Kriminalität in Berlin - Polizei: Pandemie führt zu hoher Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt

Fr 22.04.22 | 15:18 Uhr
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Symbolbild: Eine Frau versucht, sich vor der Gewalt eines Mannes zu schützen. (Quelle: dpa/Frank May)
Bild: dpa/Frank May

Gewalttaten gegen Ehefrauen, Freundinnen oder Kinder sind nach Einschätzung der Berliner Polizei während der Corona-Pandemie noch weniger bekannt geworden als sonst. Zwar habe es 2021 einen Rückgang bei den Anzeigen zu der sogenannten häuslichen Gewalt gegeben, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Freitag bei der Vorstellung der Kriminalstatistik. Aber diese Statistik stimme die Polizei eher "skeptisch", auch weil es gleichzeitig viele Notrufe und Meldungen bei den Hilfs- und Beratungsorganisationen gebe.

Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) betonte: "Es gibt durchaus eine hohe Dunkelziffer von Gewalt an Frauen und Kindern." Meistens seien Männer die Täter. Die Anzahl der Opfer innerfamiliärer und partnerschaftlicher Gewalt ging 2021 im Vergleich zum Vorjahr etwas zurück auf 15 630 (-697, -4,3 Prozent).

Polizei: Opfer im Lockdown den Tätern ausgeliefert

Slowik betonte, gerade im Lockdown seien viele Fälle nicht bekannt geworden, weil die Polizei keinen Einblick habe in die Partnerschaft oder Familie. "Das führt uns einfach schnell an Grenzen." Es sei durchaus eine höhere Zahl von Notrufen eingegangen wegen Angriffen oder Übergriffen von Männern, aber wenn die Polizei vor der Wohnung eintreffe, hieß es oft, es sei doch alles gut. Die Opfer seien im Lockdown den Tätern noch mehr überlassen gewesen als sonst. Die offiziellen Zahlen seien daher "nicht belastbar".

Es sei sehr wichtig, dass die Polizisten sehr sensibilisiert seien "und bereits beim Erstkontakt sehr aufmerksam sind in solchen Situationen, sehr professionell und rechtssicher". Die Menschen im Umfeld sollten aufmerksam sein und "lieber einmal zu viel die 110 anrufen, als einmal zu wenig". Die Polizei werde dem Thema in Zukunft eine besondere Aufmerksamkeit widmen und vierteljährlich einen Überblick dazu geben.

Neue App für stillen Alarm

Innensenatorin Spranger versprach Unterstützung für die geplante "Inkognito-App", die bei häuslicher Gewalt einen stillen Notruf bei der Polizei oder Verwandten möglich machen soll. Die App für Smartphones wurde schon 2020 angekündigt und verzögerte sich. Sie solle aber nun zeitnah kommen und werde auch in Berlin eingeführt.

Sendung: Inforadio, 22.04.2022, 15:00 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    "Es gibt eine hohe Dunkelziffer" Hat die Polizei Glaskugeln oder Wahrsager*innen?
    Wenn man einschätzt, dass die Dunkelziffer hoch sei, dann kann das Dunkel nicht sooo dunkel sein, dann was wird unter "hoch" verstanden?
    Demgegenüber wäre dann die Aussage : "Dunkelziffer ist unbekannt" zutreffender, beweist dann aber, dass die Polizei keine Ahnung hat. Was allerdings keine(r) zugeben will.

  2. 2.

    "Maßnahmen wie Lockdown und Quarantäne führen zu hoher Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt" wäre die richtige Überschrift. Leider werden die genannten schweren Probleme bei der Abwägung der Maßnahmen m.E. überhaupt nicht berücksichtigt. In zehn Jahren, also mit genügend Abstand, werden wir uns wahrscheinlich wagen können, die verschiedenen Auswirkungen gegeneinander abwägen zu dürfen.

  3. 1.

    Eine Inkognito - App... Respekt, Respekt

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