"Talfahrt" bei Amphibienpopulation - Naturschützer zählen deutlich weniger Kröten und Frösche in Brandenburg

Es quakt immer seltener in Brandenburg: Die Zahl der Amphibien wie Frösche oder Kröten ist nach Angaben von Naturschützern innerhalb von acht Jahren um zwei Drittel zurückgegangen. Experten machen dafür vor allem eine Ursache aus.
Die Zahl der Amphibien wie Frösche oder Kröten hat sich in Brandenburg in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Es gebe eine "Talfahrt" bei der Amphibienpopulation, sagte die Leiterin der Naturwacht Brandenburg, Britta Schmidt. Der Verein betreut insgesamt 15 "Nationale Naturlandschaften" in Brandenburg.
Zwischen 2014 und 2018 hätten die Ranger der Naturwacht an den insgesamt 33 Schutzzäunen noch rund 39.000 Amphibien gezählt, sagte Schmidt. 2019 seien es noch 18.500 gewesen, 2021 sei die Zahl auf etwa 13.500 gesunken.
Trockenheit wird Problem für Kaulquappen
Auch wenn das diesjährige Frühjahr nicht ganz so trocken gewesen sei, bedeute dies noch keine Entspannung. So würden die Tümpel, in denen die Amphibien laichen, schnell austrocknen, sagte Schmidt. Die Kaulquappen könnten sich daher nicht komplett entwickeln. Die zunehmende Trockenheit infolge des Klimawandels bezeichnete sie als Hauptursache der sinkenden Amphibienpopulation.
Durch die Abnahme der Niederschläge und den Anstieg der Verdunstung ändere sich der Landschaftswasserhaushalt, hieß es. Wasser fließe auf den trockenen Böden schneller ab. Hinzu komme eine verstärke Wassernutzung im Siedlungsbereich und eine voranschreitende Flächenversiegelung.
"Zeigt, dass der katastrophale Klimawandel beginnt"
Auch der BUND Brandenburg zeigt sich von den aktuellen Zahlen betroffen. "Das ist extrem beängstigend", sagte Axel Kruschat vom BUND dem rbb. Die Daten würden zeigen, "dass der katastrophale Klimawandel beginnt, dass das jetzt wirklich los geht". Der BUND fordert deshalb, "echten Klimaschutz in Brandenburg", zum Beispiel ein Festhalten am Kohleausstieg. Ohne den Klimaschutz werde man im Naturschutz keine Erfolge mehr haben.
Ein weiteres Problem neben dem Klimawandel und dem daraus resultierenden Wassermangel seien Pestizide. Durch den Einsatz von Pestiziden sei die Insektenpopulation zurückgegangen, die wiederum eine Nahrungsgrundlage für Amphibien darstellt, erklärt Kruschat. Auch die Amphibien selbst sien von den Pestiziden aufgrund der Aufnahmefähigkeit ihrer Haut besonders betroffen. Kruschat fordert deshalb: "Zumindest in Naturschutzgebieten darf es keinen Pestizideinsatz mehr geben."
In Reichhardsluch nur noch 24 statt früher 1.295 Kröten
Einen besonders starken Rückgang verzeichnet die Naturwacht Dahme-Heideseen am Krötenzaun Reichhardsluch. Einer Mitteilung des Landesamts für Umwelt (LfU) zufolge wurden dort in diesem Jahr nur 24 Amphibien gezählt. Vor 20 Jahren seien es noch 1.295 Tiere gewesen. "Die diesjährige Zahl ist ein historischer Tiefpunkt", so das LfU.
Stark betroffen von dieser Entwicklung ist auch die Döberitzer Heide im Havelland. In dem Gebiet südlich von Dallgow-Döberitz, das von der Heinz Sielmann Stiftung mit Sitz im niedersächsischen Duderstadt betreut wird, gefährde der anhaltend niedrige Grundwasserspiegel die Amphibienwanderung, sagte Sprecherin Nora Künkler.
Sehr starke Populationseinbußen gab es den Angaben zufolge beim Moorfrosch, von dem man nur noch selten Exemplare in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide sehen könne. Ihr Lebensraum-Angebot habe sich verschlechtert, sagte Künkler. Die Tiere bräuchten Kleingewässer, die aber immer weiter austrocknen und verschwinden wüden. Dies sei im Großen und Ganzen auf den Klimawandel zurückzuführen.
Kalte Frühlingsnächte verderben die Balzstimmung
In diesem Jahr setzt sich laut Künkler der Negativtrend bei der Amphibienpopulation weiter fort. Auch dieses Frühjahr sei zu trocken gewesen. "Dazu kamen kalte Nächte bei Ende April, so dass nicht so richtig Balzstimmung aufkommen wollte", sagte Künkler. "Der Klimawandel überholt uns auf der rechten Spur."
Alarm schlägt ebenfalls der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Brandenburg. Es gebe Berichte aus den Regionen, dass die Bestände der heimischen Amphibienpopulationen um 60 bis 100 Prozent zurückgegangen seien, sagte BUND-Sprecherin Heidrun Schöning.
Dennoch gebe es auch vereinzelt positive Entwicklungen, beispielsweise in den Flussauen: Deichrückverlegungen an der Elbe und gezielte Schutzmaßnahmen im Nationalpark Unteres Odertal haben den Angaben zufolge Bestandszunahmen bei gefährdeten Arten wie Rotbauchunke und Laubfrosch bewirkt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.05.2022, 19:30 Uhr