FSME-Risikogebiete in Brandenburg - Was Zecken so gefährlich macht und wie Sie sich schützen können

Sa 07.05.22 | 11:41 Uhr | Von Georg-Stefan Russew
  8
Zecke, Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus), Weibchen auf einem Blatt. (Foto: Blickwinkel/picture alliance)
Bild: Blickwinkel/picture alliance

Erstmals in dieser Saison hat Brandenburg FSME-Risikogebiete ausgewiesen. Schon ein Spaziergang im Freien mit Zeckenstich kann die Krankheit nach sich ziehen. Was es jetzt rund um den Blutsauger zu beachten gilt. Von Georg-Stefan Russew

Bei Temperaturen um die 20 Grad und Sonne wird es wohl viele am Wochenende ins Freie ziehen. Aber aufgepasst: Auf Wiesen und in Wäldern lauert eine winzig kleine Gefahr, die zum großen Problem werden kann - Zecken. Die zur Gruppe der Milben gehörenden Insekten sind besonders in den Monaten von März bis Juli aktiv, erklärt der Berliner Biologe und Zeckenexperte Martin Komorek [zecken-radar.de]. Die achtbeinigen Spinnentiere können mit einem Stich Bakterien und Viren übertragen, die Krankheiten wie Borreliose und die Hirnhautentzündung FSME auslösen.

Was weiß man über Zecken?

Laut Komorek existieren in Deutschland etwa 25 Zeckenarten, weltweit sind es rund 1.000. Sie sind etwa drei bis vier Millimeter groß, was in etwa der Größe eines Stecknadelkopfs entspricht. In unseren Breitengraden ist der Gemeine Holzbock die verbreiteste Zeckenart.

Der Holzbock liebt die Wärme und wird bereits bei einer Lufttemperatur von etwa acht Grad aktiv, wie Christine Klaus, Fachtierärztin für Mikrobiologie und Parasitologie am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Jena erklärte. Die anhaltende Wärme in Brandenburg sei für die Zeckenaktivität außerordentlich günstig. Dagegen sei die große Trockenheit ihr Feind Nummer 1. Zecken brauchen eine bestimmte Luftfeuchtigkeit, so die Wissenschaftlerin.

Zecken sind achtbeinige Spinnentiere. Kopf, Rumpf und Beine werden Idisoma genannt. Der Teil des Körpers, der die Mundwerkzeuge umfasst, wird Gnathosoma genannt. Mit einem gezackten Stachel nimmt die Zecke Nahrung auf - das Blut von Menschen oder Tieren.

Wo kommen Zecken vor?

Anders als von vielen angenommen kommen Zecken nicht vor allem auf Wiesen und im hohen Gras vor, sondern in Wäldern, so Klaus weiter. Hier gebe es pro Quadratmeter - zumeist in Laub- und Mischwäldern - doppelt so viele Zecken wie auf Wiesen. Das haben Untersuchungen ergeben. In Nadelwäldern sei der Untergrund für die Tiere einfach zu trocken, erklärt Wissenschaftlerin Christine Klaus weiter.

Generell gesprochen, ergänzt Biologe Komorek, sind Zecken dort zu finden, wo es feucht und schattig ist. Explizit seien an dieser Stelle Tierpfade, Wegränder und Waldlichtungen sowie Übergangszonen von einer zur anderen Vegetation genannt. Der Gemeinen Holzbock finde sich zunehmend auch in der Stadt, zum Beispiel in Gärten und Stadtparks.

Zecken warten tage-, manchmal auch wochenlang auf einen Wirt. Innerhalb weniger Augenblicke krallen sich Zecken an ihren Opfern fest. An einer versteckten Stelle stechen sie ihre Wirte, verletzen dabei feinste Blutgefäße. Ihre Beute erkennen sie am Geruch, Körperwärme und/oder am ausgeatmeten Kohlendioxid, erklärt Komorek.

Meist bemerke man Zecken am Körper nicht, weil sie zum einen sehr klein seien. Zum anderen sondere der Parasit beim Stechen eine Art Betäubungsmittel ab und zementiere das mit einem Sekret, um mit dem Wirt fest verbunden zu sein, erläutert Klaus. Dieser "Zement" löse sich, wenn die Zecke ihre Blutmahlzeit eingenommen habe.

Gibt es Gebiete, in denen man sich besonders vorsehen muss?

Erstmals in dieser Saison hat das Robert-Koch-Institut [rki.de] drei Brandenburger Regionen als FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) -Risikogebiete aufgrund der Zeckengefahr ausgewiesen. So hätten sich in diesem Jahr Zecken vor allem in den Landkreisen Oder-Spree, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße die Spinnentiere ausgebreitet. Bundesweit gibt es 175 Risikogebiete. Die Zahlen sind abhängig von der Witterung und inwiefern sich Menschen im Freien aufhalten.

Was macht Zecken gefährlich?

Zecken sind laut Komorek an sich nicht gefährlich. Sie sind aber sogenannte Vektoren - also Überträger von Krankheitserregern. Sticht die Zecke ein erkranktes Wirtstier, nimmt sie beim Saugakt die Erreger auf und kann diese an andere Menschen und Tiere weitergeben, ohne selbst zu erkranken, sagt Komorek. So kann es bei Menschen zu Krankheiten wie Borreliose oder Hirnhaut- oder Rückenmarkentzündung (FSME) kommen.

Unter anderem kann der Gemeine Holzbock Borrelien (Borrelia burgdorferi) übertragen, die dann die Lyme-Borreliose auslösen. Dabei handelt es sich um eine bakterielle Infektion, die durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen wird und in ganz Deutschland verbreitet ist. Sie kann verschiedene Organe betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke. Eine Schutzimpfung gibt es bisher nicht. Je nach Region ist Schätzungen zufolge etwa jede dritte Zecke mit Borrelien infiziert, erklärt Komorek.

Allerdings, und das ist die gute Nachricht, dauere die Übertragungszeit der Bakterien mit zwölf bis 24 Stunden etwas länger, so dass nicht jeder Zeckenstich eine Borreliose hervorrufen muss. Je eher die Zecke entfernt wird, desto geringer sei ein Übertragungsrisiko, so Komorek. Daher empfiehlt der Biologe, sich nach Waldbesuchen gründlich nach Zecken abzusuchen.

Anders sieht das bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) aus - eine Krankheit, die durch Viren übertragen wird. Sie äußert sich meist als Hirnhautentzündung und kann schwere Folgeschäden nach sich ziehen. Medikamente gegen das Virus gibt es nicht und im Vergleich zur Borreliose verläuft die klinische FSME meist schwerwiegender, aber sie ist laut Komorek auch vergleichsweise selten. Untersuchungen zufolge bestehe die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich in einem Risikogebiet an FSME zu erkranken, bei 1 zu 150, führt er an.

Da sich das Virus in den Speicheldrüsen der Zecken befinde, werde es sofort übertragen, erklärt Klaus. Für die FSME gebe es allerdings einen wirksamen Impfstoff und man sei damit immun, so die Forscherin. Die Impfung sei daher eine gute Vorsorgemaßnahme, um das Risiko einer FSME-Erkrankung nach einem Zeckenstich zu verringern. In regelmäßigen Abständen müsse die Impfung für Kinder und Erwachsene aber aufgefrischt werden.

80 bis 90 Prozent der FSME-Fälle in Deutschland treten Klaus zufolge in Süddeutschland, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg auf. Je südlicher man reise, etwa nach Tschechien, Österreich oder in die Schweiz, umso häufiger treten Fälle von FSME auf. Untersuchungen hätten ergeben, dass selbst auf einer Höhe von über 1.500 Metern FSME-Viren nachgewiesen wurden. In Deutschland führe ein geringer Teil der Fälle zu schweren Erkrankungen, in seltenen Fällen zum Tod. Die Wissenschaftlerin rät allen, die sich gern im Freien aufhalten und in den Süden in FSME-Risikogebiete reisen, sich impfen zu lassen.

Können auch Tiere betroffen sein?

Insbesondere Hunde können von Zeckenstichen geplagt sein. Diese können an der sogenannten Hundemalaria sogar versterben. Babesiose nennt man diese Erkrankung, erklärte Martin Komorek. Anders als bei den beiden vorhergehenden Erkrankungen ist hier nicht der Holzbock der Überträger, sondern die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus). Diese hat sich laut Komorek in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten innerhalb Deutschlands nach Norden und Osten ausgebreitet, ist mittlerweile in den meisten Bundesländern anzutreffen. Gerade im Raum Forst (Spree-Neiße) wurden entsprechende Fälle zuletzt gemeldet.

Hunde können infolge eines Zeckenstiches auch an Borreliose oder FSME erkranken. Im Vergleich zu Hunden erkranken Katzen laut Komorek sehr viel seltener an Krankheiten wie Borreliose oder FSME. Völlig ausgeschlossen ist die Krankheitsübertragung durch Zecken jedoch nicht.

Wie kann man sich vor den Folgen eines Zeckenstiches schützen?

Hundertprozentiger Schutz besteht nicht. Es gibt laut Martin Komorek aber einige Faustregeln. So sollte man Aufenthalte im hohen Gras oder Unterholz vermeiden. Zudem sollte man geschlossene Kleidung tragen, falls man doch im Wald unterwegs ist. Am besten werden die Hosenbeine in die Socken gesteckt. Günstig ist, wenn helle Kleidung getragen wird. Das erleichtert das Absuchen. Insektenabweisende Mittel sollten auch bei Haustieren nutzt werden. Nach einem Waldbesuch sollte man sich stets nach Zecken absuchen - insbesondere Kniekehlen, Bauch- und Brustbereich sowie die Leistengegend.

Festgesaugte Zecken müssen schnell entfernt werden. Im Fall des Holzbocks wird so das drohende Risiko einer Infektion mit Borrelien minimiert, unterstreicht Komorek. Der Biologe empfiehlt, hautnah zuzupacken. Dabei sollte der Parasit nicht gequetscht, auf jeden Fall langsam und kontrolliert herausgezogen werden. Das kann entweder mit der Hand oder einem Werkzeug wie beispielsweise einer Pinzette vorgenommen werden.

Danach sollte die Einstichstelle kontrolliert werden, ob alle Teile der Zecke entfernt wurden. Im Anschluss muss alles desinfiziert werden. Sollte eine Rötung um die Einstichstelle nicht verschwinden oder sich sogar ausbreiten, muss ein Arzt aufgesucht werden, rät der Zeckenforscher.

Beitrag von Georg-Stefan Russew

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 7.

    Allem Anschein nach habe ich da etwas falsch verstanden, Entschuldigung.
    Ich glaube auch das ich mich, altersbedingt, erst wieder nach der letzten, der dritten Impfung, erst nach drei Jahren wieder Impfen lassen sollte.
    Die dritte Impfung sollte innerhalb von sechs Monaten erfolgen.

  2. 6.

    Die erste Auffrischung nach der Grundimmunisierung ist meines Wissens nach drei Jahren, danach alle 5 Jahre
    Auf keinen Fall alle 6 Monate
    Vielleicht kann RBB 24 was dazu sagen

  3. 5.

    Brandenburg also auch Hochrisikogebiet...wissen das eventuell such die Krankenkassen? wegen der Kostenübernahme...

  4. 4.

    Wie oft muss man die Impfung auffrischen?
    Auffrischungen sind alle drei bis fünf Jahre fällig, die genauen Termine hängen unter anderem vom verwendeten Impfstoff und dem Alter der Person ab. Lassen Sie sich am besten den nächsten Auffrischungstermin gleich mit Bleistift vom Arzt oder der Ärztin im Impfpass vermerken!
    Apothekenumschau basiert auf stiko

  5. 3.

    Es muss wohl heißen: Am besten werden die Hosenbeine in die Socken gesteckt.

  6. 2.

    "Am besten werden die Socken in die Hose gesteckt..." - Das heißt, ich gehe am besten barfuß und hab die Socken in der Hosentasche? :))) hihi

  7. 1.

    Die Viecher sind überall so auch in unserer Gartenanlage. Erst vorige Woche hatte mich eine gestochen. Meine Frau hat diese entfernt jed. nicht alles entfernt bekommen. Am Montag bin ich zum Arzt wo mir der Rest entfernt wurde. Ich habe mich dann auch, auf Empfehlung meiner Fr. Dr., gegen FSME Impfen lassen. Da wir hier zum Risikogebiet gehören braucht man die Impfung nicht selbst bezahlen. Nun kommen noch zwei Imfungen hinzu. Die Dritte ist erstmal die letzte und muss alle sechs Monate wiederholt werden. In ca. 3-4 Wochen Wochen sollte man sein Blut auf Erreger testen lassen, eine frühere Blutabnahme bringt nichts.

Nächster Artikel