler Hinsicht versagt. zb die ganzen Lieferanten werden immer mehr Steine in den Weg gelegt und die Radfahrer erlauben sich immer mehr

  11. 27.

    Nicht ganz Autofrei. Die Politiker bestehen darauf, dass sie auf ein Auto angewiesen sind (Stichwort rollendes Büro), alle anderen fahren eh nur zum Spaß in der Gegend herum.

  12. 26.

    Und sie finden den Teil der Friedrichstraße in Baustellenoptik schön? Ich nicht, Autos gehören umbedingt in eine solche Einkaufsstraße!

  13. 25.

    Typisch CDU: Weniger Verkehrsunfälle, saubere Luft und zufriedene Fußgänger und Radfahrer sind nicht so viel wert, wie die Umsätze der Geschäfte. Frei nach dem Motto: Was machen wir mit einem geretteten Planeten, wenn es keine Arbeitsplätze mehr gibt?

  14. 24.

    Ja habe ich und ich habe immer überlebt. Zu Zeiten des Autoverkehrs in der Friedrichstr. war es den Kfz. eh nur möglich langsam zu fahren, zumindest tagsüber. Ich wohne seit 20 Jahren in dem Viertel, bin also sehr regelmäßig zu Fuß dort unterwegs. Seit August 2020, mit Beginn der Sperrung ist es für Fußgänger deutlich gefährlicher geworden, zumal die Radfahrer auch aus den Nebenstraßen mit gutem Tempo in die Friedrichstraße einbiegen, man aber sehr konzentriert die Friedrichstr. überqueren möchte.

  15. 23.

    "Man sehe es auch in der Umwelt- und Verkehrsverwaltung so, dass es noch Verbesserungsoptionen gäbe..."

    Wenn es nach Frau Jarasch und ihren autohassenden Parteifreunden geht, würde man die Bergmannstrasse zum Vorbild nehmen und in der Friedrichstraße zukünftig Felsbrocken ablegen und die Fahrbahn gelb-grün streichen.

    Die Grünen zerstören konsequent die Lebensgrundlage vieler Einzelhändler und deren Angestellte.

  16. 21.

    Interessantes Projekt um aufzuzeigen, was so alles für (Handy-)Daten gesammelt werden...

  17. 20.

    Schickt die Grünen und alle die mit einer Großstadt nicht klar kommen dahin zurück wo Sie Herkommen. Das löst viele Probleme, nach der Rücknahme aller Schwachsinnigen Maßnahmen wird Berlin wieder Lebenswerter und es wird wieder bezahlbaren Wohnraum verfügbar sein.

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